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Kempten/Gersthofen
05.10.2016

Dauerbaustellen: Wer stopft die berühmtesten Löcher der Region?

Wer schafft es als Erstes, sein Bauloch im Stadtzentrum zu schließen – Kempten...
2 Bilder
Wer schafft es als Erstes, sein Bauloch im Stadtzentrum zu schließen – Kempten...
Foto: Ralf Lienert (Archivbild)

Kempten und Gersthofen haben wenig gemeinsam. In einem Punkt aber sind sie Leidensgenossen: Beide plagen sich seit Jahren mit großen Baugruben herum. Zwei unglaubliche Geschichten.

Diese Wohnlage muss man erst einmal haben. „Gleich neben dem großen Loch“, sagt Christoph Hammer, 31, wenn er Freunden aus Augsburg den Weg zu seiner Studenten-WG in Kempten beschreibt. An die 80 Schritte sind es von seiner Haustür bis zur berühmtesten Baustelle des Allgäus. Ach was, Baustelle. Dauerärgernis, Provinzposse, „Loch nerv“, Schwimmbecken (weil über Jahre hinweg mit Grundwasser gefüllt), Touristenattraktion – ein halbes Dutzend Namen und ebenso viele Witze haben die Kemptener für dieses Grundstück schon erfunden. Dem Loch in ihrer Mitte.

Die große Frage: Wie soll es mit der Baugrube weitergehen?

Die Idee, an dieser Stelle der Innenstadt ein vierstöckiges Geschäftshaus mit Läden, Praxen und Autoausstellung zu bauen, wird bald zehn Jahre alt. Daraus geworden ist nichts, nun ja: fast nichts. Immerhin gibt es da ein paar Betondecken und Bauzäune an einer Straßenkreuzung, viel Dreck, Wasser und natürlich Kosten in Millionenhöhe, zig Gerichtsprozesse, etliche gut ausgelastete Rechtsanwälte und ein Insolvenzverfahren. Die Investoren von einst sind pleite. Seit Mai steht Grundstück 709/2 nun zum Verkauf, parallel treibt die Stadt die Zwangsversteigerung voran. Nicht nur Loch-Nachbar Christoph Hammer fragt: Und jetzt? Das Loch nervt einfach weiter.

Auch im Bio-Café, das vor einem Jahr gegenüber eröffnet hat, ist die Grube Dauerthema. Wer an den Tischen zur Straße hin zu Mittag isst, sieht genau aufs Loch. Wobei es inzwischen eher einem riesigen Kneippbecken ähnelt. Seit die Stadt für viel Geld einen Tiefgaragen-Rohbau ins Erdreich setzen ließ, um einen Grubeneinsturz zu verhindern, steht das Wasser nur noch ein paar Zentimeter hoch. Anders als damals, als das Loch 18 Meter tief und bis an den Rand voll gelaufen ist. Damals fahren Arbeiter mit einem Boot übers Wasser.

„Unansehnlich“ ist die Baustelle geblieben, sagt der Chef des Bio-Cafés. Was soll man schon den Gästen sagen, die ständig nachfragen. Was denn da drüben los ist? Wer schuld ist an all dem? Vor allem: Wie das denn weitergehen soll?

Der Mann, der zumindest Letzeres am besten beurteilen kann, heißt Florian Zistler und ist Insolvenzverwalter. Allerdings will er seit Wochen kaum etwas verraten. Seit das Kemptener Amtsgericht im Mai das Insolvenzverfahren über die Gesellschaft der bisherigen Schweizer Eigentümer Richard Ritter und Peter Kyburz eröffnet hat, bereitet Zistler für die Kanzlei Pluta einen Verkauf der Skandalbaustelle vor. Für die 380 Mitarbeiter der Ulmer Kanzlei sind Insolvenzen und Firmensanierungen an der Tagesordnung, Pluta wickelte beispielsweise vor Jahren das Unternehmen Walter-Bau ab.

Nachfragen zum Loch beantwortet eine PR-Agentur. Ein gutes Dutzend Kaufanfragen gebe es schon und weniger als zehn Gläubiger, die nach der Pleite Geld sehen wollen, sagt ein Sprecher. An vorderster Stelle dürfte die Stadt stehen. Also die Kemptener selbst.

