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Interview
12.02.2017

"Nummer 439, vortreten!": Die Missbrauchs-Geschichte eines Domspatzen

Alexander J. Probst als Kind. Er gehörte zu den Regensburger Domspatzen - und wurde Opfer sexuellen Missbrauchs und körperlicher Gewalt.
Foto: Alexander J. Probst

Alexander J. Probst wurde als Kind körperlich misshandelt und sexuell missbraucht - er war bei den Regensburger Domspatzen. Warum er nun mit der Vergangenheit abschließen will.

Herr Probst, wie oft haben Sie in den vergangenen Jahren eigentlich erzählt, dass Sie in Vorschule und Internat der Regensburger Domspatzen körperlich misshandelt und sexuell missbraucht worden sind?

Alexander J. Probst: Bestimmt hunderte Male.

Was empfanden Sie dabei?

Probst: Als befreiend habe ich das immer schon empfunden. Mittlerweile sehe ich es vor allem als Aufklärung und als Hilfe dazu an, dass so etwas nicht mehr passiert.

Alexander J. Probst hat ein Buch geschrieben

Sie sind 2010 mit Ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gegangen. Nun haben Sie ein Buch geschrieben, mehr als 200 Seiten lang. Warum?

Probst: Dafür gibt es zwei Gründe. Irgendwann muss jeder Betroffene einmal mit seiner Geschichte abschließen. Wer das nicht kann, an dem wird die Vergangenheit immer und immer und immer nagen.

Das Buch ist ein Stück weit Therapie?

Probst: Ganz klar, das ist es. Professionelle psychologische Hilfe hatte ich nie, aber meine Freunde und Kollegen hatten viel Verständnis für mich: Ich konnte mit ihnen darüber reden. Der zweite Grund für das Buch war: Vielleicht kann ich damit manchen noch dazu bringen, sich jemandem anderen zu öffnen. Manchen, der bislang schweigt, der Angst hat, der sich schmutzig fühlt.

Sie waren acht Jahre alt, als Ihre Leidenszeit begann.

Probst: Schon in den ersten beiden Tagen in der Vorschule der Regensburger Domspatzen in Etterzhausen gab es beim morgendlichen Antritt die ersten Ohrfeigen: „439, vortreten!“

Alexander Probst im Herbst 2016.
Foto: Armin Weigel, dpa

Sie wurden mit einer Nummer angesprochen?

Probst: In der Zusage, dass ich an der Schule aufgenommen werde, hieß es: In jedes Kleidungsstück, in jedes Handtuch, in jeden Waschlappen sind Nummern einzunähen. Ich erhielt die Nummer 439.

Fühlten Sie sich wie im Gefängnis?

Probst: Zumindest war ich anfangs lieber dort als zu Hause. Dort war ich unter gleichaltrigen Jungs. Mein Vater und seine neue Frau wollten mich loshaben. Sie wollten ein ruhiges Leben führen, ohne auf mich und meine Schwester aufpassen zu müssen. Das bekam ich zu spüren. Ich bin aber vom Regen in die Traufe geraten: In Etterzhausen wollte man das Kindsein an sich nicht haben.

"Man muss irgendwann Frieden finden"

Haben Sie inzwischen eine Erklärung gefunden, warum ausgerechnet in einer katholischen Einrichtung nicht Nächstenliebe, sondern Gewalt gelebt wurde?

Probst: Nein. Und diese Antwort gibt es auch nicht für mich. Ich suche sie nicht mehr. 2010 bin ich aus der Kirche ausgetreten.

Sind Sie auch selbst gewalttätig geworden, so wie andere Schüler?

Probst: Ich habe die Uhr eines Mitschülers absichtlich fallen lassen, ein Dumme-Jungen-Streich, würde ich heute sagen. Andere wurden tatsächlich gewalttätig in diesem System der Gewalt. Ich habe gerauft, wie Jungen in dem Alter eben raufen, aber ich habe nicht brutal zugeschlagen.

Im Herbst informierten Sie mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer die Öffentlichkeit über den Stand der Aufarbeitung. Demnach haben sich 422 mögliche Opfer gemeldet, zwischen 1953 und 1992 kam es in Vorschule und Internat des berühmten Knabenchors in hunderten Fällen zu körperlicher und sexueller Gewalt.

