Die CSU mag nicht über Integration reden
Beim Streit um das Integrationsgesetz sind die Fronten im Landtag verhärtet. Die CSU überlässt der Opposition das Reden - die eine Marathondebatte erzwingen will.
Der CSU im Landtag ist die Lust, über „Leitkultur“ und Integration zu diskutieren, offenbar gründlich vergangen. Jetzt wollen SPD und Grüne sie dazu zwingen.
In der Endberatung des heftig umstrittenen bayerischen Integrationsgesetzes im Ausschuss für Recht und Verfassung überließ die Regierungsfraktion das Reden am Dienstag fast komplett ihren Kritikern von SPD und Grünen. Offizielle Begründung: Es seien immer wieder dieselben Fragen, die nun mittlerweile schon im fünften Fachausschuss des Landtags gestellt würden.
Den Einwand ihrer Kritiker, dass diese Fragen bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet seien, ließen die Abgeordneten der CSU ins Leere laufen. Sie nahmen die Kritik zunächst nahezu widerspruchslos hin, lehnten dann aber reihenweise die Änderungsanträge der Opposition ab. Damit ist der Boden für ein parlamentarisches Spektakel der besonderen Art bereitet: Am 8. Dezember, wenn das Gesetz im Plenum verabschiedet werden soll, wird es wohl zu einem Filibuster kommen – einer Marathondebatte, wie man sie aus dem amerikanischen Kongress kennt.
Integrationsgesetz: CSU beharrt auf dem Begriff "Leitkultur"
Wie verhärtet die Fronten im Streit um das Integrationsgesetz sind, zeigte sich in den vergangenen Monaten schon mehrfach. Die CSU beharrt auf ihrem Begriff der „Leitkultur“. Zuwanderer müssten dazu verpflichtet werden, sie zu beachten. SPD und Grüne, aber auch Vertreter der Kirchen und Integrationsexperten lehnen diesen Begriff ab. Die Achtung des Grundgesetzes und der bayerischen Verfassung ist aus ihrer Sicht als Forderung an Zuwanderer zum einen selbstverständlich, zum anderen aber auch völlig ausreichend. Umstritten ist zudem, ob der Freistaat überhaupt die gesetzgeberische Kompetenz hat, Zuwanderern Pflichten aufzuerlegen, die über die Bundesgesetze hinausgehen, und Verstöße mit Sanktionen zu bedrohen.
Außerdem wird heftig um die grundsätzliche Stoßrichtung des Gesetzes gerungen. Dass es der Staatsregierung mit ihrem Integrationsgesetz vor allem darum geht, „die identitätsbildende Prägung unseres Landes (Leitkultur) im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zu wahren und zu schützen“, kritisieren SPD und Grüne als den Versuch, statt die Integration der Zuwanderer zu unterstützen, ihre „Assimilation“ vorschreiben zu wollen – also eine komplette Anpassung an heimische Sitten und Gebräuche durchzusetzen, ohne im Einzelnen erklären zu können, was das denn nun genau bedeuten soll. Dies könne als Angriff auf die Meinungs- und Religionsfreiheit gewertet werden.
CSU beteiligt sich kaum noch an Debatte
Der Versuch von SPD und Grünen, die CSU-Abgeordneten im Rechtsausschuss zu einer inhaltlichen Debatte zu zwingen, ist misslungen. Nur vereinzelt meldeten sich Abgeordnete der Regierungspartei zu Wort. Sie überließen es dem Vertreter der Staatsregierung, Ministerialdirektor Markus Gruber aus dem Sozialministerium, das Gesetz zu verteidigen.
Auch der beißende Spott des SPD-Abgeordneten Hans Ulrich Pfaffmann konnte sie nicht aus der Reserve locken. Er hielt der CSU-Fraktion ihre „Sprachlosigkeit“ vor und konfrontierte sie mehrfach mit dem Verdacht, von dem Gesetz der Staatsregierung in Wahrheit gar nicht überzeugt zu sein. „Das ist eine Auftragsarbeit, sonst gar nix“, sagte Pfaffmann. Die Grünen-Politikerinnen Christine Kamm und Ulrike Gote forderten die CSU mehrfach auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Florian Streibl (Freie Wähler) warnte die CSU davor, eine Chance zu verpassen. Doch auch sie bekamen keine ernsthafte Antwort.
Damit wird es, wie die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Markus Rinderspacher und Margarete Bause, auf Anfrage bestätigten, erstmals seit rund einem Jahrzehnt wieder zu einer „sehr ausführlichen Debatte“ kommen – beim letzten „Filibuster“ ging es bis in den frühen Morgen um den Sparhaushalt in Bayern.
Die Diskussion ist geschlossen.