Die wohl schillerndste Figur der bayerischen Jägerschaft
Konrad Esterl war Bayerns jüngster Wildmeister. Er betreute als Berufsjäger Reviere im Spitzinggebiet und im Ebersberger Forst. Erlebnisse eines passionierten Waidmanns
Augsburg Er ist die wohl schillerndste Figur der bayerischen Jägerschaft, er ist leidenschaftlicher Volkssänger und erfolgreicher Buchautor, den Lockruf des Hirsches beherrscht er wie kaum ein anderer. In sechs Bänden hat Konrad Esterl Erinnerungen und Erlebnisse aus seiner 40-jährigen Laufbahn als Berufsjäger und Wildmeister festgehalten, er hat sie mal tragisch, dann wieder humorvoll geschildert. Jetzt, pünktlich zu seinem 75. Geburtstag, ist sein, wie er sagt, letztes Buch erschienen: „Auf’m Berg oder im Tal – gjagert hab i überall.“
Es ist die unnachahmlich bayerisch-liebenswürdige Erzählweise, mit der Esterl nicht nur in seinen Büchern, sondern auch im Gespräch fesselt. Und der Mann hat einiges zu erzählen. Der Oberbayer, in Schliersee am Fuße der Brecherspitze zu Hause, hat viel gejagt in seinem Leben – auf Gams, Hirsch, Sau, Bock und Hahnen. Er hat zahllose Jäger, prominente und weniger prominente, auf der Pirsch geführt und er hat stets seine Bewunderung für die unberührte Natur am Berg zum Ausdruck gebracht. „Es ist ein Leben in der Natur, mit der Natur und für die Natur“, sagt er selbst.
In Grainau, dort wo sich Jahre später Bär Bruno herumdrückte, hat der Esterl Koni, wie ihn seine Freunde nennen, das Waidwerk gelernt. 23 Jahre lang arbeitete er als Berufsjäger im Spitzinggebiet. Das 3000 Hektar große, einstige königlich-fürstliche Hofjagdrevier an der Rotwand, die bekannte Valepp, war seine Heimat. Als er nach persönlichen und beruflichen Schicksalsschlägen auf eigenen Wunsch den „geliebten Bergen“ den Rücken kehrte, ging er mit Tränen. „Es war ein schmerzlicher Augenblick“, sagt er rückblickend.
Esterl, der Bayerns jüngster Wildmeister war, wurde in den Ebersberger Forst versetzt. „Als ich das wunderschöne Bergrevier hoch droben am Spitzingsee mit seinen weiten Almmatten und Felszapfen, mit seinen tiefdunklen Fichten und seinen herbstlich lodernden Buchen, als ich die tiefgründigen Latschenfelder, die so manches seltene oder nie geschaute Stück Wild bargen, hinter mir ließ, da konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich auch im Tal oder den dunklen weiten Wäldern des Ebersberger Forstes so schnell Fuß fassen würde“, schreibt er in seinem neuesten Buch.
Selbstverständlich habe ihm die Gams gefehlt, der Auerhahn. „Aber ich hatte in Gottes herrlicher Natur guten Ersatz bekommen, wenn etwa aus dem Altholz das Zähneklappern der Keiler zu hören war, oder das Muffelwild aus den Beständen trat.“
14 Jahre lang blieb das „Kind der Berge“, wie sich Esterl selbst nennt, im Ebersberger Forst. Heute, im Ruhestand, hat der Waidmann wieder einen Pirschbezirk im Spitzinggebiet. „Ich war überwältigt, als ich damals nach langer Abwesenheit meine Lieblingshütte oben am Berg wieder betreten durfte.“
Als engagierter Berufsjäger und als leidenschaftlicher Volkssänger konnte er seine beiden Passionen stets verbinden. Mit „glockenreinem Sopran“ sang Esterl als Jugendlicher bei den Regensburger Domspatzen, heute ist er zweiter Bass im Schlierseer Viergesang.
Es seien für ihn die wohl schönsten Stunden gewesen, nach dem „Jagern“ auf einer Alm oder Hütte zusammenzuhocken und zu musizieren. „Wie oft musste ich mich aus lustiger Runde davonstehlen, um wenigstens noch ein paar Stunden zu schlafen.“ Denn ein Jagdgast wartete, um auf den Hirsch, Gamsbock, Großen und Kleinen Hahn, Muffelwidder oder Rehbock geführt zu werden.
Esterl hat sich „aus Achtung vor dem Geschöpf“ stets für eine waidgerechte Jagd starkgemacht, er hat in der Diskussion um die Höhe der Abschusszahlen Klartext geredet und ist damit bisweilen bei den Forstbehörden auch angeeckt. Es sei richtig, die Wildbestände auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen, sagt Esterl, der als Vertreter der bayerischen Jäger im Obersten Naturschutzbeirat sitzt. Es sei jedoch falsch, das Wild als Waldschädling zu bezeichnen. Esterl sagt es entschieden. Und blickt dabei zufrieden auf seine Bayerische Gebirgsschweißhündin Hella, die ihn seit 15 Jahren auf der Jagd als treue Weggefährtin begleitet hat.
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