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Prozess in Würzburg
30.08.2014

Die Rache des Autobahn-Schützen

Der Fernfahrer Michael K. soll über Jahre hinweg vom Lenkrad aus auf andere Fahrzeuge geschossen haben.
Foto: Daniel Karmann, dpa

Jahrelang verbreitet Michael K. auf Deutschlands Straßen Angst und Schrecken. Wenn es ihm danach ist, schießt er einfach. Nun steht er wegen versuchten Mordes vor Gericht.

Diese Skrupellosigkeit würde man dem übergewichtigen Mann mit der nuschelnden Stimme, dem Schnauzbart und dem goldenen Ring im Ohr gar nicht zutrauen. Manchmal dauerte es ja auch viele Tage, bis Lkw-Fahrer Michael K. wieder der Drang überkam, aus dem Führerhaus auf andere Verkehrsteilnehmer zu schießen. An anderen Tagen nahm der 58-Jährige vier Ziele hintereinander ins Visier: Seitenscheibe runter, mit links gelenkt, mit rechts geschossen.

Ein harmlos wirkender Lkw-Fahrer aus der Eifel

Michael K. soll jener Autobahnschütze sein, der jahrelang Angst und Schrecken auf Deutschlands Autobahnen verbreitete. Als das Bundeskriminalamt mit seinem Fahndungsapparat die Suche schließlich koordinierte, geriet der Mann aus einem kleinen Dorf in der Eifel ins Fadenkreuz. Ein harmlos wirkender, für seine Zuverlässigkeit geschätzter Lkw-Fahrer.

Auf Menschen will K. nie bewusst gezielt haben. Immer nur auf die Ladung hinten im Fahrzeug. Aber tödliche Zufallstreffer auf Menschen waren stets möglich – vor allem, seit der Autobahnschütze 2010 vom kleineren Kaliber .22 auf größere vom Durchmesser neun Millimeter umrüstete.

Über 700 Mal soll Michael K. auf andere Fahrzeuge geschossen haben

Binnen vier Jahren soll Michael K. über 700 Mal auf andere Fahrzeuge geschossen haben, am liebsten auf Autotransporter. Angeblich aus Rache dafür, dass ihn ein Transporter einst fast von der Straße gedrängt hatte. So lässt es sich der Anklageschrift entnehmen, die seit Anfang August Grundlage des bundesweit beachteten Prozesses gegen K. am Landgericht Würzburg ist.

Am 10. November 2009 muss die Schießwütigkeit in ihm besonders groß gewesen sein. Da war der Lkw-Fahrer in seinem rollenden Schießstand auf der 190 Kilometer langen Strecke zwischen Pommersfelden bei Bamberg und dem Mönchshof-Dreieck bei Frankfurt am Main unterwegs.

Die Pistole Marke Eigenbau lag im Airbagkasten

Er holte die Pistole mit Schalldämpfer aus dem Versteck im Lenkrad, wo normalerweise der Airbag untergebracht ist. Dann schoss er beim Überholen und Sich-wieder-Zurückfallenlassen allein viermal auf ein und denselben Lastzug, der in dieselbe Richtung fuhr wie er. Dazwischen ballerte er mit der Pistole Marke Eigenbau, die er immer wieder einzeln nachladen musste, auf drei Autotransporter im Gegenverkehr.

Sein Schuss auf einen vierten verfehlte nahe der Raststätte Würzburg sein Ziel. Diese Kugel hätte um ein Haar die Autofahrerin Petra B. getötet. Sie zerschmetterte die Seitenscheibe, traf die Frau im Nacken, nur Zentimeter von der Wirbelsäule entfernt. Mit viel Glück lenkte die erschrockene Frau ihren Skoda an die Mittelleitplanke und kam dort zum Stehen.

Nur um Zentimeter verfehlt seine Kugel die Wirbelsäule einer Autofahrerin

Dieser Fall ist jetzt der Grund dafür, dass Michael K. wegen versuchten Mordes – in diesem und vier ähnlich gelagerten Fällen – auf der Anklagebank sitzt. Gerade zu Prozessbeginn ist der Medienandrang groß, schließlich hat die Suche nach dem Autobahnschützen jahrelang für Schlagzeilen gesorgt, sogar die ZDF-Fahndungssendung „Aktenzeichen XY...ungelöst“ beschäftigt und das Bundeskriminalamt zu einer der aufwändigsten Ermittlungen seiner Geschichte veranlasst.

