Das Klima in der Union: Unter dem Gefrierpunkt
Beim Treffen der Landesgruppe in Seeon herrscht Eiseskälte – wie zwischen den beiden Unionsparteien. Die CSU strotzt vor Selbstbewusstsein. Und dennoch gibt es versöhnliche Töne.
Das „Wildbad-Kreuth-Gefühl“ stellte sich am Ende der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten in Kloster Seeon dann doch noch ein: Die Temperaturen waren auf klirrende 18 Grad unter dem Gefrierpunkt gesunken, gleißende Wintersonne setzte das verschneite Chiemgau samt CSU-Prominenz ins rechte Licht. Und die strotzte mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst nur so vor Selbstbewusstsein. Doch wie die Temperaturen in Seeon ist auch das Klima in der Union unter dem Gefrierpunkt.
Von der Forderung nach einer Flüchtlingsobergrenze rücken die Christsozialen keinen Millimeter ab. Parteichef Horst Seehofer schwor die Bundestagsabgeordneten hinter den Mauern des ehemaligen Benediktinerklosters, wo die Klausur erstmals stattfand, auf seinen unnachgiebigen Kurs ein.
"Weitgehende Einigkeit" in fast allen Fragen mit CDU
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sieht das Verhältnis zur Schwesterpartei CDU dennoch nicht unter dem Gefrierpunkt. Im kalten Seeon wurde auch deutlich, dass es abseits vom Obergrenzen-Streit durchaus noch Restwärme innerhalb der Union gibt. Von „weitgehender Einigkeit“ in fast allen Fragen spricht Hasselfeldt. Und in der Flüchtlingsfrage werde man sich weiter intensiv um eine Lösung bemühen. „Doch es bleibt schon spannend“, räumte Hasselfeldt ein, die letztmals Gastgeberin der Klausur war, weil sie im Herbst nicht mehr für den Bundestag kandidiert. Hinter einem für Februar geplanten Spitzentreffen der beiden Parteien stehen weiter viele Fragezeichen.
Doch auch auf Seiten der CDU wird trotz des Dauerkonflikts das „grundsätzlich gute Verhältnis“ betont. Bundestagspräsident Norbert Lammert, christdemokratischer Ehrengast in Seeon, hat jedenfalls keine Sorgen um den Zusammenhalt von CDU und CSU: „Ich bin vielleicht zu lange dabei, um die gegenwärtige Auseinandersetzung für so exzeptionell zu halten, wie es gelegentlich geschrieben wird. Deswegen ist, gestählt durch etwa 40 Jahre Erfahrung im Umgang der beiden Schwesterparteien, meine Zuversicht ungebrochen, dass wir auch in den nächsten Bundestagswahlkampf in geschlossener Formation und mit gemeinsamen Vorstellungen gehen werden“, sagte Lammert.
Eine dieser gemeinsamen Vorstellungen ist laut Gerda Hasselfeldt auch, das Bekenntnis zur deutschen Sprache ins Grundgesetz aufzunehmen. Nur auf Basis der gemeinsamen Sprache könne die Integration von Flüchtlingen auch gelingen.
Müller will "Marschallplan" für Afrika
Die CSU will in der Flüchtlingsfrage zwar einerseits auf eine harte Hand bei der Begrenzung des Zustroms setzen, andererseits aber auch die Fluchtursachen in den Herkunftsländern eindämmen. So kündigte Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, gegenüber unserer Zeitung an, er werde noch im Januar einen „Marschallplan für Afrika“ vorstellen. Echte Partnerschaft auf Augenhöhe in den Bereichen Wirtschaft und Bildung statt Entwicklungshilfe nach dem Gießkannenprinzip sei die Devise. Um die Flüchtlingsströme wirksam einzudämmen, führe kein Weg daran vorbei, die Perspektiven in den Herkunftsländern zu verbessern. Mit der Aufnahme weiterer Millionen von Flüchtlingen in Deutschland sei Afrika nicht geholfen. Außerdem regt Müller die Schaffung einer Freihandelszone Europas mit nordafrikanischen Staaten an.
Die Sicherheit als dominierendes CSU-Wahlkampfthema steht nicht allein im Zusammenhang mit Flüchtlingschaos und Terrorgefahr. Auch die steigende Zahl an Wohnungseinbrüchen sei nicht hinnehmbar, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei der Klausur. Herrmanns Auftritt in Seeon befeuerte Spekulationen, er könnte die CSU als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf führen. Und im Falle eines Wahlsiegs der Union den Posten des Bundesinnenministers reklamieren. Sogar als Nachfolger Horst Seehofers als Parteichef ist der Franke offenbar im Gespräch. Auf Nachfrage sagte Herrmann, er werde sich derzeit nicht zu Personalfragen äußern.
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