Dritter Nationalpark in Bayern – aber wo?
Horst Seehofer kündigte im Sommer einen dritten Nationalpark für Bayern an. Mehrere Regionen wünschen sich den Zuschlag - der mit viel Geld verbunden ist.
Die forsche Ankündigung war ebenso klar wie unerwartet: „Ich bin fest entschlossen, dass wir einen dritten Nationalpark in Bayern gründen“, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) letzten Sommer. Die unzweideutige Ansage am Ende einer Kabinettsklausur am Tegernsee machte Seehofer fast nebenbei – und überraschte damit selbst die Umweltpolitiker seiner eigenen Partei.
Man muss allerdings davon ausgehen, dass Seehofers Bekenntnis zu einem neuen Nationalpark weniger der Sorge um den Schutz der bayerischen Natur, als vielmehr taktischen Überlegungen geschuldet war. Der CSU-Chef denkt gerne „vom Ende her“ – sprich von der nächsten Landtagswahl. Und da schien ihm offenbar nach der von seiner CSU-Staatsregierung „von oben“ verfügten Rücknahme eines umstrittenen Waldschutzgebietes im Steigerwald sowie der Opferung eines Alpen-Schutzgebietes zugunsten des Skisports am Riedberger Horn im Allgäu das Risiko zu groß, sich auch bei Teilen des eigenen Anhangs als Naturschutz-Verhinderer angreifbar zu machen.
Klar schien zunächst, dass ein dritter bayerischer Nationalpark nach den südbayerischen Schutzgebieten in Berchtesgaden und im Bayerischen Wald wohl in Franken entstehen müsste. In Frage kommen dabei vor allem der Spessart oder die Rhön. Schließlich hatte Seehofer aufgrund des jahrelangen massiven Nationalpark-Streits vor Ort den Steigerwald als einzige Region aus dem Findungsprozess von vorne herein ausgeschlossen – just jenes Waldgebiet, das selbst Forstexperten aufgrund der außergewöhnlichen Buchenwälder als rein fachlich am besten geeignet sehen.
Vor allem im Spessart stieß die Nationalpark-Idee umgehend auf massive Widerstände: Die Wanderfreunde vom Spessartbund protestierten ebenso wie viele Regionalpolitiker. „Mit aller Kraft“ werde er gegen einen Nationalpark kämpfen, polterte etwa der einflussreiche Haushaltsausschuss-Vorsitzende im Landtag, Peter Winter (CSU).
Nationalpark bedeutet für eine Region Millionen
Inzwischen scheint sich die erste Aufgeregtheit etwas gelegt zu haben: „Nüchtern, sachlich und nicht kategorisch nein“, so beschrieb der unterfränkische CSU-Umweltexperte Otto Hünnerkopf kürzlich die Stimmung zum Thema Nationalpark in der Landtags-CSU. Zumindest scheinen im Spessart wie in der Rhön inzwischen weniger Emotionen als sachliche Argumente zum Für und Wider die Debatte zu prägen: Die Frage etwa, was aus den aus dem 19. Jahrhundert stammenden Holzrechten der Spessart-Bewohner in einem Nationalpark würde. Oder die Folgen eines naturbelassenen Waldes für die dann wohl von den höheren Buchen in den Schatten gestellte weltbekannte Spessart-Eiche.
Gleichzeitig lockt aber auch die Aussicht auf bis zu zwanzig Millionen Euro jährlich an staatlichen Fördergeldern, die mit einem Nationalpark in die auserwählte Region fließen könnten. Dazu kämen wohl noch positive wirtschaftliche Folgen, etwa für Tourismus und Gastronomie.
Zur Entspannung der Debatte beigetragen haben dürfte auch das unaufgeregte Auswahl-Management von Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU), die frühzeitig den Kontakt mit den Entscheidungsträgern vor Ort gesucht hatte. So waren Landräte aus der Rhön und aus dem Spessart zu Sondierungsgesprächen in München. „Die Offenheit zu reden ist da. Und dafür bin ich sehr dankbar“, lobte die Ministerin.
Welche Regionen interessieren sich für den Nationalpark?
Neben den fränkischen Bewerbern interessieren sich inzwischen aber auch zwei südbayerische Regionen ernsthaft für den Zuschlag als Nationalparkgebiet: So war Mitte Dezember der Landrat von Neuburg-Schrobenhausen bei Ministerin Scharf. Die Donau-Auen und das Donaumoos hätten „großes naturschutzfachliches Potenzial“, hieß es nach dem Treffen. Ebenfalls im Rennen ist offenbar der Landkreis Kelheim mit dem zwischen Donau und Altmühl und in direkter Nachbarschaft zum Kloster Weltenburg liegenden Hienheimer Forst.
Schon im Januar will Scharf im Spessart mögliche Gebietszuschnitte eines Nationalparks präsentieren und das Gespräch mit betroffenen Bürgern suchen. „Im konkreten Gespräch kann man dann auch konkrete Antworten finden“, wirbt die Ministerin. Im März ist im Landtag eine Anhörung von Fachleuten geplant. Dann werde sich zeigen, ob es vielleicht auch mehr als nur einen weiteren Nationalpark in Bayern geben könne, hofft der Grünen-Umweltexperte Christian Magerl.
Selbst im Steigerwald scheint wieder Bewegung in die Nationalpark-Diskussion zu kommen: Eine von Naturschutzverbänden beauftragte repräsentative Umfrage kam zu dem Ergebnis, dass nun selbst in den direkt betroffenen Steigerwald-Gemeinden eine knappe Mehrheit für einen Nationalpark wäre.
Ein verändertes Stimmungsbild, das die vom bayerischen Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) organisierten Nationalpark-Gegner im Steigerwald am liebsten ignorieren würden. Im Gegensatz zu seinem Regierungschef hält Eck Volkes Meinung zumindest in Sachen Nationalpark ohnehin für überschätzt: „Das ist ein Spezialthema“, findet er. „Das kann gar nicht jeder beurteilen.“
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