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  3. Würzburg: Autobahnschütze zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt

Würzburg
30.10.2014

Autobahnschütze zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt

Der Autobahnschütze aus der Eifel ist verurteilt worden.
Foto: Daniel Karmann/Archiv (dpa)

Der Autobahnschütze aus der Eifel, der von seiner Fahrerkabine aus immer wieder auf andere Lastwagen geschossen hat, muss für zehn Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.

Das Landgericht Würzburg sprach den 58 Jahre alten Fernfahrer am Donnerstag schuldig wegen vierfachen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

Der Mann hatte gestanden, mit Pistolen mit Schalldämpfer beim Fahren über die Fernstraßen heimtückisch 762-mal auf fremde Fahrzeuge geschossen zu haben. Erst nach vier Jahren hatten ihn Ermittler mit einer monatelangen, immensen und teilweise umstrittenen Sammlung von Kennzeichen rund um die Tatorte gefasst. Wäre man nicht in einem Gerichtssaal, könnte man Michael K. mögen: Gemütlich und bedachtsam bewegt er sich in den Gerichtssaal. In der Haft hat der 58-jährige Lastwagenfahrer weit über 20 Kilo verloren.

Aber er verfügt noch immer über eine körperliche Präsenz, als sei er der große Bruder des Schauspielers Ottfried Fischer, nur mit Schnauzbart, Ohrring und Freizeitkleidung. Der Mann aus dem seinetwegen bekannt gewordenen Eifeldorf Frohnrath strahlt eine trügerische Gemütlichkeit aus.



Höflich gibt er zur Begrüßung selbst dem Staatsanwalt die Hand zum „Guten Morgen“ – obwohl der errechnet hatte, dass man eigentlich 141 Jahre und sechs Monate Haft für K.s Taten fordern müsste - tatsächlich fordert er immerhin zwölf Jahre Gefängnis für vierfachen versuchten Mord.

„Der Herr Oberstaatsanwalt tut auch nur seine Pflicht,“ war der Kommentar des Mannes, der in sich zu ruhen scheint. Und doch schlummert in Michael Harry K. ein gefährlicher Trieb, wie die monatelange Verhandlung in Würzburg ergeben hat: Wenn dieser Trieb übermächtig wurde, griff Michael K. sich eine Schusswaffe aus dem Versteck, steuerte mit einer Hand, feuerte mit der anderen aus seiner Fahrerkabine (bei Tempo 80) auf überholende oder entgegenkommende Autotransporter, auf die er eine nicht zu zügelnde Wut hatte.

Der nach eigener Einschätzung sichere Schütze zielte nach eigenen Angaben immer nur auf die hintersten Autos auf der Ladefläche von Autotransportern oder Lkw, manchmal mehrfach auf den gleichen. Er traf dabei - und das machte den Serientäter so gefährlich - aber schon auch einmal Unschuldige, wie am 10. November 2009, nahe der Rastanlage Würzburg-Süd.Da durchschlug ein Projektil die Frontscheibe eines Škoda Oktavia und traf die Fahrerin am Hals. Nur durch Glück überlebte die Frau die Schussverletzung. Seine Entschuldigung vor Gericht nahm sie als reines Lippenbekenntnis: „Sie hätten ja danach noch aufhören können,“ hielt sie dem Angeklagten vor.

Er schoss noch fast vier Jahre weiter

Der schoss in der Tat noch fast vier Jahre weiter, wie er pauschal zugegeben hat. Er wisse heute gar nicht mehr, „welcher Esel“ ihn bei seinen Aktionen „geritten“ habe, hatte K. den Würzburger Richtern sehr bald erklärt, war frustriert über rücksichtslose Kollegen, für deren Verhalten er sich angeblich rächen wollte.

