Ehemaliger LKA-Spitzel packt aus
Warum das Gericht Schwierigkeiten mit den Aussagen des ehemaligen Mitglieds einer Rockerbande hat
Im zweiten Anlauf kommt Mario W. am Mittwoch doch noch zu seinem großen Auftritt: Der kriminelle Ex-Spitzel – der im Dezember zunächst nicht aussagen durfte – belastete im Zeugenstand vor dem Landgericht Nürnberg sechs angeklagte Beamte des Landeskriminalamtes (LKA): Die hätten ihn bei seinen Straftaten im Rahmen seiner Tätigkeit als V-Mann gedeckt, ihn sogar animiert und dies später zu vertuschen versucht.
Bei den Rockern hieß er wegen seiner DDR-Herkunft mit Spitznamen „Honecker“. Dem LKA schrieb er gerne per Handy Kurznachrichten oder E-Mails unter dem Pseudonym „adonis1967“. Dabei lieferte er regelmäßig wertvolle Informationen aus dem Innenleben der „Bandidos“ ans LKA, insbesondere an zwei V-Mann-Führer in Nürnberg. Diese Beamten und seine Vorgesetzten hat Mario W. in zwei Prozessen in Würzburg 2012 und 2016 schwer belastet. Seine Aussagen wirkten so glaubwürdig, dass es zu Nachforschungen interner Ermittler der Nürnberger Polizei kam. Die stießen auf klärungsbedürftige Vorgänge und Akten über die Zusammenarbeit, die viele Fragen aufwarfen. So kam es zur Anklage gegen die zwei Betreuer des V-Mannes sowie deren Vorgesetzte. Die Anklage lautet auf Diebstahl in mittelbarer Täterschaft, Strafvereitelung im Amt, Betrug und uneidlicher Falschaussage. Der Prozess gegen die sechs Polizisten begann im Herbst 2017.
Der Spitzel wiederholt jetzt vor Gericht: Das LKA habe gewusst, dass er sich beispielsweise beim Diebstahl von Baggern in Dänemark strafbar machen würde – und dies gedeckt, was illegal ist. Stimmt das oder hat Mario W. viele belastende Erzählungen nur erfunden, um sich dafür zu rächen, dass ihn das LKA bei Bekanntwerden seiner Straftaten fallen ließ? Immerhin will er als Spitzel 6000 bis 10000 Euro im Monat verdient haben. Entrüstet weist er die Vermutung zurück. Ihm gehe es „nur um die Wahrheit“.
Die Glaubwürdigkeit des Zeugen rückt mehr und mehr in den Mittelpunkt des Prozesses. Seine Angaben weichen teilweise auffällig von Berichten der Ermittler und sichergestellten E-Mails ab. Die LKA-Beamten sagen, sie seien lange im Unklaren darüber gewesen, ob es sich um einen legalen Transport oder gar eine „Keuschheitsprobe“ handelte, mit der die Rocker die Zuverlässigkeit des Mannes testen wollten.
Bei den Schilderungen des Spitzels vor Gericht muss der leitende Kriminaldirektor Mario H., ein Augsburger Spezialist für Organisierte Kriminalität, ab und zu lachen und den Kopf schütteln. Auch der Richter konfrontiert den Zeugen mit Unstimmigkeiten zu früheren Aussagen: „Es passt null zusammen mit dem, was Sie uns hier erzählt haben.“
Seinen ersten Auftritt in Nürnberg als Zeuge hatte die Verteidigung im Dezember 2017 verhindert – sie äußerte Zweifel an seiner Glaubhaftigkeit. Inzwischen hat das Gericht Gutachten zur Prüfung der Glaubwürdigkeit in Auftrag gegeben. Die Beweisaufnahme hat derweil wenig Belastendes gegen die sechs Polizisten erbracht. Sie äußerten sich bislang entweder nicht oder wiesen die Vorwürfe zurück.
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