Totgeglaubte leben länger
Hautnah erleben die Zuschauer beim Krimi-Dinner im Klosterbräuhaus ein überraschendes Ende
Weniger kann mehr sein. Was für den Alltag gilt, trifft auch fürs Theater zu. Beim Krimi-Dinner „Rache um Mitternacht“ im Klosterbräuhaus Ursberg ging es minimalistisch zur Sache: Zwei Darsteller, ein Stehtisch in der Mitte des Raumes, zwei Krüge, ein Smartphone, ein Brief, zwei Revolver und etwas Kleidung zum Wechseln, das war alles. Aber wenn die Bühne fehlt, sind alle Anwesenden direkt einbezogen, das Publikum erlebt Theater hautnah.
Auf die schauspielerische Leistung kommt es an, aber natürlich muss auch der Krimi zünden. Zunächst ist alles einfach: Alex erzählt seiner Schwester Linda, er habe eine SMS bekommen mit der Drohung, er werde um Mitternacht ein toter Mann sein. Mehr weiß er nicht und die beiden forschen fieberhaft, woher die Drohung kommt. Als die beiden auseinandergehen, führt Linda ein Telefonat mit einem Unbekannten. Was weiß sie? Inwieweit ist sie gar in die Angelegenheit verwickelt? Hier kommt ein Prinzip des Krimis zum Tragen: Je mehr Verdächtige es gibt, desto mehr Spannung ist da und desto mehr kann und muss das Publikum mittüfteln. Und das Prinzip von Stücken mit wenig Personen war ebenfalls realisiert. Sehr oft muss hier die Stimmung bei den Akteuren jäh umspringen. Das sorgt für viel Abwechslung. Neben den Stimmungsumschwüngen war auch der Rollentausch zu meistern: Die Linda aus dem ersten Akt mimte im zweiten Akt einen Mafia-Gangster, dessen Deutsch stark von der italienischen Muttersprache geprägt ist. Diese Frau in der Hosenrolle soll obendrein den Frauen-Verführer verkörpern und sie tat es, indem sie sogar Frauen aus dem Publikum anmachte. Das sorgte für viel Vergnügen. Noch besser war es, als Alex unabsichtlich einen Revolver verlor oder die Verstärkeranlage plötzlich mächtig rauschte. Jetzt war Spontantheater gefragt und es war amüsant zu beobachten, wie beide Darsteller aus der Panne, die doch peinlich sein könnte, dramatisches Kapital zogen. Wurde nun also die Rache um Mitternacht vollzogen? Alex bekam zwischendurch einen Brief, der die Lösung versprach. Aber stimmte das auch, was in dem Brief steht? Und war die Lösung wirklich eine und womöglich eine gute? Man erfuhr es erst in den letzten Sekunden und fand eine alte Krimiwahrheit bestätigt: Totgeglaubte leben länger. (hli)
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