Probst: Bischof Voderholzer setzt sich glaubhaft für uns Opfer ein, das ist mein Eindruck. Er hat das Bedürfnis, die Dinge zu befrieden. Das habe ich auch: Man muss irgendwann Frieden finden.

Frieden finden – auch mit Voderholzers Vorgänger Gerhard Ludwig Müller? Sie wollten mit ihm sprechen.

Probst: So ein Gespräch gab es noch nicht, und ich zweifle auch daran, dass es eines geben wird. Uns Opfern wäre wichtig, dass er uns glaubhaft macht, dass er sich mit dem ganzen Ausmaß des Missbrauchsskandals ehrlich befasst.

Müller war von 2002 bis 2012 Regensburger Bischof, heute ist er als Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan oberster Glaubenshüter der katholischen Kirche. Was werfen Sie ihm vor?

Probst: Nichtstun. Und: Er hat die Opfer als Beschmutzer seines Bistums dargestellt.

Erst kürzlich sprach Müller von „gezielt verbreiteten postfaktischen Behauptungen“ – er habe die Aufklärung weder verzögert noch verhindert.

Probst: Ich kann darüber nur noch lachen.

Wann wird der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber, der als unabhängiger Sonderermittler tätig ist, seinen Abschlussbericht vorlegen?

Probst: Ich rechne damit in den nächsten Wochen. Er dürfte seinen Bericht fast fertig haben, ich bin sehr gespannt. Wahrscheinlich haben sich bei ihm weitere Opfer gemeldet.

Was wusste Georg Ratzinger über den Missbrauch?

Wird sich sein Bericht auch mit Georg Ratzinger befassen? Der Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI. war als Domkapellmeister von 1964 bis 1994 „Chef“ der Domspatzen.

Probst: Er wird vorkommen, da bin ich mir sicher. Ratzinger wusste definitiv vom körperlichen und sexuellen Missbrauch. Ein Regensburger Historiker wird zudem in einer Studie Ratzingers Rolle genauer untersuchen.

Sie haben Ratzinger zwischen 1968 und 1972 erlebt. Sie waren als Internatsschüler im Palestrina-Chor, den er leitete. Sie werfen ihm unter anderem vor, dass er mit einem Klavierstuhl, einem Metronom, mit Tellern und Kerzenständern nach Kindern, auch nach Ihnen, schmiss.

Probst: Er hat mich auch verprügelt. Und einmal hat er mir die Haare ausgerissen, derart heftig, dass ich eine Fünf-Mark-Stück große kahle Stelle auf dem Kopf hatte. Ich hab die Haare aufgesammelt und in einen Geldbeutel gesteckt. Ich hab die Haare jahrelang aufgehoben.

Sie unterstellen ihm im Buch, dass es ihm Spaß machte, Kinder zu schlagen.

Probst: Er war cholerisch und hatte eine sadistische Ader.

Georg Ratzinger räumte ein, Ohrfeigen verteilt zu haben. Von sexuellen Missbrauchsfällen habe er „überhaupt nichts gehört“, sagte er vor einem Jahr.

Probst: Und er sagte, dass er sich nicht erinnern könne. Dazu fällt mir nichts mehr ein.

Sie waren elf Jahre alt, als Sie sich Ihrem Vater anvertrauten. Nahm er Sie sofort aus dem Internat?

Probst: Ja, und zuvor hatte er eine Auseinandersetzung mit Georg Ratzinger. Ich stand vor der Tür und hörte, dass es sehr laut wurde. Mein Vater war knapp davor, dass er zuschlug, glaube ich. Er hat darüber aber nie gesprochen.

Im Buch beschreiben Sie auch, wie Sie Klavierspielen lernten.

Probst: Man hat uns das Klavierspielen eingeprügelt. Ich habe es Anfang der 2000er Jahre nochmals probiert, ich konnte es nicht. Ich bin blockiert. Seit ich bei den Domspatzen rausgekommen bin, konnte ich kein Klavier mehr anfassen.

Bis auf einen Präfekten sind alle bekannten mutmaßlichen Täter – was die Sexualdelikte betrifft – gestorben. Er arbeitete im Internat bis 1972 als studentische Hilfskraft und heißt in Ihrem Buch „Cornelius Hafner“.

