Die Schwaben rüsten auf: Nachfrage nach Waffenscheinen steigt
Immer mehr Bürger in Bayern wollen einen kleinen Waffenschein. In Schwaben scheint das Bedürfnis nach Sicherheit besonders groß zu sein.
Viele Menschen in Bayern scheinen verunsichert. Sie fühlen sich nicht mehr sicher – daheim und in der Öffentlichkeit. Gas- und Schreckschusswaffen sind seit Monaten gefragt wie nie. Um sie zu führen, benötigt man einen sogenannten kleinen Waffenschein. Die Folge: Die Nachfrage nach diesen Genehmigungen explodiert förmlich.
Wie eine aktuelle SPD-Anfrage der SPD-Landtagsabgeordneten Simone Strohmayr (Stadtbergen, Landkreis Augsburg) beim Innenministerium in München ergeben hat, wurden bayernweit im Jahr 2013 insgesamt 2228 kleine Waffenerlaubnisse ausgestellt, im Jahr 2015 waren es bereits 5748. Tendenz: steigend.
Nachfrage auch in Schwaben stark gestiegen
In Schwaben hat sich die Zahl der kleinen Waffenscheine prozentual noch mehr gesteigert als in Bayern insgesamt. Im Jahr 2013 waren es in Schwaben noch 335, 2015 wurden 886 ausgestellt. „Es scheint fast so, als würden sich die Menschen zunehmend bedroht fühlen“, gibt Simone Strohmayr zu bedenken.
Zumal die Zahl der Schreckschusswaffen in heimischen Schubladen ein Vielfaches der offiziell mit dem kleinen Waffenschein Registrierten beträgt. Zehn bis 15 Millionen Stück vermuten da Polizeiexperten bundesweit. Die Waffen dürfen allerdings nur im Notfall benutzt werden.
Tatsächlich, das zeigen Umfragen, sind auch die Bayern in den vergangenen Monaten ängstlicher geworden: Die vielen Flüchtlinge, der Terror von Paris, die Silvesternächte in Köln und Hamburg, die Zugattacke in Würzburg, das Attentat in Ansbach und der Amoklauf in München – all das hat Unsicherheit und Sorgen wachsen lassen.
Dies spiegelt sich auch in absoluten Zahlen der Schreckschusswaffen wider. Wie die Antwort auf die Anfrage Strohmayrs belegt, ist die Zahl der kleinen Waffenscheine im Freistaat binnen dreier Jahre um mehr als das 1,5-Fache angestiegen. Gab es zum 31. Dezember 2015 noch 49 370 kleine Waffenerlaubnisse, waren es zum 31. August 2016 bereits 75 250.
Kein Anstieg beim Missbrauch von Schreckschusswaffen
Man habe den Anstieg des kleinen Waffenscheins im Blick, versichert Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Es habe bisher keinen nennenswerten Anstieg beim Missbrauch mit Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit gegeben, so der Innenminister. Er will durch verstärkte Polizeipräsenz die Gewissheit geben, auf das Mitführen solcher Waffen verzichten zu können.
Damit ist er sich mit Experten einig, die in der Sparpolitik bei der Polizei einen Hauptgrund darin sehen, wieso viele Deutsche versuchen, sich selbst Sicherheit zu verschaffen – indem sie im Waffenladen einkaufen. Das Pfefferspray ersetzt für manche den Streifenpolizisten. Mittlerweile bieten sogar einige Baumärkte, Tankstellen oder Apotheken Pfefferspray an. „Die Unsicherheit fing nach Köln an“, erklärt Professor Borwin Bandelow das Phänomen. Menschen hätten das Gefühl, dass die Polizei ihnen nicht helfen könne. „Das führt zu einer Überreaktion“, so der Experte für Angsterkrankungen an der Uni Göttingen.
Der Besitz einer solchen Waffe habe den psychologischen Effekt, dass Menschen sich sicherer fühlten. Simone Strohmayr fordert daher: „Genau an diesem Punkt muss die Regierung ansetzen.“ Ihre Aufgabe sei es, noch besser als bisher dafür zu sorgen, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist und sich die Menschen nicht bedroht fühlen.
Übrigens: Eine Schreckschusspistole ist im Fachhandel oder im Internet schon für 150 Euro zu haben, das Reizgasspray für 15 Euro. Allein in Bayern gibt es mehr als 1000 Waffenläden, deren Geschäfte florieren. Der Umsatz sei gut, heißt es beim Bundesverband deutscher Waffenfachhändler.
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