Papier-Konzern UPM stellt jetzt Biodiesel her
Der finnische Riese UPM spürt die nachlassende Papiernachfrage. Darauf reagiert die Firma nicht nur mit der Stilllegung von Maschinen. Innovative Produkte sollen Jobs sichern.
Unternehmen müssen sich in Zeiten eines Strukturwandels neu erfinden, sonst bestraft sie der Markt. Der finnische Papier- und Forstkonzern UPM spürt seit Jahren die weltweit nachlassende Papiernachfrage, gerade im Zeitungsbereich. Während die Lage in Deutschland im internationalen Vergleich vergleichsweise gut ist, hat die Zeitungskrise in den USA und Großbritannien heftiger zugeschlagen und zur Einstellung zahlreicher Produkte sowie rapide sinkenden Druckauflagen geführt.
Der Umsatz der UPM-Papier-Sparte für Europa und Nordamerika lag 2013 bei 5,56 Milliarden Euro, ein sattes Minus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. In diesem Geschäftsbereich schreibt das Unternehmen nach einem Betriebsverlust von 81 Millionen Euro gerade einmal wieder eine schwarze Null. Dieser größte, für Nordamerika und Europa zuständige UPM-Bereich sitzt seit 2013 in Augsburg an einem historischen Ort. Denn die Finnen haben 2001 den Papierhersteller Haindl übernommen.
Bernd Eikens steuert das Geschäft aus Augsburg
Von der traditionellen Papiermacher-Stadt Augsburg aus steuert inzwischen der Deutsche Bernd Eikens als einziger Nicht-Finne im UPM-Vorstand das Geschäft mit weltweit rund 11 000 Mitarbeitern. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen rund 21 000 Frauen und Männer, während es 2001 noch 36 500 waren. Der Vergleich zeigt, wie sehr der Konzern den Strukturwandel hin zu digitalen Medien zu spüren bekommt. Das Unternehmen war in der Vergangenheit gezwungen, Produktionskapazitäten stillzulegen, darunter zwei von drei Papiermaschinen in Ettringen im Unterallgäu. UPM besitzt in Europa und Nordamerika aber immer noch 18 Papierfabriken. Davon liegen allein vier in Bayern.
Neben Augsburg verfügt der UPM-Konzern über Werke in Ettringen, Schongau und Plattling. Der Standort Augsburg wurde von dem Konzern deutlich aufgewertet. Früher wurde das Papiergeschäft von Helsinki aus gesteuert. Doch die Finnen waren bereit, den nach wie vor größten Bereich dort anzusiedeln, wo die meisten Kunden und Papiermaschinen beheimatet sind. Somit sind auch einige Finnen nach Augsburg gezogen.
Mit Eikens ist wieder ein Deutscher im UPM-Top-Management vertreten. Zuvor verantwortete Hartmut Wurster im Vorstand des Unternehmens bis zu seinem Ausscheiden den Bereich Technologie.
UPM investierte in Schongau 85 Millionen Euro
Die Finnen setzen nach wie vor auf den Standort Deutschland. Allein im oberbayerischen Werk in Schongau investierte der Konzern in den Bau eines neuen Gaskraftwerkes 85 Millionen Euro. Auch an anderen Betriebsorten erzeugt UPM Strom für den Eigenbedarf.
Eikens bietet im Gespräch mit unserer Zeitung nun etwa Kommunen an, überschüssige Energie in die allgemeinen Netze einzuspeisen: „In Finnland sind wir als UPM der zweitgrößte Energieversorger. Wir kennen uns mit dem Thema aus.“ Der Manager hält viele Modelle für denkbar. Der Konzern stellt im Winter in Finnland, wenn Strom teuer ist, schon mal kein Papier her und verkauft die eingesparte Energie aus eigener Erzeugung auf dem Markt. Das Unternehmen will neue Geschäftsmodelle erschließen, um die Einbrüche im klassischen Bereich auszugleichen.
Für Eikens ist klar, „dass UPM als börsennotiertes Unternehmen Investoren Wachstumsstorys bieten muss“. Hier könnte sich die Fantasie der Anleger etwa daran entzünden, dass der Konzern in Finnland eine Fabrik für die Erzeugung von Biodiesel baut. Dabei werden nicht Nahrungsmittel wie Mais in Sprit umgewandelt, was vielfach kritisiert wurde. Die Finnen verwenden vielmehr Abfallprodukte aus der Zellstoff- und damit der Papiererzeugung. Mit vielen weiteren Ideen versucht das Unternehmen, sich nach Krisenzeiten neu aufzustellen.
Aus Zellstoff und Kunststoffpolymeren von UPM werden bereits Lautsprecherboxen gebaut. Dank eines speziellen, dehnbaren Sperrholzes des Konzerns entstehen Designmöbel. Auf dem Auto-Salon in Genf stellte der Papierriese ein mit einer Uni in Helsinki gemeinsam gebautes Auto vor, dessen Karosserie aus einem Zellstoff-und-Kunststoff-Mix besteht. Entfernen sich die Finnen zu weit vom Kerngeschäft?
Vertreter der Autobranche schauten sich das Fahrzeug, auf dessen Kennzeichen „Biofore“ steht, in Genf jedenfalls aufmerksam an. Ferrari-Experten, heißt es, seien mehrfach am Stand gewesen.
Trotz notwendiger Innovationen glaubt UPM-Manager Eikens an die Zukunft des traditionellen Geschäfts: „Es wird immer Papier geben, auch wenn der Markt noch weiter rückläufig ist.“ Der Unternehmer sagt: „Wir bei UPM glauben an das dynamische Miteinander von Digital- und Drucktechnologie.“ Das kann Eikens belegen. Aus der größten europäischen Essens-Webseite „chefkoch.de“ ist ein gedrucktes Magazin entstanden. Chefredakteur Jan Spielhagen erkannte, dass das Online-Angebot mit über 250 000 Rezepten zu unübersichtlich ist. Da falle es den Nutzern zunehmend schwer, sich inspirieren zu lassen: „Genau diese Funktion übernimmt das Magazin.“ Eikens erzählt die Geschichte gerne. Das Papier für das Chefkoch-Heft stammt von UPM. Es kommt aus Bayern, dem Werk in Plattling.
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