Probst: Ich werde künftig, etwa bei Fernsehauftritten, wieder seinen wahren Namen nennen. Im Buch heißt er aus juristischen Gründen „Hafner“. Er hat mich rund 200 Mal sexuell missbraucht, und nicht nur mich. Noch 2010 und 2011 zeigte er kein Einsehen oder Unrechtsbewusstsein, ganz im Gegenteil. Er hat sich niemals entschuldigt.

Das Logo der Regensburger Domspatzen.
Foto: aw lf

Auch nicht 2011?

Probst: Nein. Damals rief er mich an, es war ein kurzes Gespräch. Er hat mir vorgeschlagen, ein gemeinsames Buch über unsere schöne Zeit bei den Domspatzen zu schreiben. Er sagte wirklich: „schöne Zeit“!

Hafner“ wurde 1978 in Eichstätt zum Priester geweiht und war im Bistum Eichstätt Pfarrer. Im März 2010 entband ihn Bischof Hanke von seinen seelsorglichen Aufgaben und priesterlichen Vollmachten. Er ist heute Ende 60 und lebt nach meinen Informationen außerhalb des Bistums Eichstätt. Was verlangen Sie von ihm?

Probst: Ach... Ich hoffe vor allem, dass er nie mehr mit Kindern arbeiten darf. Der Institution Kirche kann ich ja nicht vergeben, aber ich habe einzelnen Tätern von damals vergeben. Wem ich nie vergeben werden kann, das ist einem Kinderschänder. Auf der anderen Seite: Irgendwann muss Schluss sein.

Alexander J. Probst mit Daniel Bachmann: Von der Kirche missbraucht. Riva, 207 Seiten, 19,95 Euro. Das Buch erscheint am 13. Februar.

Lesen Sie dazu auch:

Regensburger Bischof informiert heute über Missbrauch bei Domspatzen: In Regensburg wird der Missbrauch von mehr als 230 Kindern bei den Domspatzen aufgearbeitet. Bischof Rudolf Voderholzer informiert heute über die Ergebnisse.

Ratzinger-Brüder feiern gemeinsam 65-jähriges Priesterjubiläum: Die beiden Brüder Georg Ratzinger l und der vor drei Jahren zurückgetretene Papst Benedikt XVI. mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger sind seit 65 Jahren katholische Priester.

Mindestens 231 Kinder bei Regensburger Domspatzen misshandelt: Bei den Regensburger Domspatzen haben Priester und Lehrer über Jahrzehnte mindestens 231 Kinder geschlagen, gequält oder sexuell missbraucht. Das gab der Rechtsanwalt Ulrich Weber bekannt, der von der katholischen Kirche und dem weltberühmten Chor mit der Aufklärung des Skandals betraut wurde.

Themen folgen

Die Diskussion ist geschlossen.

13.02.2017

Nicht nur die Regenburger Domspatzen haben Missbrauch und Gewalt erleben müssen,

sondern auch viele Kinder in den Waisenhäuser das von den Nonnen geleitet wurde.

Ich glaube die Kinder in den Waisenhäusern hatten es noch schwerer gehabt als wie

die Regenburger-Domspatzen.. Wir hatten keine Eltern an denen wir uns wenden konnten,den

unsere Eltern wollten von uns nichts wissen. Das man heute den Missbrauchsopfer und Kindern

die fast jeden Tag Prügeln bezogen haben eine lächerliche Summe von 5000 Euro seitens der

Kirche ruhig stelllen möchte ,ist Menschenverachtens.. Eine Kirche die nur Brotsamen von

ihrem reich gedeckten Tisch an die Missbrauchsopfer zahlen möchte,ist eine Verhöhnung

der Opfer.

Ich habe mich auch schon zweimal an den Bischof von Augsburg gewendet,warum

man den Missbrauchsopfer und Kinder die jahrelang Prügel bezogen haben, mit so einer

lächerlichen Summe still halten möchte,

Unser Augsburger Bischof hat sich bei mir noch niemals schriftlich dazu

geäußert,sondern es kam immer nur ein Brief wo ein Mitarbeiter vom Bistum Augsburg

seine Entschuligung zum Ausdruck brachte.

Was den Ehemaligen Bischof von Regenburg anbelangt Manfred Müller so

verstehe ich seine Worte nicht Missbrauchsopfer als Nestbeschmutzer zu bezeichnen.

Wenn jetzt so ein Mann im Vatikan ist und für die Glaubenfrage zuständig ist,so ist

das eine Fehlbesetzung im Vatikan.

