Flüchtlinge klettern von Bäumen - Nach Gespräch mit OB zufrieden
Bei eisigen Temperaturen harrten hungerstreikende Flüchtlinge in München die Nacht auf Bäumen aus. Am Morgen kletterten sie herunter - bereit zum Gespräch mit OB Reiter.
Die Lage der Asylbewerber am Sendlinger Tor hatte sich am Mittwoch bei winterlichen Temperaturen zugespitzt, nachdem die Flüchtlinge angekündigt hatten, ihren Hungerstreik auszuweiten und nun auch nichts mehr zu trinken. Nach Angaben des Leiters des Kreisverwaltungsreferats, Wilfried Blume-Beyerle, bestand die Gefahr, dass sie im Schlaf in einen "komatösen Zustand" fallen könnten.
500 Polizisten rückten zum Camp der hungerstreikenden Flüchtlinge an
Die Polizei rückte am Mittwochabend mit 500 Kräften an, um das Camp zu räumen. Gegen 19 Uhr wurden im Bereich der Lindwurm- und der Sonnenstraße Verkehrssperrungen eingerichtet. Auch die Straßenbahn konnte nicht mehr fahren. Erst am Donnerstagmorgen wurden die Sperren aufgehoben; gegen 9.15 Uhr waren wieder alle Straßen und Schienen frei, teilte die Polizei mit.
Das Camp war nach relativ kurzer Zeit geräumt. Jedoch kletterten am Abend nach Polizeiangaben 14 Menschen auf Bäume. Mit Feuerwehrleitern und unter dem Schutz mehrerer Rettungskissen bemühten sich die Einsatzkräfte, die Flüchtlinge herunterzuholen. Letztendlich haben sieben Flüchtlinge die Nacht zum Donnerstag auf zwei Bäumen verbracht. "Es bestand ständiger Kontakt mit den Flüchtlingen", sagte Feuerwehrsprecher Stefan Kießkalt.
Die Einsatzkräfte gingen dabei behutsam vor: Kein Flüchtling wurde gezwungen vom Baum herunterzukommen. Immer wieder wurde eine Feuerwehrleiter in Position gebracht und jemand sprach mit den Protestierenden. Am Donnerstagmorgen kletterten sie nach längeren Verhandlungen herunter. Einer von ihnen kam wegen Unterkühlung in ein Krankenhaus.
Münchens OB diskutiert mit den hungerstreikenden Flüchtlingen
Zuvor hatten München Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) eine Stunde lang mit den Flüchtlingen über ihre Anliegen gesprochen. "Sie haben ihr Ziel erreicht: nämlich eine Diskussion anzustoßen", sagte Reiter.
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begrüßte das Ende des Hunger- und Durststreiks. "Die Gefahr für Leib und Leben war zu groß, die Gesundheit der Menschen muss absolute Priorität haben", teilte er mit. Der Minister kritisierte erneut die Vorgehensweise und "unerfüllbaren" Forderungen der Hungerstreikenden.
Runder Tisch mit Flüchtlingen und Politikern
Münchens Rathauschef Reiter sieht das Thema ganz oben auf der politischen Tagesordnung: "50 Millionen Flüchtlinge weltweit - das löst sich nicht von selbst." Den protestierenden Flüchtlingen bot er an, noch vor Weihnachten einen Runden Tisch mit Vertretern von Politik und Verbänden zu organisieren. "Sie haben mit der Aktion überzeugend dargelegt, dass Sie bereit sind, für Ihre Ziele zu kämpfen", sagte Reiter. "Wir brauchen einen Plan, um Flüchtlinge in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu integrieren."
Die Flüchtlinge zeigten sich nach der Diskussion mit Reiter zufrieden. Sie hoffen nun auf den Runden Tisch. Dort wollen sie ihre Anliegen erneut vortragen. Darüber hinaus waren sie froh, sich mit Tee aufwärmen und etwas essen zu können. "Es war unglaublich kalt", sagte einer von ihnen. "Wir waren so müde, aber wir waren alle stark genug, um durchzuhalten und für unsere Rechte zu kämpfen." dpa/AZ
Die Diskussion ist geschlossen.