Esswein nutzt seine große Chance nicht
Der Mittelfeldspieler erfährt erst kurz vor dem Anpfiff, dass er in der Startelf steht. Nach den ersten kompletten 90 Minuten in dieser Saison fällt sein Fazit geteilt aus.
Tobias Werner, 29, versuchte alles, um gegen Hannover 96 dabei zu sein. Seit dem Bayern-Spiel hatte der Außenbahnspieler des FC Augsburg ein leichtes Ziehen im Oberschenkel. Beim letzten Auswärtsspiel der Saison wollte der dienstälteste FCA-Profi (seit Juli 2008) aber trotzdem auflaufen. Nach dem Aufwärmen musste Werner aber endgültig passen. „Ich habe dem Trainer gesagt, es geht nicht“, erklärte Werner nach dem Spiel seinen Blitz-Wechsel auf die Ersatzbank.
Werner hofft auf Einsatz gegen Gladbach
Eine Entscheidung, die Werner mit FCA-Mannschaftsarzt Dr. Peter Stiller abgesprochen hatte, die ihm aber trotzdem schwerfiel. Jetzt hofft der Fußball-Profi, dass es nur eine Muskelverhärtung ist und Werner am Samstag gegen Gladbach wieder spielen kann.
Das Pech von Werner war das Glück von Alexander Esswein. „Ich habe es bei der Bekanntgabe der Aufstellung erfahren“, erklärte er. Seine überraschende Nominierung nahm er gelassen hin: „Man ist immer auf alles gefasst. Manchmal geht man davon aus, dass man spielt, und spielt nicht. Manchmal geht man davon aus, dass man nicht spielt, und bekommt die Chance. Heute war es so.“
Esswein, 24, spielte – erstmals in dieser Saison über 90 Minuten. Die abschließende Premierenfeier musste aber ausfallen, auch weil Esswein in der 12. Minute alleine vor Hannovers Bestem, Torhüter Ron-Robert Zieler, die nötige Coolness fehlte. „Ich habe den Ball gut mitgenommen, Halil spielt ihn mir gut rein, dann muss ich ihn auf jeden Fall besser platzieren. Der Zieler hält ihn nicht schlecht, aber trotzdem kann man den machen, auf jeden Fall.“
Die im modernen Fußball so eminent wichtige Führung blieb aus. Hannover machte es besser. Salif Sané (19.) und Joselu mit einem umstrittenen Foulelfmeter (55.) entschieden das Spiel zweier gleichwertiger Mannschaften. „Wir bekommen zwei Tore aus Standardsituationen. Die eine war nach einem unnötigen Eckball, die andere ein ungerechtfertigter Elfmeter. Das ist ärgerlich, weil mehr drin gewesen wäre“, bilanzierte Esswein.
Esswein musste sich hinten anstellen
Das Spiel war das Spiegelbild seines ersten Jahres in Augsburg mit Höhepunkten, aber auch Wellentälern. Agil in der Vorwärtsbewegung, arbeitete er nach hinten weniger. Zudem gewann er nur sieben von 25 Zweikämpfen (28 Prozent). Eine durchwachsene Vorstellung.
Der gebürtige Wormser wechselte im Januar vom 1. FC Nürnberg zum FCA. Doch er musste sich erst hinten anstellen. Dann brach er sich Ende Juli mitten in der Vorbereitung die Kniescheibe. Sein Anlauf auf einen der beiden Stammplätze an der Außenlinie war abrupt gestoppt. 48 Tage fiel Esswein aus. 48 Tage, in dem Werner seinen Anspruch auf die linke Außenbahn zementierte, 48 Tage, in dem Trainer Markus Weinzierl Raúl Bobadilla in geduldiger Kleinarbeit vom zentralen Stürmer zum Flügelspieler auf der rechten Seite ummodellierte.
Für Esswein, dessen Vertrag bis 2017 läuft, schien kein Platz mehr. Doch der ist keiner, der sich nächtelang im Bett wälzt und sich um seine Zukunft sorgt. Er nimmt es, wie es kommt. Wohl gar keine so schlechte Charaktereigenschaft in einer Branche, in der die handelnden Personen oft wie an einem Gummiband befestigt nach oben und nach unten katapultiert werden.
Esswein machte einfach weiter. Und das Pendel schlug kurz vor dem Jahresende plötzlich nach oben aus. Privat und sportlich. Am 1. Dezember heiratete der Fußball-Profi seine langjährige Freundin Franziska standesamtlich. An einem Montag, „weil Samstag oder Sonntag immer so schwierig sind“. Nur fünf Tage später erzielte er kurz nach seiner Einwechslung in Köln mit dem Schlusspfiff den 2:1-Siegtreffer. Zuletzt hatte er am 16. März 2013, damals noch für Nürnberg, getroffen.
In der folgenden Woche wurde er vor Gericht vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen. Jetzt sein erster Einsatz in dieser Saison über 90 Minuten. Esswein hätte das Jahr für sich und den FCA krönen können. So hängt nun vieles vom Heimspiel am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach ab. Mit einem Sieg oder einem Unentschieden würde die schon jetzt glänzende Vorrunde noch aufpoliert. Die dritte Niederlage in Folge würde aber einen unschönen Kratzer hinterlassen. „Wir wollen im letzten Spiel gegen Gladbach alles raushauen, um mit einem Erfolgserlebnis in die Winterpause zu gehen.“
Auch persönlich kann Esswein das Jahr 2014 noch nicht abschließend einordnen. Der Staatsanwalt hat Revision gegen den Freispruch eingelegt.
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