Im Prozess druckst Michael K. erst ein wenig herum, wird aber zunehmend sicherer bei dem Versuch, sich zu entschuldigen. Drei seiner Opfer nehmen an. Petra B. nicht. Schon seinen Brief aus der Zelle ließ sie unbeantwortet. „Die Schuld wird mich ein Leben lang begleiten,“ stand darin. Als sie im Zeugenstand sitzt, versucht er es erneut: „Ich habe nichts gegen Sie. Sie waren nie das Ziel meiner Tat.“

Das Opfer nimmt dem Täter seine Reue nicht ab

Doch das Opfer macht unmissverständlich deutlich, dass es dem Angeklagten die strafmildernde Reue nicht abnimmt. Schließlich habe er auch nach dem Schuss auf sie noch vier Jahre weitergemacht, statt aufzuhören. „Da hätten Sie genug Zeit dafür gehabt.“

Petra B. hat den Schuss körperlich gut überstanden. Aber „so etwas vergisst man nie wieder“. Wenn sie heute auf der Autobahn unterwegs ist, überkommt sie immer wieder die Erinnerung. „Jedes Mal, wenn man einen Lkw überholt, blickt man auf die Gegenseite.“ An einer finanziellen Entschädigung ist sie nicht interessiert: „Kein Geld der Welt kann das wieder gutmachen.“

Michael K. spricht von "Krieg auf der Autobahn"

In ersten Rechtfertigungsversuchen spricht Michael K. vom „Krieg auf der Autobahn“, von langen Lenkzeiten, verstopften Parkplätzen, mehreren angeblichen Überfällen auf ihn selbst, für die er Rache nehmen wollte – an Opfern, die er willkürlich wählte und die damit nichts zu tun hatten.

Einmal meldete sich der Drang zu schießen, nachdem seine Frau einen Strafzettel bekommen hatte. Da setzte er sich in seinen Pkw, fuhr durch das nächtliche Köln und ballerte auf geparkte Autos – angeblich erst, nachdem er sich vergewissert hatte, dass darin keiner saß.

Der Prozess hat viele bizarr anmutende Momente. Etwa den, als der Videofilm eines Autofahrers gezeigt wird, der 2009 auf der A3 unterwegs war – just zu der Zeit, als der Schütze bei Würzburg auf Petra B. feuerte. Der Film zeigt aber nur verschwommen ein Dutzend Lastwagen, die gerade überholt werden. Ob der von Michael K. dabei ist, lässt sich allenfalls erahnen.

Im Gefängnis in der DDR bearbeitete K. Waffen

Ein zweiter Film ist vom BKA. Darin wird die Situation des Schützen im Führerhaus bei der Schussabgabe nachgestellt. Als ein Polizist durch das geöffnete Seitenfester auf den Gegenverkehr zielt, überkommt manchen im Zuschauerraum ein Schaudern.

Das Gericht rätselt lange darüber, woher seine Kenntnisse im Waffenbau stammen. Am dritten Verhandlungstag überrascht der Angeklagte sogar seine Verteidiger mit einem überraschenden Geständnis: Als junger Mann habe er für den Diebstahl wertvoller Güter – darunter Autos – zwei Haftstrafen von insgesamt über 14 Jahren kassiert.

Damals lebte er in der DDR. Im Gefängnis habe er in einer speziellen Werkstatt arbeiten müssen, die er den „Souvenirladen“ Erich Honeckers nennt. Dort wurde an Schusswaffen gearbeitet, die als Geschenke für DDR-Staatsgäste gedacht waren. „Ich habe von meinem 23. bis zum 33. Lebensjahr in der JVA Brandenburg Waffen zerlegt, repariert, auch verschönert.“ Dabei habe er sich – auch aus Büchern – das nötige Wissen angeeignet. Nach zehn Jahren kam er nach eigenen Angaben im Rahmen einer Amnestie frei. 1989 floh er noch vor der Wende über Ungarn in den Westen.

Bei der Festnahme 2013 zeigt sich K. fast emotionslos

Der BKA-Beamte, der die Ermittlung leitete, schildert als Zeuge die Festnahme im Juni 2013. Es musste schnell gehen. Michael K. hatte offenbar bemerkt, dass er observiert wird. Ein Einsatzkommando überwältigte ihn am frühen Morgen zu Hause. Dem Beamten zufolge reagierte Michael K. fast emotionslos. „Es kam kein 'Was wollt ihr von mir? Was soll das?' Das hätte man eigentlich erwarten können.“

Während er verhört wurde, lief parallel die Durchsuchung bei seinem Arbeitgeber. „Ich habe keine Waffen und nicht geschossen,“ sagte K. zunächst. Schon wenig später wurde das als Lüge entlarvt. Beamte fanden einen Schießkugelschreiber sowie Munition der gesuchten Kaliber .22 und neun Millimeter.

