Die ersten Schüsse waren tödlich
SEK-Beamter schildert Einsatz beim „Reichsbürger“
Beim Polizeieinsatz gegen den „Reichsbürger“ aus Georgensgmünd trafen laut Aussage eines beteiligten Beamten bereits die ersten Schüsse seine Kollegen. Die beiden Beamten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) seien von der Tür weggetaumelt, Kollegen hätten das Feuer erwidert, schilderte der Polizist gestern als einer von mehreren Zeugen vor dem Landgericht in Nürnberg. Der 49-jährige Todesschütze muss sich seit Dienstag wegen Mordes und versuchten Mordes verantworten.
Zunächst sei weiter geschossen worden; es habe „Splitterregen“ und Dampf gegeben. Dann sei ein kurzer „Moment des Innehaltens“ gefolgt, sagte der Zeuge. „Alle haben sich orientiert und geschaut, was los ist.“ Er habe seinen schwer verletzten Kollegen, der später starb, angesprochen und gefragt, wie es ihm gehe. Der Zeuge stockte bei seiner Schilderung mehrfach und musste tief durchatmen. Nach einer kurzen „Chaos-Phase“ sei der Angeklagte aus der Wohnung gekommen, habe eine weiße Schutzweste und eine Unterhose oder kurze Hose getragen.
Wie viel Zeit zwischen dem letzten Schuss und dem Moment verging, als der „Reichsbürger“ aus der Wohnung trat, konnte der Zeuge nicht sagen. Mit Kollegen habe er den Angeklagten abgeführt, der wie alle „Reichsbürger“ die Bundesrepublik nicht als Staat anerkennt und Grundgesetz, Behörden sowie Gerichten die Legitimität abspricht. Das spätere Todesopfer sei die Treppe im Haus hinuntergetaumelt. Der Zeuge habe ihn nach draußen begleitet, wo dieser zusammengebrochen sei.
Mit Schüssen durch die geschlossene Tür hätten sie nicht gerechnet, sagten er und weitere Kollegen. „Wir wussten zwar von Waffen, die Schüsse waren aber überraschend.“ Die Polizisten berichteten, während des Einsatzes habe vor dem Haus ein ziviler Einsatzbus mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn gestanden. Zudem hätten sich die Beamten mit Rufen wie „Achtung Polizei“ zu erkennen gegeben.
Laut Anklage schoss der 49-Jährige bei dem Routineeinsatz im Oktober 2016 elfmal auf die Beamten. Neben dem toten 32-Jährigen wurden zwei weitere verletzt. Bei dem Einsatz sollten die rund 30 Waffen des Hobbyjägers beschlagnahmt werden, weil er bei den Behörden als nicht zuverlässig galt. Aus Sicht der Verteidigung wusste der Angeklagte nicht, dass es sich um einen Polizeieinsatz handelte. Er sei von einem Überfall ausgegangen und habe aus Notwehr gehandelt. (dpa)
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