Auf Erfolg gesetzt - Für Seehofer und die CSU geht es um Alles
Knapp zehn Millionen Bayern dürfen wählen. Die CSU hofft auf ein Ergebnis im Bereich 45 Prozent Plus X - alles darunter dürfte die Zukunft(spläne) der Partei sehr erschweren.
Wie sich die Zeiten ändern. Im Januar formulierte CSU-Chef Horst Seehofer völlig überraschend für die Union: 40 Prozent sollen es bei der Bundestagswahl schon werden. Dann kam die SPD oder besser gesagt ihr Hype um Kanzlerkandidat Martin Schulz und es folgte ein zumindest anfangs spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen in den Umfragen. Am Sonntag ist das kein Thema mehr. Die Union hat nach den jüngsten Angaben der Demoskopen einen großen Vorsprung. Wer jetzt aber glaubt, Seehofer könne gelassen in die Wahl gehen, der irrt. Für ihn geht die Arbeit danach erst richtig los, nicht nur wegen der für seine CSU so immens wichtigen Landtagswahl in Bayern im Herbst 2018.
"Eine Wahl ist eine Vertrauensgeschichte", sagte Seehofer vor wenigen Tagen in München zu Journalisten. Zwar lobte er die CSU-Strategie, attestierte gar eine millimetergenaue Umsetzung, trotzdem klangen aus seinen Worten auch Zweifel, wenn er etwa das Lob mit "Wie auch immer der Sonntag läuft" einleitete. Der erfahrene Wahlkämpfer schien sich selbst und seine Partei schon mal auf ein schwächeres Ergebnis als 2013 vorbereiten zu wollen. Damals holte die Union 41,5 Prozent, die CSU in Bayern gar 49,3 Prozent. Seehofer war der Held, denn nur eine Woche zuvor, bei der Landtagswahl, hatte seine CSU die absolute Mehrheit im Freistaat zurückerobert. Mehr ging nicht, fünf Jahre nach seiner Wahl an die Parteispitze war Seehofer auf dem Zenit der Macht.
Vom Ergebnis bei der Bundestagswahl hängt für Seehofer viel ab
Je nach Ausgang der Bundestagswahl könnte Seehofers Erbe nun aber erste Risse bekommen. Denn mit seiner Entscheidung Ende April, seine politische Karriere auch über die Landtagswahl 2018 fortsetzen zu wollen, hat Seehofer nicht nur seinen Hut in den Ring geworfen. Er will auch nicht als der Parteichef in die CSU-Annalen eingehen, der die absolute Mehrheit erst zurückerobert und dann wieder verspielt hat. Er wolle "keine gescheiterte Mission hinterlassen. Ich will aber auch nicht vom Hof gejagt werden", sagte Seehofer.
Seine Sorgen basieren aber nicht nur auf der eigenen Befindlichkeit. Für den selbst ernannten Parteisoldaten, dessen Herzstück die CSU ist, seine Familie, geht es auch um die Zukunft der wohl mächtigsten Regionalpartei in ganz Deutschland und vermutlich sogar in ganz Europa. "In Berlin wird nichts ohne die CSU entschieden", sagte Seehofer in den vergangenen Jahren gerne - und wenn doch, brüllte der bayerische Löwe so laut und so lange, bis sich was änderte. Bestes Beispiel war die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Monatelang attackierten CSU und Seehofer das Vorgehen.
"Alleine unsere Existenz führt dazu, dass sich Dinge ändern", fasst es Seehofer gerne zusammen. Ob das Motto jedoch auch für mögliche Koalitionsverhandlungen gilt, ist fraglich. Seehofer selbst hat in den vergangenen Wochen und Monaten die Messlatte für die CSU sehr hoch gelegt: Außer der CSU lehnen alle anderen Parteien etwa die Einführung einer Obergrenze für Flüchtlinge ab, Seehofer hat sie zur absoluten Bedingung gemacht und ansonsten zwischenzeitlich den Gang in die Opposition angedroht.
Gleiches gilt für Seehofers kategorische Absage an ein Verbot von Verbrennungsmotoren von 2030 an, welches die Grünen fordern. Dagegen dürften CSU-Forderungen wie eine erweiterte Mütterrente und bundesweite Volksentscheide wohl eher nur als Verhandlungsmasse in Seehofers Verhandlungskoffer mit nach Berlin reisen.
Seehofer will wichtige Ministerposten in Berlin besetzen
Bleiben noch die Personalien: Seehofer will im Koalitionspoker nicht nur Inhalte durchsetzen, sondern auch wichtige Ministerposten holen. An vorderster Stelle steht dabei das Bundesinnenministerium, welches die CSU künftig mit ihrem Spitzenkandidaten Joachim Herrmann einnehmen will. Wie viele Ministerien und welche Posten die CSU möglicherweise bekommt, hängt aber nicht nur vom Ergebnis der CSU selbst ab - auch die Zahl der Koalitionäre ist entscheidend. Klar ist aber, um der CDU das Bundesinnenministerium abzuluchsen, muss die CSU schon ein sehr gutes Ergebnis erzielen.
Aktuell hat die CSU zwar drei Ministerien, jedoch sorgte die Ausbeute der Ressorts 2013 nicht überall in der CSU für Zufriedenheit - schließlich hatte die CSU zuvor das Bundesinnenministerium inne. Abseits des Verkehrsministeriums gelten das Entwicklungsministerium und das Agrarministerium zudem nicht als mächtige Schlüsselposten.
Für Seehofer und die CSU geht es am Sonntag last but not least auch um die Startrampe für die Landtagswahl im kommenden Jahr. Der CSU-Chef hat immer wieder betont, dass die CSU bei der Bundestagswahl ein sehr gutes Ergebnis brauche, um eine realistische Chance für die Verteidigung der absoluten Mehrheit zu haben. Mit der AfD hat die CSU aber nun erstmals auch im Freistaat einen Konkurrenten, der sogar den alten Leitsatz von Franz Josef Strauß ("Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben") dauerhaft infrage stellen könnte. Wie sich die Zeiten ändern - sogar in Bayern.
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