Der Bauskandal in Kempten nimmt ungeahnte Dimensionen an

Als die hochfliegenden Projektpläne Stück für Stück in sich zusammenfallen und die Investoren das längst ausgebaggerte Loch sich selbst überlassen, springt notgedrungen die Stadt ein. Erst mit Stütz- und Sicherungsbauten, später mit stündlichen Lasermessungen rund um die Grube. Schlussendlich finanziert sie den gesamten Tiefgaragenbau vor. Schätzungsweise 3,1 Millionen Euro versenkt Kempten im Loch buchstäblich, nun sollen die Einheimischen ihr Geld zurückbekommen. Zu den Interessenten soll das stadteigene Wohnungsunternehmen gehören, dessen Hauptsitz gleich nebenan liegt. Durch den jahrelangen Stillstand am Loch sollen damals auch dessen Wände Risse bekommen haben.

Dass beim jahrelangen Loch-Debakel die finanzierende Bank bis heute stillgehalten hat, sorgt bei Fachleuten für Kopfschütteln. Warum hat das Bankhaus den Schweizern nicht den Geldhahn zugedreht und selbst eine Versteigerung oder die Insolvenz vorangetrieben? Vor allem, als sich die Entwicklung immer deutlicher abzeichnete? Bei mehreren Unternehmen sollen Rechnungen offengeblieben sein, darunter eine Allgäuer Baufirma sowie einzelne Handwerker.

Dabei klingen die Pläne anfangs ziemlich gut. Eine Autoausstellung, Geschäfte und eine Tiefgarage sollen an die Stelle des betagten und später abgerissenen Vorgängerbaus treten. Das Haus, bei Einheimischen wegen der früheren Nutzung nur als „Allianzhaus“ bekannt, hat früher einem örtlichen Wohnungsunternehmen gehört. Die Grundbuchunterlagen berichten vom Verkauf an die Schweizer Investoren. Die beiden – ein Berater und ein Anwalt – haften für das Projekt mit vollem Vermögen. Dass beide womöglich von Anfang an zu wenig Kapital haben, darüber spekuliert bereits 2011 die Zeitung Die Südostschweiz. Damals erleidet ein ambitioniertes Großprojekt Schiffbruch, das auf einer Wiese an der Autobahn nach Zürich hätte entstehen sollen. Doch das Rechenzentrum, für das auch die beiden Schweizer verantwortlich zeichnen, wird nie gebaut.

Während das Projekt in der Schweiz gerade Konkurs geht, ist in Kempten die letztendliche Dimension des Bauskandals noch nicht absehbar. Die Diskussion bei Einheimischen und im Stadtrat dreht sich vor allem noch um diese Frage: Dürfen die Investoren Einzelhandel im Geschäftshaus unterbringen? Nein, sagt die Stadt. Die Investoren klagen, lassen die Grube ausheben und stoppen kurz danach die Bauarbeiten. Vor Gericht geht es jahrelang hin und her. 2013 schließlich stellen Experten fest: Das Loch ist einsturzgefährdet. In dieser Zeit stellt die Stadt Insolvenzantrag und beantragt die Zwangsverwaltung.

In Gersthofen kreist die gesamte Politik seit Jahren um ein Bauloch

Wo sind die beiden Männer, deren Bauprojekt seit Jahren eine ganze Stadt beschäftigt? In Kempten haben sie seit langem keine Geschäftsadresse mehr, die Projekt-Homepage ist seit Jahren offline, und auch ein früheres Berliner Büro ist schließlich nicht mehr zu erreichen. Ihr Münchner Anwalt Thomas van der Heide, früher bei der Kanzlei des CSU-Politikers Peter Gauweiler tätig, sagt: Die beiden sind in der Schweiz. Das Insolvenzverfahren in Kempten sei ohnehin „nicht zulässig“, die Beschwerde dagegen laufe. Säbelrasseln eines Anwalts oder ein Manöver mit Erfolgsaussichten? Nicht immer in dieser schier unendlichen Geschichte haben die Kemptener Recht. Der Verwaltungsgerichtshof München kippt das strikte Verkaufsflächenverbot im ersten Bebauungsplan. Und die Augsburger Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen stellt nach Monaten die Ermittlungen wegen Betrugs ein. Wie soll das alles weitergehen?

Genau, wie soll das bloß weitergehen?, fragt man sich auch knapp anderthalb Autostunden weiter nördlich in Gersthofen. Sage noch einer, ein Loch ist ein Nichts. Das ist falsch. Auch in der Stadt vor den Toren Augsburgs kreist die gesamte Politik seit Jahren um so ein Loch. Es hat das zweite Bürgerbegehren in der Geschichte der Stadt ausgelöst, an diesem Loch und seinen Folgen sind persönliche Freundschaften und politische Mehrheiten zerbrochen. Es könnte gut sein, dass dieses Loch noch ein paar Jahre bleibt. Sagt der, dem es gehört.

