Aus der Heimat in eine ungewisse Zukunft
Als Otto Oehler vor 70 Jahren seine Heimat im Sudetenland verlassen musste, wusste er nicht, wie es weitergehen wird. Als Vertriebener erlebte er eine schlimme Zeit, doch dann gelang es ihm, in seiner neuen Heimat Thierhaupten Fuß zu fassen.
Wie es sich anfühlt, seine Heimat zu verlieren, weiß der 88-jährige Otto Oehler noch heute – obwohl seine Vertreibung aus Christdorf im Sudetenland schon 70 Jahre zurückliegt. In dem kleinen, beschaulichen Ort mit 700 Einwohnern verbrachte er seine Kindheit und begann mit 14 Jahren eine Gärtnerlehre. Drei Jahre später war nichts mehr so wie vorher: Otto Oehler musste in den Krieg ziehen und geriet wenige Monate später im Mai 1945 in russische Gefangenschaft. Als er eineinhalb Jahre später heimkehren durfte, waren nur noch 50 von 200 deutschen Familien da; die anderen hatten Christdorf schon verlassen müssen, auch seine Mutter mit ihren acht kleinen Kindern. Wo die Eltern und Geschwister waren, wusste Otto nicht. Er selbst musste noch eine Weile in einer neu gegründeten Kolchose arbeiten. Doch dann, ganz plötzlich, kam die Aufforderung an alle noch verbliebenen Deutschen, sich am 1. November 1946 mit höchstens 50 Kilo Gepäck morgens um acht Uhr an der Dorfstraße einzufinden. Die Häuser mussten abgeschlossen werden und die Schlüssel an den Haustüren stecken bleiben. Weder Wertsachen, noch wichtige Unterlagen durften die Menschen mitnehmen.
Oehler erinnert sich, dass viele Tränen in den Augen hatten, als sie mit Pferdefuhrwerken aus dem Ort hinaus gefahren wurden. „Jeder ahnte, dass es ein Abschied für immer sein würde und man die Heimat wohl nie wieder sehen wird“. In einem Lager sei dann das Gepäck nach Wertsachen durchsucht worden. „Mein Onkel hatte einen Holzkoffer mit doppeltem Boden gebastelt, den ich an den Kontrolleuren vorbei geschmuggelt habe“, erzählt Oehler von den dramatischen Stunden. Weiter ging es in ein Lager in Bärn, wo man alle Deutschen aus dem ganzen Landkreis versammelt habe und wo sich ergreifende Szenen abgespielt hätten, berichtet Oehler. Unter Bewachung seien die Leute später zum Bahnhof getrieben und in Viehwaggons geladen worden. „Noch in der Nacht fuhr unser Transport weg aus der Heimat, in eine ungewisse Zukunft hinein“, schreibt Oehler in seinen Erinnerungen, aus denen ein Büchlein entstanden ist.
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