Als die Politik noch ausgekartelt wurde
Thomas Goppel, CSU, ist der dienstälteste Landtagsabgeordnete. Seit vierzig Jahren arbeitet er im Landtag. Im Interview erinnert er sich an eine bewegte Laufbahn.
Herr Goppel, welches Ereignis im Landtag blieb Ihnen in den 40 Jahren Ihrer Parlamentszugehörigkeit besonders in Erinnerung?
1974, als Alfons Goppel Alterspräsident war und sein Junior der Schriftführer. Mein Vater war im Landtag der Älteste, ich der Jüngste – so etwas hat es im Maximilianeum nie mehr gegeben.
1986 hat Sie Franz Josef Strauß ins Kabinett berufen.
Strauß hat mich damals gefragt, ob ich Bildungs- oder Wissenschaftsstaatsekretär werden will. Beide Häuser mussten neu besetzt werden. Ich habe geantwortet: Ich bin Lehrer von Beruf, also Schule. Worauf er meinte: Sie sind wohl nicht ganz dicht. Man macht nicht das, was man gelernt hat, sondern man macht etwas neues – also Wissenschaft. Auf meine Frage, ob ich noch einen Moment überlegen darf, sagte Strauß nur: Ja, aber der Moment ist rum. So kam ich als Wissenschaftsstaatssekretär ins Kabinett.
Es folgte eine bewegte politische Karriere. Sie waren Umweltminister, Europaminister, Wissenschaftsminister und CSU-Generalsekretär. Welches Amt war Ihnen denn rückblickend am liebsten?
Jedes Amt, das mir angetragen wurde, habe ich gerne und mit Begeisterung gemacht. Am meisten herausgefordert hat mich jedoch der Generalsekretär. Weil das eine völlig andere Arbeit war. Und es war eine erfolgreiche Zeit. Denn neben dem Landtagswahlergebnis meines Vaters 1974 haben wir 2003 mit Edmund Stoiber das zweitbeste der Nachkriegsgeschichte eingefahren.
Wie groß war die Enttäuschung, als Sie Horst Seehofer 2008 nicht mehr ins Kabinett berufen hat?
Mehr enttäuscht war ich, als mir Edmund Stoiber 2003 nach dieser erfolgreichen Periode als Generalsekretär mitgeteilt hat, er brauche mich wieder im Kabinett. Und außerdem, sagte Stoiber, habe er es meiner Frau versprochen. Ich wollte jedoch Generalsekretär bleiben, doch da wartete schon Markus Söder. Ich wollte die CSU neu bauen, Stoiber wollte mich als Wissenschaftsminister.
Nochmals zu Seehofer, dessen Regierungsmannschaft Sie dann nicht mehr angehörten.
Enttäuscht war ich vom Meinungswechsel Seehofers, der mir noch am Vortag der Kabinettsbildung ausdrücklich erklärt hatte, du bleibst selbstverständlich Wissenschaftsminister. Am nächsten Tag habe ich dann den Anruf bekommen, dass es vorbei ist.
Was hat sich denn in den 40 Jahren im Landtag am meisten verändert?
Als ich 1974 gekommen bin, saßen jeden Abend vier oder fünf bunt gemischte Schafkopfmannschaften beieinander und haben das, was am Tag Diskussionsgegenstand war, beim Karteln austarockt. Die Nähe der Abgeordneten zueinander war trotz ideologischer Trennung eine intensivere. Heutzutage sind wir eher oberflächlich miteinander verbunden. Ein bisschen hat sich im Landtag auch die Gefällt-mir-Generation eingeschlichen, in dem man eine Nachricht liest, abhakt oder wegschiebt. Man diskutiert nicht mehr über Themen und Probleme, wie sie kostengünstig oder wertgebunden umgesetzt werden können.
Geht denn die CSU mit ihrer absoluten Mehrheit richtig um? SPD, Freie Wähler und Grüne hatten sich zuletzt über die Redezeit im Plenum beschwert.
Die Opposition ist einfach frustriert, weil sie in Bayern 60 Jahre lang nicht regieren durfte. Fakt ist: Die drei Oppositionsfraktionen haben im Landtag zusammen mehr Redezeit als die CSU gemeinsam mit der Regierung. Die Beschwerde ist deshalb völlig aus der Luft gegriffen. Ich bin für ein gedritteltes Rederecht. Ein Drittel die Regierung, ein Drittel die CSU und ein Drittel die Opposition. Das Schlimmste ist heute doch, dass ich als CSU-Abgeordneter zwar zur Mehrheitsfraktion gehöre, aber am wenigsten sagen darf.
Kandidieren Sie 2018 noch einmal?
Das gehört nicht zu meinem Vorhaben. Aber die Zeiten ändern sich gelegentlich. Bereits vor einem Jahr habe ich meinen Stimmkreis abgegeben und nur noch auf der oberbayerischen Liste kandidiert. Wenn ich 70 bin, sollte es genug sein. Es müsste schon wahnsinnig viel passieren, dass ich da meine Meinung nochmals ändere. Aber ausschließen tue ich nichts.
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