Von „Krieg auf der Autobahn“ sprach er vage in einer Vernehmung und stellte krude Verbindungen her zwischen gewagten Überholmanövern, dem Kampf um einen freien Autobahn-Park- und Schlafplatz zum Einhalten der Lenk- und Ruhezeiten. Seine Reaktion war – wie er es beschreibt, eine Art Triebabfuhr: Über 700 Schüsse auf Unschuldige, die mit der Ursache seines Frustes nichts zu tun hatten – nur das Pech, ihm auf der Autobahn zu begegnen oder ihn zu überholen.

Dieses Bild zeigt ein Einschussloch in einer Autotür.
Foto: Fredrik von Erichsen/Archiv (dpa)

Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen hat ihm das in seinem Plädoyer schonungslos vorgehalten: K. habe sich „sehenden Auges über die Gefahrenlage hinweggesetzt“, zumindest mit bedingtem Vorsatz. Für seine „ungemessene Kompensation des Frustabbaus“ habe er „erhebliche kriminelle Energie“ aufgewandt.

Raufeisen hatte zwölf Jahre Haft gefordert, die drei Verteidiger die Hälfte, wenn nicht gar Freispruch. Die Anwälte Nikolaus Gwosdek, Franz-Josef Krichel und Guido Reitz haben vom ersten Tag an auf zwei Punkten beharrt, bei denen sie bis zum Schluss blieben. Zum einen: „Man kann Herrn K. vieles unterstellen, aber nicht, dass er den Vorsatz hatte, Leben zu vernichten“, sagt Reitz.

Zum andern war in ihren Augen die immense Fahndung illegal, die die Ermittler schließlich auf die Fährte von Michael K. geführt hatte . Geschah sie auf einer mangelhaften Rechtsgrundlage, unterlägen alle darauf fußenden Ermittlungsergebnisse einem Verwertungsverbot.

Das wird wohl nicht das letzte Wort in dem Fall sein

Man mag das für einen Verteidiger-Trick halten. Aber selbst der erfahrene Vorsitzende Burkhardt Pöpperl geht nicht davon aus, dass das von ihm heute verkündete Urteil in Würzburg das letzte Wort in dem Fall sein wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit der Frage befassen müssen, ob selbst für einen solch bedrohlichen Fall eine Datensammlung von Kennzeichen in bisher nicht gekanntem Ausmaß nötig war.

Michael K,. kann sich etwas darauf einbilden, dass sich sogar der Bundestag schon mit seinem Fall befasst hat. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage dreier Abgeordneter der Linkspartei vom vorigen September lässt sich ablesen, wie groß die Ermittlungsbehörden die Gefahr des lange nicht zu fassenden Autobahnschützen einschätzten: Jahrelange Ermittlungen hatten keinen erfolgversprechenden Ermittlungsansatz gebracht.

Da stellte man an sechs Stellen entlang der Autobahn Geräte auf, die automatisch alle Kennzeichen der vorbeifahrenden Fahrzeuge erfassten. Wurden entlang der kontrollierten Strecken keine neuen Schüsse bekannt, wurden die Daten binnen zehn Tagen wieder gelöscht.

„Die ergriffenen Maßnahmen wurden als ultima ratio sowohl im Hinblick auf die Ermittlung des Täters als auch im Hinblick auf den Schutz anderer Personen ergriffen“, schreibt die Bundesregierung zu den Bedenken von Datenschützern.

Sie betont zudem: Der Einsatz der Kennzeichenlesegeräte komme „nur bei schwerwiegenden Straftaten oder Gefahren in Betracht“ Offenbar steht nicht einmal genau fest, ob tatsächlich 50 bis 70 Millionen Kennzeichen insgesamt erfasst wurden, wie in manchen Medien zu lesen war. Gesichert ist nur eine Zahl: In der heißen Phase, in der der Autobahnschütze im Frühjahr 2013 mit einer größeren Waffe Kaliber 9 Millimeter feuerte, wurden an den sechs Messstellen an insgesamt 14 Tagen 3,8 Millionen Kennzeichen erfasst.

