Bekommen Bayerns Polizisten bald Elektroschock-Pistolen?
Werden bayerische Polizisten bald mit Elektroschockern ausgerüstet? Im Innenministerium wird das Szenario derzeit überprüft. Ein Ergebnis soll Ende des Jahres vorliegen.
Wird es für Polizisten im Einsatz ernst, bleiben drei Alternativen: Schlagstock, Pfefferspray oder die Ultima Ratio - die Schusswaffe. Dass hier eine große Lücke klafft, bemängeln Polizeiverbände schon seit Längerem. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordert immer wieder, Kollegen im Streifendienst mit Distanzelektroimpulsgeräten, sogenannten Tasern, auszurüsten.
In Bayern könnte nun Bewegung in die Debatte kommen. Im Freistaat werden die Elektroschock-Pistolen im Polizeidienst seit 2006 zwar schon eingesetzt, allerdings nur von den Spezialeinsatzkommandos (SEK). Aktuell wird nach einem Nachfolgemodell für den Taser X26 gesucht – und in diesem Zuge auch geprüft, inwieweit die Waffe beim alltäglichen Dienst zum Einsatz kommen könnte.
Im Innenministerium wurde im vergangenen Dezember eigens eine Arbeitsgruppe mit Polizeiexperten mit der Untersuchung beauftragt. „Dabei geht es um Einsatz-Möglichkeiten in den verschiedenen Bereichen - etwa bei der Bereitschaftspolizei - und deren Grenzen“, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage. Ein Ergebnis soll Ende des Jahres vorliegen.
Die Reaktionean auf den Vorstoß fallen geteilt aus. Von der DPolG kommt erwartungsgemäß Beifall. "Die Spezialeinheiten der Bayerischen Polizei verfügen bereits seit zehn Jahren über Taser und haben bei ihren Einsätzen ausschließlich positive Erfahrungen sammeln können", betont der Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Hermann Benker. Mit der Waffe lasse sich die beschrieben Lücke schließen und ein Angreifer aus sicherer Distanz sofort unschädlich machen.
Etwas zurückhaltender bewertet man das Thema beim zweiten Berufsverband, der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Tatsächlich fehlt bei der Ausrüstung ein Mittel, das wirksam auf Distanz eingesetzt werden kann“, sagt der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Bentele. „Ob das zwingend der Taser ist, muss die Untersuchung zeigen“.
Auch beim Innenministerium ist man skeptisch, ob die Elektroschockpistole für den Streifendienst geeignet ist. Dass diese bislang nur beim SEK zum Einsatz kommt, habe einen guten Grund, sagt Sprecherin Kathrin Fändrich. „Das liegt vor allem auch am hohen Schulungsaufwand sowie dem erforderlichen taktischen und konzeptionellen Vorgehen, um den Taser situationsangepasst und richtig anwenden zu können.“ Auch bei der GdP hat man Vorbehalte, wie ein Einsatz in „hektischen Situationen“ in der Praxis abläuft.
50.000 Volt aus der Pistole
Laut dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) sind Elektroimpulsgeräte als Waffen zugelassen - und stehen damit auf einer Stufe wie Schlagstock, Pistole oder Maschinengewehr. Weltweit ist der Einsatz aber umstritten. Gerade in den USA, wo Taser zur Polizeiausrüstung zählen, gibt es immer wieder Meldungen über angebliche Todesfälle bei oder in der Folge von Einsätzen.
"Ein Taser ist kein harmloses Mittel, mit dem man jemanden kurz betäubt", sagt Christine Kamm. "Ein Einsatz kann durchaus schwere gesundheitliche Folgen haben, bis hin zum Todesfall." Die Landtagsabgeordnete der Grünen warnt davor, die Elektroschockpistolen als "Allheilmittel" für schwierige Polizeieinsätze zu sehen.
Eine Elektroschockpistole feuert mehrere Projektile mit Widerhaken auf das Ziel ab. Die Reichweite beträgt etwa fünf Meter. Über dünne Drähte werden dann Stromstöße mit einer Spannung von bis zu 50.000 Volt übertragen. Folge: Die Muskeln verkrampfen, das Opfer wird für mehrere Sekunden bewegungsunfähig.
Beim Hersteller des Teaser X26, dem US-Unternehmen Teaser International, klingt das so: „Der Taser schaltet das zentrale Nervensystem vorübergehend aus, beschränkt damit die Kontrolle über Muskeln. Es überwältigt selbst die aggressivste Person und ist effektiv bei Personen unter Drogen- oder Alkoholeinfluss.“
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