Daimler leiht sich Tesla im Ries - und bringt ihn demoliert zurück
Autokonzerne leihen sich gerne Autos der Konkurrenz und nehmen sie unter die Lupe. Wie ein Mann aus Oettingen dabei zwischen die Fronten von Daimler und Tesla geriet.
Wer schon mal ein Auto gemietet hat, kennt möglicherweise dieses Gefühl der Unsicherheit: Bloß keinen Kratzer reinmachen, keine Delle – das wird teuer! Doch was für den Otto-Normal-Automieter gilt, muss noch lange nicht für jeden anderen gelten. Diese Erfahrung musste kürzlich Manfred van Rinsum aus Oettingen (Kreis Donau-Ries) machen – und zwar auf die harte Tour. Er verlieh ein 180.000 Euro teures Elektroauto und bekam dieses reichlich ramponiert wieder zurück. Wie sich herausstellte, hatte kein Privatmann den Tesla gemietet, sondern der Autoriese Daimler. Und dessen Tester nahmen den Wagen aus dem Haus der Konkurrenz offenbar ganz genau unter die Lupe. Zurück blieb ein demoliertes Auto, ein geschockter Besitzer und eine lange, unbezahlte Rechnung.
Manfred van Rinsum ist diplomierter Elektrotechniker und hat sich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin aus privatem Interesse und Geschäftssinn eine eigene, kleine Autovermietung aufgebaut: Sie kauften sich nach und nach vier Elektrofahrzeuge und vermieten diese seither nebenberuflich an Menschen, die gerne mal mit so einem Stromauto fahren wollen. „Das Geschäft läuft ganz ordentlich“, sagt van Rinsum.
Mehr als ordentlich war da das Angebot, das ihn im Frühjahr dieses Jahres erreichte. Da wollte doch tatsächlich der große Autovermieter Sixt das teuerste seiner Autos, einen Tesla „Modell X P100DL+“, mieten. Und zwar gleich sieben Wochen lang. „Wir haben uns gefreut, auch weil wir dachten, da könnte mehr daraus entstehen“, erinnert sich van Rinsum. Das dürfte sich mittlerweile erledigt haben. Denn das Geschäft endete in einem Desaster.
Von Daimler geliehen: In Barcelona wurde der Tesla getankt
Die ersten Zweifel kamen van Rinsum schon, als der Sixt-Vertreter im Namen seines nicht näher benannten Kunden überraschend spezielle Wünsche äußerte. Zum einen sollte es ein Tesla mit einer ganz besonderen Software sein, die zu diesem Zeitpunkt gerade erst in den USA vorgestellt worden war. Dann versprach der Unterhändler, dass das Auto in den sieben Wochen nicht mehr als 1500 Kilometer zurücklegen würde. „Ganz schön wenig für so einen langen Zeitraum“, sagte van Rinsum und ahnte, dass möglicherweise jemand aus der Automobilbranche Interesse an seinem Wagen hatte. Den Deal wollte er deswegen aber nicht platzen lassen und ließ sich alle Konditionen in einem Vertrag festhalten: maximal 1500 Kilometer, keine Testfahrten, kein Herumbasteln. Im Juli wurde der Wagen von einem Fahrdienst abgeholt.
Richtig stutzig wurde van Rinsum, als ihm die Software des Tesla kurze Zeit später meldete, dass der Wagen aufgetankt werde. In Barcelona. 1400 Kilometer von Oettingen entfernt. Daraufhin begann er zu recherchieren. Dank der in dem modernen Wagen installierten Technik fand er schnell heraus, wo sein Auto so unterwegs war. Auf dem Daimler-Gelände in Sindelfingen, auf einer Teststrecke bei Barcelona, in einer Werkstatt, in der offenbar munter am Tesla herumgeschraubt wurde. Van Rinsum war nervös: „Ich konnte ja nichts zu tun. Ich konnte ja schlecht nach Barcelona fliegen und mein Auto suchen und abholen.“ Ihm blieb nur, abzuwarten.
Daimler will sich zu Einzelfällen nicht äußern
Als ein Mitarbeiter eines Fahrdienstes den Tesla dann Ende August wieder nach Oettingen zurückbrachte, konnte van Rinsum seinen Augen kaum trauen. Die Reifen waren abgefahren, überall waren Kratzer, es fehlten Schrauben, kaputte Verkleidungsteile lagen im Fußraum oder waren notdürftig mit Klebeband an dem teuren Wagen fixiert. „Es hat über vier Stunden gedauert, alle Schäden aufzunehmen“, sagt van Rinsum. Ein Gutachter stellte Sachschäden in Höhe von 18.500 Euro fest. Der Wagen sei in der Zeit der Vermietung nicht nur intensivst auf Renn- oder Teststrecken genutzt, sondern offenbar auch zerlegt und mehr schlecht als recht wieder zusammengebaut worden.
„Wenn ich gewusst hätte, was die mit meinem Auto vorhaben, hätte ich ihn natürlich nie vermietet“, schimpft van Rinsum und versteht nicht, warum sich ein Konzern wie Daimler das Mietauto eines „Kleinstunternehmers aus dem Ries“ für Testzwecke ausleiht. Zumal die Angelegenheit für ihn erhebliche finanzielle Folgen hatte. Der beschädigte Tesla musste in die Werkstatt, zum Gutachter, er ist jetzt weniger wert, konnte nicht weiter vermietet werden, ein Ersatzwagen musste her – all das zusammen summiere sich laut Gutachten zu einem Schaden in Höhe von mehr als 80.000 Euro.
Dieses Geld hätte Manfred van Rinsum gerne. Doch Sixt will nur den reinen Sachschaden begleichen und überwies van Rinsum kommentarlos die errechnete Summe. Und Daimler räumt auf Nachfrage zwar ein, dass die Anmietung von Fahrzeugen für Vergleichsfahrten üblich sei. Zu Einzelfällen wolle man sich aber nicht äußern. Und für etwaige Schadensfällen sei ohnehin die Versicherung zuständig. Manfred van Rinsum will sich damit nicht zufriedengeben – gleichzeitig hält er es aber für wenig erfolgversprechend, gegen einen Milliardenkonzern wie Daimler vor Gericht zu ziehen.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Schlicht und einfach ein Paradebeispiel für Schmutzelein in der ach so seriösen Geschäftswelt.
Ein windiger Autovermieter - vermutlich wohl wissend was mit dem Leihgut passieren soll - riecht ein grösseres Geschäft und will mit Hilfe der Presse ein paar mehr Euro obendrauf verdienen. Die sensationsgeile Presse, einschl. des ach so seriösen Spiegel steigt drauf ein und macht eine Anti-Daimler-Story draus.
In der Summe bleibt übrig:
Daimler - Verlierer wegen dieser krummen Methoden
Sixt - Verlierer wegen Handlangerdienste
Presse - wegen Veröffentlichung eines halbseidenen Märchens
Vermieter - typische Raffkementalität und Streben nach Öffentlichkeit um scheinbar jeden Preis
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So nebenbei erfährt man, dass es scheinbar üblich ist, Wettbewerbsprodukte über Dritte auszuleihen und für eigene Zwecke zu untersuchen - d.h. ganz legale Werkspionage.
Und dazu erfährt man, dass Schweigen gegen Geld, das vermutlich als Aufwand steuermindernd abgesetzt werden kann, käuflich ist.
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In der Summe ein ganz tolle Geschichte, die die moralische Dimension auf das Einfachste reduziert beleuchtet.
Vielen Dank für die Aufklärung!
Eine treffende Zusammenfassung, bis auf einen Punkt: Wenn es sich um ein frei am markt verfügbares Produkt handelt, ist es kaum noch Spionage. Es steht jedem frei damit zu machen was man will, ob ins Kiesbett semmeln oder komplett zerlegen. Die massgeblichen Dinge sind sowieso schon längst durch Patente abgesichert. Ich finde es persönlich nur seltsam, warum ein Konzern wie Daimler das unbedingt mit fremden Eigentum machen muss. Die sollten die Karre doch locker kaufen können.
MB könnte kaufen, wenn die Kiste in D verfügbar wäre. In Tesla Foren wird tlw. die These vertreten, dass der X 100 D (also großer Akku) damals in Europa noch sehr selten war.
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US Import ist nicht ideal; US Teslas haben andere Stecker und können an europäischen Superchargern nicht aufgeladen werden. Umd so wie MB gefahren ist, werden die evtl. SCs brauchen
https://www.welt.de/wirtschaft/article171331184/Tesla-Besitzer-forderte-angeblich-Schweigegeld-von-Sixt.html
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Van Rinsum bestätigte auf Anfrage der WELT, dass es eine entsprechende NDA-Forderung („NDA“ stehe für „Non Disclosure Agreement" ) in der Rechnung gebe. Es handle sich jedoch um einen üblichen Vorgang bei Industrieverträgen.
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Ach diese diese "private" Tesla-Vermietung macht Industrieverträge? Schweigegeld klingt ja auch viel weniger elegant.
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Laut Sixt enthalten die 80000 “Schäden“ eine Position über 20000 Euro Schweigegeld, damit die Story nicht veröffentlicht wird. Das grenzt an Erpessung. Scheint also auch kein Kind von Traurigkeit, der Herr Vermieter. Die vollständige Gegendarstellung lässt sich googeln.
Oh ja wer Hätte gedacht das der gute so Betrogen wird ?? Die gute frau Six hat Bestimmt einen Neuen Pelz an dem verlei verdient