Zu ganzen 50 Kennzeichen, die in die nähere Auswahl kamen, „wurde aufgrund der kriminalistischen Bewertung der Halter ermittelt". Dies und der Abgleich von Handydaten führten schließlich zu dem Lkw-Fahrer in der Eifel.

Zu den kuriosen Begleiterscheinungen des Falles gehört, dass der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner den Verteidigern in einem Schreiben Bedenken über diese Art der Kennzeichen-Sammlung geäußert hat. Es gebe “für diese bundesweit erstmals eingesetzte Ermittlungsmethode aus Datenschutzsicht keine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.“

War die Kennzeichen-Erfassung verhältnisgemäß?

Das Würzburger Gericht hingegen betont, die Maßnahme nach Paragraf 100 h der Strafprozessordnung sorgfältig geprüft und für in Ordnung gehalten zu haben. Das bestätigt die Bundesregierung auf Anfrage der Linkspartei in der Drucksache 17/14794: „Der Einsatz war vom rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten geprüft und dem Landesparlament vorgetragen worden,“ heißt es da. „Es erfolgte keine Beanstandung.“

Ob die Kennzeichen-Erfassung verhältnisgemäß war, müssen nun wohl die höchsten Richter in Karlsruhe entscheiden.

Indessen herrscht in der Heimat von Michael K. nach wie vor ungläubiges Staunen darüber, was man ihrem Mitbürger Michael K. zur Last legt. Manche staunen auf verquere Art über den Mann, der in der DDR schon vierzehneinhalb Jahre Gefängnis verbüßen sollte, weil er mit Freunden bandenmäßig Autos, „am liebsten West-Schlitten irgendwelcher Partei-Bonzen“, gestohlen hatte.

Zehn musste er absitzen, eher er nach einer Amnestie freikam und in den Westen floh. Im 140-Seelen-Dorf Frohnrath, einem Ortsteil von Kall in der Eifel, kauften seine Eltern nach der Wende ein Haus. Kurz vor der Urteilsverkündung ist Michael Harry K. dort natürlich ein Thema. In lokalen Zeitungen sagen viele, die ihn gekannt haben, das Gleiche: Hilfsbereit sei er gewesen, der Micha, ein Eigenbrötler, der sich bei keinem Verein heimisch fühlte.

Ein Bastler, stolz auf sein handwerkliches Geschick, das ihm auch den Bau von Schalldämpfern erlaubte. „Für uns war der Michael einfach nur ein großes Kind“, sagt Nachbar Hermann-Josef Limburg, der auch Vorsitzender der Dorfgemeinschaft ist. „Der hat auf der Straße Fernsteuer-Autos fahren lassen und Böller gern schon lange vor Silvester krachen lassen.“ Im Grunde sei er ein anständiger Kerl, „der zwei Gesichter hat, aber wir kannten halt nur das eine.“

Von K.s Schießerei hat nie jemand etwas mitbekommen. Keiner ahnte, wie es in dem stillen Riesen kochte und zu welchen Mitteln er griff, um seine angestaute Wut abzureagieren, wenn er sonntagabends mit seinem blank gewienerten weißen 40-Tonner wieder auf Tour ging. Selbst sein ehemaliger Chef Bernd Kreutz, einer der beiden Geschäftsführer einer Spedition in Kalterherberg nahe der belgischen Grenze, sagt als Zeuge kein böses Wort über seinen Mitarbeiter. K. sei „grundsolide und einer meiner Besten“. Er durfte den Lkw vom Typ Actros steuern - mit mehr als 500 PS so etwas wie der Rolls-Royce unter den Lastzügen. „Samstags ist er verhaftet worden, montags sollte er den nächsten Wagen übernehmen. Der Micha bekam immer die neuesten Fahrzeuge.“

Spediteur Kreutz will K. in der Haft besuchen. „Der Micha soll mir sagen, warum er das wirklich gemacht hat. Krieg auf der Autobahn, das ist doch ein Schmarrn.“

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