150.000 Euro Mindestgebot: Es gibt Stalin und Co. zu ersteigern
Ein Unternehmer aus Gundelfingen trug nach dem Zerfall der Sowjetunion Skulpturen von Ostblock-Größen zusammen. Am Samstag gibt es Stalin und Co. zu ersteigern.
Es war eine historische Szene, die sich da vor einigen Jahren auf dem Gelände von Kurz Natursteine in Gundelfingen abspielte. Zwischen all den Grabsteinen und kleinen Engelsfiguren stand ein alter Mann aus Tschechien. Als junger Student hatte er der Stalinfigur, die vor ihm aufragte, aus einer Schnapslaune heraus die Nase abgeschlagen. Zwei Jahre Arbeitslager hatte er für den Angriff auf den einstigen sowjetischen Diktator bekommen. Und die Statue eine Schönheitsoperation. Jahrzehnte später trafen sie im Landkreis Dillingen wieder aufeinander. Und der alte Mann ließ sich mit einem Hubwagen hinauffahren, setzte sich auf die Schulter von Josef Stalin und sagte zufrieden: "Jetzt habe ich ihn doch noch besiegt."
Die Stalinfigur mit der lädierten Nase steht heute im Haus der Geschichte in Bonn. Doch an Diktatoren mangelt es der Firma Kurz im Industriegebiet in Gundelfingen bis heute nicht. Denn nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sammelte der frühere Firmeninhaber Josef Kurz im ganzen Ostblock Büsten und Skulpturen von in Ungnade gefallenen Größen des Sozialismus zusammen. Dabei, sagt der heutige Geschäftsführer Josef Kurz, sei sein Vater sicherlich kein Sozialist gewesen. "Er war sogar im Wirtschaftsbeirat der Union." Vor allem sei es dem Vater um die künstlerische Arbeit gegangen. Schließlich seien derartige Denkmäler in der Regel nur von den besten Bildhauern geschaffen worden. So entstand auf dem Firmengelände in Gundelfingen eine kuriose Ahnengalerie des Ostblocks.
Am Samstag kommen Stalin, Lenin und Co. unter den Hammer
Stalin, Lenin, Gottwald, Zapotocky. Sogar der "Rote Bahnhofsvorsteher", der 20 Jahre lang auf dem Dresdner Bahnhofsvorplatz wachte, wanderte nach Bayern. 80 Tonnen Sozialismus aus rotem Granit, attackiert mit Farbbeuteln, mit Hakenkreuzen beschmiert. Die Dresdner waren damals froh, dass sie das Ding loswaren und verschenkten es einfach. Doch nun hätten manche es gerne wieder zurück. Am Samstag kommen Stalin, Lenin und Co. bei einer internationalen Versteigerung des Auktionshauses Auktionspunkt unter den Hammer. Das Mindestgebot für den "Bahnhofsvorsteher" wurde auf 150.000 Euro festgesetzt. Und in Dresden gab es im Vorfeld ernsthafte Diskussionen darüber, ob man den roten Lenin, mitsamt seinen Mitstreitern Ernst Thälmann und Rudolf Breitscheid ersteigern und wieder nach Hause holen soll.
Josef Kurz findet jedenfalls, dass die steinernen Monumente des Sozialismus lange genug in Schwaben herumgestanden sind. Auch, weil sich der Traum des Vaters von einem Skulpturenpark mit Diktatorenasyl letztlich nicht verwirklichen ließ. "Sie sind jetzt seit 25 Jahren hier. Jetzt reicht es", sagt der 53-Jährige. Denn Josef Stalin und Antonin Zapotocky thronen auf dem Pumpenhäuschen der Firma. Und das bröckelt unter deren Gewicht langsam genauso wie der Sozialismus vor 30 Jahren.
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