Am jüngsten Tag wirds offenbar ,ob nicht Manfred Müller ein Nestbeschmutzer war.

Was man der heutigen Kirche zu gute halten muss ist das nicht alle Bischöfe so

denken wie dieser Mann. Ein gutes Beispiel ist der Regenburger Bischof der

die Misstände in der Kirche aufarbeiten will, und für die Rechte

der Missbrauchsopfer sich einsetzen möchte.

Wenn die kirche einen Schlußstrich ziehen möchte so sollte sie die

Missbrauchsopfer nicht als Bittsteller behandeln,sondern eine ehrliche

Aufarbeitung machen, und die Missbrauchsopfer anständig zu entschädigen.

Ob diese Worte auch den Bischof von Augsburg erreichen werden,darauf

darf man gespannt sein.

Wer die Fehler der Vergangenheit nicht aufarbeitet,für den gibt es keine Zukunft.

Ich wünsche mir für unsere Kirche das sie wieder glaubhaft sein kann, denn

dann handelt sie im Namen Jesus

13.02.2017

Es war Gerhard Ludwig Müller, heute Kardinal im Vatikan, der das mit den Nestbeschmutzern gesagt hat Herr Achstaller.

VG

Angelika Oetken

12.02.2017

Es ist ein gutes Zeichen, wenn man, wie Herr Probst das von sich sagt, als in der Kindheit physisch, psychisch und sexualisiert traumatisierter Mensch bei seinen Freunden und Kollegen auf Verständnis trifft. Der entscheidende Unterschied zu einer guten psychotraumatologischen Behandlung ist, dass mit Letzerer aus dem professionellen Abstand heraus auch Dinge angesprochen werden können, die verborgen, widersprüchlich oder besonders schmerzhaft sind. So kann es gelingen, den unter kindlicher Perspektive als übermächtig erlebten Aggressor regelrecht gesund zu schrumpfen. Auf das normale Maß, das ein Erwachsener sieht, der über eine gesunde Distanz zu vermeintlichen Respektspersonen verfügt und so eine ungesunde Identifikation vermeiden bzw. abbauen kann. Dann wird aus einem jähzornigen Schläger ein an den Herausforderungen des normalen Lebens gescheiterter Mann, der sich in einem Priesteramt versteckt und derart mit der Aufarbeitung der eigenen Biografie überfordert ist, dass er Erinnerungslücken vorschützen muss. Und die Person, die einen in der Kindheit sexuell ausgebeutet und misshandelt hat, wird das, was sie eigentlich ist: eine jämmerliche Figur, zu feige, um sich zu der eigenen Homosexualität zu bekennen, nicht in der Lage, es mit gleichrangigen Sexualpartnern aufzunehmen, weshalb sie sich an hilfosen Kindern vergreift. Und das Vorgehen der Institution, die solcherart Personal vorhält und ihm Schüler als Opfer vor die Füße wirft, kann an ihren Ergebnissen gemessen werden. Mit artig formulierten Absichtserklärungen mag man gutgläubige Menschen täuschen können. Lebenserfahrene RealistInnen erwarten solide, da greifbare Ergebnisse. Und von diesen Menschen gibt es nicht nur in Regensburg genug. Die Spatzen pfeifen es sozusagen von den Dächern, was im Hintergrund eigentlich läuft. So laut, dass man sie weit über die Grenzen der Oberpfalz hinaus hört. Bis jetzt ist das Bistum Regensburg glaubhafte, konkrete Schritte in Richtung echte Aufklärung und ehrliche Aufarbeitung schuldig geblieben. Damit steht es nicht allein da, so sieht es bei den meisten Institutionen aus, die Kindesmissbrauch zu verantworten haben. Nur einbilden sollte sich eine Organisation, die etwas wieder gut zu machen hat, darauf nichts. Tricksen und Täuschen zeugt von Schläue, ist aber nicht klug. Denn es kommt sowieso alles raus. Und danach erhält man keine neue Chance mehr, zu Recht verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Ich persönlich setze deshalb auf die Aufklärung und Aufarbeitung des Regensburger Korruptionsskandals. Früher oder später werden wir dabei auf die üblichen Verdächtigen treffen. Und aus der Nummer kommen sie nicht so leicht mehr raus, da sie es dann mit staatlichen Behörden zu tun bekommen. Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden