Verliebt bis tief traurig
Wie drei Jazzer einen Stummfilm erwecken
„Das größte Kompliment ist für uns Musiker, wenn die Zuschauer sagen: Wir haben euch fast vergessen während des Films.“ Die Filmmusik solle geradezu eine Hochzeit eingehen mit den Bildern auf der Leinwand, steckt sich der Augsburger Jazzklarinettist Stephan Holstein als Ziel. Und genau so kam es am Donnerstagabend im sehr gut besuchten Kino Mephisto. Während die Augen an dem begnadeten Komiker Buster Keaton als „The Cameraman“ hingen, erzeugte das Trio mit Holstein (Klarinette), dem Regensburger Helmut Nieberle (Gitarre) und dem New Yorker Howard Alden (Banjo) einen fantasievollen Soundtrack, der die gesamte Klaviatur der Emotionen von beschwingter Verliebtheit über atemlose Spannung bis zur todtraurigen Resignation durchspielte. Nie wird die Live-Vertonung zu rührselig, vielmehr nimmt sie die ironische Brechung auf, die auch Buster Keaton einsetzt.
Immer auf den Punkt genau bestärkten die drei Jazzer die Bilder, ob sie nun improvisierten („wir versuchen, lebendig Einfluss auf das Filmgeschehen zu nehmen“), solistisch als Könner ihres Instruments glänzten oder bekannte Motive aus dem Great American Songbook zitierten. So klang beim verwässerten Ausflug der Verliebten „I’m Singing In The Rain“ oder Elgars „Pomp and Circumstance“ bei der royalen Parade an. Die Komposition lieferte der versierte Helmut Nieberle, der seit Jahren in diesem Zweig schon tätig ist, denn so manche Stummfilmszene bahnt sich recht unscheinbar an, während sie bereits ahnungsvoll orchestriert wird. „Ohne dieses Grundgerüst würden wir die ganze Zeit dem Film hinterherspielen“, erklärt Stephan Holstein.
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