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Foto: dpa
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Immer mehr Schüler werden Mobbingopfer. In Aichach hat nun ein Vater zwei Lehrer angezeigt. Doch die Schule stellt den Fall ganz anders dar.

Aichach-Friedberg
29.06.2010

Vater zeigt Lehrer wegen Mobbing an

Ein Vater hat zwei Lehrer und das Aichacher Schulamt angezeigt. Sein Vorwurf: Seine Kinder würden von Lehrkräften gemobbt. Die Schule stellt den Fall allerdings ganz anders dar. Von Christian Lichtenstern

Der Schulstreit in Kühbach (Lankreis Aichach-Friedberg) wird zum Fall für Staatsanwalt und Zivilgericht. Ein Vater hat am Montag Strafanzeige gegen vier Lehrer der Volksschule Kühbach und auch gegen die beiden Leiter des Aichacher Schulamts gestellt.

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Der Vorwurf von Sascha Baumann: Seine drei Stiefkinder würden an der Volksschule "gemobbt" und das Schulamt unternehme nichts dagegen. Die Regierung von Schwaben hat schon vor einem Monat die Beschwerde des Vaters als "nicht begründet" abgelehnt. Auch das Schulamt hatte nach einer Untersuchung und gescheiterten Vermittlungsversuchen die Vorwürfe als "völlig haltlos" zurückgewiesen.

Die Schule reichte vergangene Woche eine Klage auf Unterlassung von ehrenrührigen Behauptungen am Amtsgericht Aichach gegen den 35-Jährigen ein. Martin Lechner, Leiter des Amtsgerichts, bestätigte auf Anfrage, dass eine entsprechende Zivilklage vorliege.

Die Auseinandersetzung schlägt nicht nur in der Marktgemeinde Kühbach hohe Wellen, sie findet weit über den Landkreis hinaus keinen Vergleich in der Schullandschaft und hat auch eine dienstrechtliche Komponente. Zeitgleich mit dem Strafantrag gegen Lehrer und Schulamt hat Baumann nämlich auch seine sofortige Versetzung beim Landratsamt und bei der Regierung von Schwaben beantragt. Der Beamte ist Kontrolleur beim Gesundheitsamt in Aichach.

Seine Begründung: Landrat Christian Knauer sei sowohl sein Vorgesetzter, aber auch für das Schulamt verantwortlich. Er sehe deshalb unvermeidliche Komplikationen, begründet Sascha Baumann den Versetzungsantrag.

Ende 2008 war Baumann mit seiner Familie nach Paar gezogen, mittlerweile besuchen drei seiner vier Stiefkinder die Schule der Marktgemeinde. Seit über einem Jahr beschwert sich das Ehepaar massiv über Lehrer, Unterrichtsverhältnisse und bezeichnet es als "Mobbing" ihrer Kinder. Mehrere Vermittlungsversuche scheiterten.

Nahezu wöchentlich kommen Beschwerdefaxe im Sekretariat der Schule an. Baumann hat aber längst Schulamt, die Regierung und auch das Kultusministerium eingeschaltet. Auch andere Ämter sind mit der "Causa Baumann" befasst. Bislang ist der Beamte aber mit seinem Anträgen und Beschwerden bei allen übergeordneten Stellen abgeblitzt. Das ficht ihn nicht an: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus", so der frühere Berufssoldat.

Auch in Kühbach und bei der Elternschaft ist der Vater nach Recherchen unserer Zeitung völlig isoliert. Ihre Namen möchten dazu Befragte in diesem Zusammenhang aus "guten Gründen" nicht veröffentlicht wissen. Was sie von den Mobbing-Vorwürfen halten ist aber eindeutig: "Überhaupt nichts." Im Gegenteil: Befragte Eltern stehen nachdrücklich hinter Schule und beschuldigten Lehrern.

Für Sascha Baumann ist auch das keine Überraschung: Seine aus Nordrhein-Westfalen zugezogene Familie seien als Auswärtige sozusagen "Aussätzige" im Wittelsbacher Land. Nach Informationen unserer Zeitung beschwerte sich die Familie auch am früheren Wohnort über die dortige Schule. Das räumt Baumann indirekt ein, dort habe sich das Problem aber im Gegensatz zu Kühbach mit den Lehrern klären lassen.

Mit der Anzeige gegen die vier Lehrer, darunter Schulleiter Alfons Kreppold, prüft jetzt die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe. Unter anderem ist im Strafantrag die Rede von "Vorsätzlicher Körperverletzung", "Nötigung" und "Verleumdung". Schulamtsdirektor Alois Lechner und Schulrat Manfred Zwerenz wird in der Anzeige die "Begünstigung von Mobbing" vorgeworfen.

Über die Unterlassungsklage solcher Behauptungen (mit Androhung von Geldbuße bei Wiederholung) der Schule gegen Baumann wird nach Angaben von Amtsgerichtsdirektor Martin Lechner voraussichtlich in zwei Monaten in einem Zivilprozess verhandelt. Von Christian Lichtenstern

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