Gersthofen legt in den vergangenen Jahrzehnten einen steilen Aufstieg hin. Aus einem Dorf wird die zweitgrößte Stadt im Landkreis Augsburg, die mehr als 22.000 Einwohner hat – und es werden immer mehr. Die örtliche Politik kommt mit dem Bau von Kindergärten kaum noch hinterher, weshalb das prall gefüllte Festgeldkonto der Stadt sehr hilfreich ist. Aktuell türmen sich darauf mehr als 60 Millionen Euro. Sie sind die Dividende einer äußerst erfolgreichen Ansiedlungspolitik. In den Gewerbegebieten an der Autobahn tummeln sich namhafte Firmen.

Krönen soll die Entwicklung vom Dorf zur Stadt ein zweites Einkaufszentrum in der Ortsmitte, nur einen Steinwurf von Rathaus und Stadthalle entfernt. Der Dasinger Geschäftsmann Peter Pletschacher will es seit 2010 schaffen. Er kauft Grundstücke zusammen und lässt die Gebäude darauf abreißen. Es ist die Geburtsstunde des Lochs.

Aber das kann damals noch niemand wissen. Pletschacher will schließlich noch eines der wenigen alten Gebäude Gersthofens seinem Loch einverleiben. Die so genannte Strasser-Villa, ein Wohnhaus aus den 1920er Jahren, soll für das neue Einkaufszentrum weg. Von da an wird es kompliziert, weil sich Gersthofer finden, die sich genau damit nicht abfinden können.

Der bekannteste ist der frühere Bürgermeister Siegfried Deffner. In seiner 24-jährigen Amtszeit ist man oft wenig zimperlich umgesprungen mit historischer Bausubstanz. Doch als es der liebevoll sanierten Villa, die das Kulturamt beherbergt, an den Kragen gehen soll, schnappt sich der altgediente Kommunalpolitiker eine Bierbank. Auf der sitzt er am Rathausplatz und sammelt Unterschriften für ein Bürgerbegehren.

In Gersthofen könnte ein Bürgerentscheid kommen

An die 3000 kommen damals zusammen, worauf der Stadtrat einlenkt. Die Villa soll bleiben und Pletschacher muss seine Pläne ändern. Danach geht jahrelang nichts mehr. Stadt und Bauherr können sich nicht mehr einigen auf eine Bebauung des Lochs, in dem Gras und Gestrüpp wuchern.

Vergessen ist es deswegen nicht. Es steht am Anfang zahlloser politischer Auseinandersetzungen, die in persönliche Feindschaften münden, die bis heute nachwirken. Das Loch wird zur Fallgrube, und in die purzelt Jürgen Schantin. Der Bürgermeister, dem ob der ganzen Streitereien die politische Rückendeckung abbanden gekommen ist, verfehlt 2014 die Wiederwahl.

Jetzt schlägt sich Nachfolger Michael Wörle mit dem Loch herum. Er bringt eine Einigung mit Pletschacher zustande. Der Geschäftsmann will den Gersthofern jetzt gleich eine ganze „Goldene Mitte“ inclusive Kulturwürfel schenken. Dafür müssten sie aber die Villa dem Abriss preis geben.

Ob es diesmal funktioniert? Aktuell werden wieder Unterschriften gesammelt, ein Bürgerentscheid gilt als wahrscheinlich. Vordergründig werden die Gersthofer über den Erhalt der Villa abstimmen. Aber: Bleibt sie, bleibt auch das Loch. Das hat sein Eigentümer schon angekündigt. Er will dann in einigen Jahren wieder sein Glück versuchen. Wie soll man jetzt damit umgehen?

In Kempten, 80 Meter jenseits des dortigen Lochs, hat Student Christoph Hammer eine ganz persönliche Antwort auf diese Frage gefunden. Er sitzt auf seinem Stuhl in der WG-Küche und zuckt mit den Schultern. „Schön ist das nicht“, sagt er. Aber damit groß beschäftigen muss er sich auch nicht mehr. Er ist fertig mit dem Studium und zieht vermutlich weg.

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Die Diskussion ist geschlossen.

05.10.2016

Pluta wickelte Walter Bau ab? Sicher nicht.

Vor Jahren? Sicher auch nicht, denn das Verfahren ist noch am Laufen.