Darauf kann ich verzichten: Rolläden hochreißen
40 Tage Fastenzeit. Wir haben uns Gedanken gemacht, worauf man gut und gerne verzichten kann. Rolläden wären da ein Thema.
Es ist immer ein Angriff aus dem Hinterhalt der Stille, unvorhersehbar. Meistens am Samstag und Sonntag. Wenn die Stadt zur Ruhe gekommen ist und in den hellen Wohnstraßen am Vormittag nur die Schritte des arglosen Flaneurs leise widerhallen. Plötzlich, als stürze ein Mietshaus zusammen oder als starte Kim Jong Uns Klapperrakete, zerreißt ein jähes Geräusch die Luft und das friedliche Gefüge der Welt.
Ratsch! Die Schlimmste aller Attacken, widerlicher als jeder Knall, als jede Sirene. Jemand hat seinen Rollladen hochgerissen. Sich an den Gurt gehängt wie der Glöckner von Notre Dame. Warum muss das immer so aggressiv und gnadenlos geschehen? Welche Botschaft steckt hinter der demonstrativen Geste des rasanten Hochrasselnlassens von Rollläden? Ist das die Verdrossenheit von Menschen, die sich der Sonntagsleere stellen müssen? Ist das hektische, scharfkantige Hochreißen unter maximaler Lärmerzeugung eine Form der Selbstbeschwörung: Jetzt ist Tag und ich bin munter? Solange es Rollladenhochreißer und Rolladenhochreißerinnen gibt, wird die Stadt nie der perfekte Ort sein, der sie sein könnte.
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