Immer mehr Bayern sind bewaffnet
In Bayern ist in den vergangenen acht Monaten die Zahl der kleinen Waffenscheine um mehr als 50 Prozent gestiegen. Sicherheit schafft das jedoch nicht, sagt die Polizei.
Nein, eine Erklärung hat er so recht nicht. Eine Erklärung, warum in Bayern das Interesse an Waffen so stark wächst – so stark, dass die reinen Zahlen aufhorchen lassen: Im Freistaat ist in den vergangenen acht Monaten die Zahl der kleinen Waffenscheine um mehr als 50 Prozent gestiegen: von rund 47000 im vergangenen Oktober auf knapp 72000 bis Ende Juni. Einen kleinen Waffenschein braucht, wer in der Öffentlichkeit eine Schreckschuss- oder eine Reizgaspistole tragen will.
Und das wollen offenbar immer mehr Menschen. Ihre immer weiter steigende Zahl ist es, für die Michael Siefener nicht so recht eine Erklärung findet. Siefener ist Pressesprecher des bayerischen Innenministeriums. „Es gibt keinen objektiv nachvollziehbaren Grund für einen solchen Anstieg“, sagt er. Die objektive Sicherheitslage in Bayern habe sich nicht verschlechtert, auch in den vergangenen Monaten nicht, betont er. Im Gegenteil: Beim Thema Einbrecher beispielsweise seien der Polizei zuletzt Erfolge gelungen.
Wie kommt es zu der Zunahme der Waffenscheine in Bayern?
Steht die Zunahme der Waffenscheine im Freistaat im Zusammenhang mit Ereignissen wie der Silvesternacht in Köln, die viele beunruhigt hat? Siefener möchte sich an solchen Spekulationen nicht beteiligen. „Das müsste man diejenigen fragen, die einen kleinen Waffenschein beantragen“, sagt er. Denn wer einen Antrag für einen solchen stellt, muss keinen Grund angeben, muss nicht sagen, wofür er beispielsweise seine neue Schreckschusspistole benötigt.
Anders ist es beim großen Waffenschein: Wer „scharfe“ Schusswaffen wie Pistolen oder Gewehre geladen in der Öffentlichkeit tragen möchte, muss zuvor nachweisen, dass das wirklich nötig ist. Die Zahl der großen Waffenscheine wächst vielerorts ebenfalls – wenn auch auf niedrigem Niveau. In Schwaben wurden vergangenes Jahr 31 große Waffenscheine ausgestellt. 2014 waren es 14 und 2013 sechs.
"Eine Waffe vermittelt keine Sicherheit"
Manfred Gottschalk, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, sieht die zunehmende Bewaffnung mit Sorge. „Ich kann mir das nur so erklären, dass sich viele von einer Waffe ein Gefühl von Sicherheit erhoffen“, sagt er. Doch diese Hoffnung sei trügerisch. „Eine Waffe vermittelt keine Sicherheit“, betont Gottschalk. Wer etwa eine Schreckschusspistole trage, bringe sich dadurch gegebenenfalls selbst in Gefahr. „Nicht jeder erkennt sofort, um welche Waffe es sich handelt“, sagt Gottschalk. „Das kann zu Gegenreaktionen führen.“ Warum sich immer mehr Menschen eine Waffe zulegen, kann der Polizist nicht verstehen: „Wir haben keinerlei Erkenntnisse über ein erhöhtes Sicherheitsrisiko in der Region.“
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