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„Die Strafjustiz damit zu bemühen, ist der falsche Weg.“Richter Thomas Konopka zu den Angeklagten

Aichach
12.04.2011

Mobbing-Vorwürfe gegen vier Lehrer: Eltern legen Berufung ein

Von Claudia Bammer

Das Elternpaar, das vier Kühbacher Lehrer wegen Mobbings angezeigt hatte, wird wegen übler Nachrede jeweils zu 4800 Euro Geldstrafe verurteilt. Beide legen wohl Berufung ein.

 Ein weiteres Kapitel im Kühbacher Schulstreit fand gestern vor dem Amtsgericht in Aichach statt. Das letzte dürfte es nicht gewesen sein. Das Elternpaar, das mehrere Lehrer der Schule wegen Mobbings seiner Kinder angezeigt hatte (wir berichteten), wurde gestern selbst wegen übler Nachrede zu Geldstrafen von jeweils 4800 Euro verurteilt. Beide werden wohl in Berufung gehen. Zur Verhandlung kam es, weil beide gegen Strafbefehle über Geldstrafen von 1800 Euro Einspruch eingelegt hatten.

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Im Sitzungssaal war bei der Verhandlung gestern kein Stuhl mehr frei. Zahlreiche Zuhörer vor allem aus Kühbach verfolgten den Prozess. Sieben Zeugen wurden gehört, Stellungnahmen und Auszüge aus dem umfangreichen Schriftverkehr verlesen. Nach gut fünfeinhalb Stunden fällte Amtsrichter Thomas Konopka sein Urteil. Die Angeklagten selbst sagten nichts bis wenig und begleiteten die Zeugenaussagen abwechselnd mit Nicken, Schmunzeln oder Kopfschütteln.

Der Prozess hatte eine lange Vorgeschichte (siehe Infokasten). Gegen vier Lehrer hatten die Angeklagten schwere Vorwürfe erhoben. Es ging um Diskriminierung wegen der Religionszugehörigkeit, aber auch um Körperverletzung und Verleumdung. So soll ein Lehrer im Sportunterricht seine Aufsichtspflicht verletzt haben, eine Lehrerin habe die Tochter wiederholt bloßgestellt, sodass sie psychische Probleme bekommen habe, mehrfach seien die Kinder als Lügner bezeichnet worden, hieß es in der Anzeige der Eltern. Beweise dafür blieben sie schuldig. Mehrfach gab Konopka ihnen Gelegenheit, die Anschuldigungen zu revidieren. Sie ließen diese ungenutzt. „Das bleibt alles so, wie es ist“, beharrte der 35-Jährige.

Die Vorwürfe hatten die Lehrer stark getroffen, wurde bei ihren Aussagen deutlich. Schulleiter Alfons Kreppold, der als Nebenkläger auftrat, und einer Lehrerin hatten die Anschuldigungen gesundheitlich sehr zugesetzt. Kreppold nannte die Mobbing-Vorwürfe „völlig abwegig. Bei uns genießt jedes Kind die gleiche Wertschätzung.“ Detailliert nahmen die Lehrer zu den Vorwürfen Stellung. Ein Beamter der Kriminalpolizei bestätigte die Vorwürfe der Eltern nicht, ebenso wenig zwei Mitarbeiter des Jugendamtes, obwohl die Eltern sich teils auf sie bezogen hatten. Die Mitarbeiterin erfuhr erst anlässlich ihrer Aussage gestern, dass gegen sie selbst ebenfalls Anzeige erstattet, das Verfahren aber eingestellt worden war.

„Erhebliche Kommunikationsprobleme“

Staatsanwältin Dr. Tanja Horvath machte „erhebliche Kommunikationsprobleme“ zwischen Eltern und Schule aus. „Warum muss sich daraus überhaupt ein Strafverfahren entwickeln – zum Leidwesen der Kinder?“, fragte sie. Die Eltern hätten Tatsachen behauptet, die so nicht stimmen, nicht nur in den Strafanzeigen, sondern auch über die Presse. Sie forderte deshalb wegen übler Nachrede Geldstrafen von jeweils 4800 Euro. Dem schloss sich Rechtsanwalt Günter Rieger als Nebenklagevertreter an. Das letzte Wort des Angeklagten: „Ich kann dazu nicht mehr sagen. Die Mängel in den Ermittlungen sind ja ersichtlich.“ Seine Frau blieb stumm.

In seiner Urteilsbegründung stellte Richter Konopka fest: „Sie haben sich ja schon vorverurteilt gefühlt. Sie fühlen sich von Anfang an in der Opferrolle.“ Es sei ein berechtigtes Interesse von Eltern, bei Problemen in der Schule zu reagieren. Das sei Anlass zum Nachdenken, zum Drübersprechen, aber nicht für Anzeigen, so Konopka: „Die Strafjustiz damit zu bemühen, ist der falsche Weg.“ Die Eltern hätten Behauptungen aufgestellt, die „nicht nachweislich wahr“ sind. „Wenn man ein solches Risiko eingeht, sollte man sich schon relativ sicher sein, dass das stimmt“, hielt er ihnen vor. „Das wirkt sich auch auf Ihre Kinder massiv aus.“

Abschließend belehrte er die Angeklagten über die Möglichkeiten, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Der Kommentar der Angeklagten: „Mach’ma.“

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