Das Problem der Waldbesitzer mit den Mountainbikern
Der Wald bietet Mountainbikern ideale Bedingungen, in anspruchsvollem Gelände ihre Grenzen auszuloten. Konflikte bleiben nicht aus. Forstbesitzer wollen da nicht länger zuschauen
Herr von Butler, gönnen Sie den Mountainbikern nicht, dass sie sich im Wald austoben?
Carl von Butler: Doch – von ganzem Herzen. Selbst habe ich zwar kein Mountainbike. Dennoch ist das absolut in Ordnung. Im Übrigen sind die Waldbesitzer in Deutschland die Einzigen, deren Produktionsstätte für die Öffentlichkeit frei zugänglich ist. In keinem anderen Unternehmen werden sie das erleben.
Das hat doch aber nichts mit der Großherzigkeit der Waldbesitzer zu tun, sondern mit gesetzlichen Vorgaben.
Von Butler: Das stimmt schon. Aber wir stehen auch hinter der Regelung. Meistens haben ja nicht die Waldbesitzer mit den Mountainbikern Probleme, sondern die Wanderer. Im bayerischen Naturschutzgesetz haben Fußgänger Vorrang. Daran hält sich leider nicht jeder Mountainbiker, der durch den Wald fährt.
Warum mischt sich dann der Waldbesitzerverband ein, wenn die Konfliktlinie zwischen anderen Gruppen verläuft?
Von Butler: Die meisten Begegnungen zwischen Menschen, die zu Fuß und auf dem Mountainbike im Wald unterwegs sind, verlaufen völlig problemlos. Wer umsichtig fährt, erkennt früh genug eine Wandergruppe, macht rechtzeitig auf sich aufmerksam und fährt im Schritttempo um die Leute. Das ist mustergültig und entspricht den Empfehlungen von Fahrradverbänden. Aber es gibt auch schwarze Schafe, die ohne Rücksicht auf Verluste durchbrettern. Mit Tempo 40 oder 50 kann man, sollten Wanderer unvermittelt auftauchen, nicht mehr rechtzeitig bremsen. Und wenn es dann Verletzte gibt, rege ich mich schon auf. Denn das wäre definitiv vermeidbar gewesen.
Dennoch: Bauschen Sie da nicht ein Problem, das vereinzelt auftreten mag, auf?
Von Butler: Zunächst einmal: Die Zwischenfälle mit Wanderern und Mountainbikern werden statistisch nicht erfasst. Und wenn Sie die bloßen Zahlen betrachten, dass rund 700000 privaten Waldbesitzern in Bayern, für die unser Verband steht, etwa 2,5 Millionen Hektar Wald gehört, dann mag das so scheinen. Wenn ich aber 20 Fälle im Allgäu, weitere 20 im Chiemgau, 50 im Bayerischen Wald bis hoch in die Oberpfalz und 10 Fälle im Spessart zusammenzähle, habe ich mit 100 Eigentümern und deren Ärger zu tun. Das muss nicht sein.
Das Gesetz regelt eindeutig, dass Radfahren auf freien Wegen grundsätzlich erlaubt ist. So hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erst vor kurzem geurteilt. Und das Umweltministerium präzisierte noch, dass hierzu grundsätzlich das Radfahren im Wald auf geeigneten Wegen gehört, sofern dies der Erholung und nicht kommerziellen Zwecken dient.
Von Butler: Die angebliche Präzisierung bringt nicht viel. Was sind denn „geeignete Wege“? Ich hätte mir da eine genauere Definition gewünscht und nicht so eine schwammige Formulierung. In Baden-Württemberg ist das eindeutig: Da muss der Weg im Wald mindestens zwei Meter breit sein, damit Mountainbiker fahren dürfen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Diese Mindestbreite finde ich etwas unglücklich, da ich mir sicher bin, ein schmalerer Weg reicht bei entsprechender Rücksichtnahme auch aus. Aber Trampelpfade oder Rückegassen sind wirklich nicht geeignet. Hier kann Wanderern der vorgeschriebene Vorrang nicht mehr eingeräumt werden. Deshalb haben die Radfahrer auf diesen Strecken nach meinem Dafürhalten auch nichts zu suchen. Und selbst ein breiter Weg ist nicht geeignet, falls durch die Benutzung die Erosion begünstigt wird.
Sie gehen aber noch weiter – und empfehlen Waldbesitzern, Abfahrtsrampen und ähnliche Anlagen, die Biker für Bergabfahrten bauen, sofort zu zerstören. Ist das nicht Aufforderung zur Sachbeschädigung?
Von Butler: Mancherorts werden regelrecht wilde Parcours angelegt. Sollte sich hier ein Unfall ereignen und es kann belegt werden, dass der Waldbesitzer wissentlich diese Anlagen geduldet hat, kann er dafür in die Haftung genommen werden.
Also Aufforderung zur Sachbeschädigung?
Von Butler: Ich kann nicht erkennen, dass die aufgebauten Hindernisparcours das Eigentum von jemandem sind. Insofern liegt auch keine Sachbeschädigung vor. Noch nie wurde etwas geltend gemacht.
Könnte sich das Problem in Zukunft noch verschärfen?
Von Butler: Dieser Ansicht bin ich. Die Technik schreitet voran. Mit Fahrrädern können Sie inzwischen auch problemlos in 2000 Metern Höhe über Stock und Stein fahren.
Und wie könnte eine Lösung aussehen?
Von Butler: Ich appelliere an die Verantwortung des Einzelnen anderen gegenüber. Eine Änderung des Naturschutzgesetzes strengen wir nicht an. Wir setzen auf eine Vereinbarung der Waldbesitzer mit den Verbänden, die Mountainbiker vertreten, und dem Umweltministerium.
Wie weit sind Sie da?
Von Butler: Hm, da gibt es die Theorie und die Praxis. In der Praxis geht es gerade erst los. In der Theorie gibt es so etwas schon seit dem Jahr 2000. An der Umsetzung aber hakt es gewaltig. Den Schritt in die Praxis hat es im Prinzip nie gegeben.
Und jetzt soll’s besser funktionieren?
Von Butler: Da bin ich zuversichtlich. Auch unter den Waldbesitzern gibt es genügend Leute, die gerne Rad im Wald fahren. Wenn sich ein paar Mountainbiker zusammentun und den Waldbesitzer informieren, wenn sie einen Parcours bauen wollen, den sie auch warten und für dessen Risiko sie haften, dann wird es auch Lösungen geben. "
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