Der Herr der Zahlen schweigt
Abgeordnete ärgern sich über Finanzminister Markus Söder (CSU).
München Die Herrschaft über die Staatskasse in Bayern hat – so steht es in der Verfassung – der Landtag, nicht der Finanzminister. Trotzdem müssen die Abgeordneten im Haushaltsausschuss des bayerischen Landtags nach der bundesweiten Steuerschätzung immer besonders lange warten, bis das Ministerium die aktuellen Zahlen für Bayern vorlegt. Das sorgt vor allem jetzt im Herbst für einigen Unmut, weil die Abgeordneten während der laufenden Haushaltsverhandlungen doch gerne etwas genauer wüssten, wie viel Geld es kommendes Jahr zusätzlich zu verteilen gibt.
Der Ärger geht offenkundig quer durch alle Fraktionen. SPD, Freie Wähler, Grüne und auch die FDP kritisieren die zögerliche Informationspolitik. Nicht einmal der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Georg Winter (CSU), nimmt seinen Parteifreund, Finanzminister Markus Söder (CSU), in Schutz. Winter übt sich in schwäbischer Zurückhaltung: „Das, was mir dazu einfällt, das sage ich jetzt nicht.“
Große Länder wie Hessen, Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz haben ihre zu erwartenden Mehreinnahmen bereits veröffentlicht. In Bayern wird, wie Markus Reichhart (Freie Wähler) es formuliert, vermutlich noch einige Tage ein „Staatsgeheimnis“ daraus gemacht.
Über die tieferen Ursachen des anhaltenden Schweigens wird fleißig spekuliert. Reichhart mutmaßt: „Es kann parteipolitisch motiviert sein oder auch dem Selbstschutz des Ministers dienen, um nicht zu viele Begehrlichkeiten zu wecken – auch in den eigenen Reihen.“
Der Vizechef des Haushaltsausschusses, Volkmar Halbleib (SPD), hat in der Vergangenheit schon zweimal beim Ministerium nachgehakt und stets zur Antwort bekommen, dass man in Bayern eben besonders gründlich nachrechne. Zufrieden ist er mit dieser Antwort nicht. Er vermutet: „Die Informationspolitik ist wohl im Augenblick schon im Wahlkampf-Modus.“
Claudia Stamm (Grüne) sieht das ähnlich: „Ich mache mir darauf den Reim, dass offenbar das Ministerium immer mehr Ressourcen in PR- und Öffentlichkeitsarbeit stecken muss und nicht in seine eigentliche Arbeit.“ Sogar aus den Reihen des Koalitionspartners FDP kommt verhaltene Kritik. Karsten Klein, Vizechef der FDP im Landtag, sagt: „Ich bin der Meinung, die Veröffentlichung der Zahlen muss genauso schnell gehen wie in anderen Bundesländern auch. Das bayerische Finanzministerium ist doch nicht schlechter als das hessische oder baden-württembergische.“
Dass auch einfache Fragen dort offenbar gründlicher geprüft werden als anderswo, bestätigte sich gestern allerdings erneut. Eine Antwort, warum die Berechnung der zu erwartenden Steuermehreinnahmen so lange dauert, war bis zum frühen Abend nicht zu erhalten.
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