K. sagte, er besitze das Gerät nur zur Selbstverteidigung. Dann entdeckten Polizisten in seinem Haus einen Holzblock, auf den er zur Probe mit den gesuchten Waffen geschossen hatte. Eine schnelle Analyse zeigte: Die Projektile aus dem Kugelfang stimmten mit Kugeln überein, die bei beschossenen Lkw sichergestellt worden waren.

Die beiden Waffen hatte K. in einer Thujahecke versteckt

Stunden danach konfrontierte der Kriminalbeamte Hans-Jürgen K. den Verdächtigen mit den Erkenntnissen. Da gab Michael K. auf. „Er gab sich einen Ruck und fasste den Entschluss, uns die Waffen zu zeigen,“ beschreibt der Chefermittler den entscheidenden Moment.

In einer Thujahecke auf seinem Grundstück zeigte er den Polizisten die zwei Pistolen, mit denen jahrelang auf deutschen Autobahnen geschossen worden war. Gut verpackt hingen sie in wasserdichter Verpackung in einer Astgabel. Sie waren so gut versteckt, dass Polizisten sie bei der Durchsuchung übersehen hatten, gibt der Ermittler zu.

Im Prozess nun gesteht der Angeklagte die Schüsse grundsätzlich, an Einzelheiten will er sich aber nicht mehr erinnern. Es gibt Mautdaten, die beweisen: Zu den Tatzeiten war sein Lkw häufig am Tatort. Es gibt Schmauchspuren im Führerhaus, dazu die Waffen, die zu den Projektilen passen. Selbst die Kritik an der gigantischen Sammlung der Kennzeichen – für die es laut Verteidigung keine Rechtsgrundlage gibt – prallt an Gericht und Staatsanwaltschaft schier ungerührt ab.

Für einen Mordversuch könnte K. mindestens zehn Jahre ins Gefängnis müssen

Folgen die Richter der Mordversuchs-Theorie der Anklage, dann deutet vieles darauf hin, dass Michael K. mindestens zehn Jahren Gefängnis entgegensieht. Gespräche, um das Verfahren abzukürzen, hat es noch nicht gegeben. Nach bisheriger Planung könnte um den 28. September herum ein Urteil fallen.

Michael K. macht nicht den Eindruck, als sei ihm das bewusst. Mit Fortschreiten des Prozesses wirkt er immer lockerer, während er am Anfang noch zu den Vorwürfen geschwiegen hat. Die Anerkennung für seine handwerklichen Fähigkeiten beim Bau von Waffen und Schalldämpfern könnten dazu beigetragen haben, ihm die Zunge zu lösen. Er ist erkennbar stolz, wenn davon die Rede ist.

K. war offensichtlich ein geschickter Handwerker

In der professionell eingerichteten Werkstatt in seinem Haus hat der geschickte Handwerker nicht nur an Waffen und Schalldämpfern Marke Eigenbau gearbeitet. Er reparierte auch Motoren von elektrischem Spielzeug, fertigte filigrane Modellbau-Autos sowie eine Mini-Schießbude.

Michael K., der in Untersuchungshaft etwa 30 Kilo an Körpergewicht verloren hat, wirkt nach vier Prozesstagen regelrecht erleichtert. Er beginnt, den Zeugen selbst Fragen zu stellen. Als am Richtertisch Waffen und Schalldämpfer begutachtet werden, lehnt er lässig an der Balustrade. „In meine Werkstatt habe ich keinen gelassen“, sagt er. „Das ist das Innenleben der .22er,“ erklärt er beim Blick auf beschlagnahmte Metallteile. Und: „Das ist Munition, die ich selbst gemacht habe.“

Zweifel des Gerichts lassen K. aufbrausen

Als das Gericht daran zweifelt, ob er wirklich so schnell geeignete Lkw im Gegenverkehr ausmachen und binnen Sekunden anvisieren konnte, wird er richtig sauer: „Wenn es nicht möglich gewesen wäre, einen Lkw so zu treffen, wüsste ich nicht, warum ich hier sitze.“

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