Fall Peggy: Kommt es zu einem neuen Prozess?
Obwohl längst Recht gesprochen wurde, sorgt der Fall des 2001 verschwundenen Mädchens Peggy weiter für Schlagzeilen. Auch ein neuer Prozess ist denkbar.
Als die Polizei Ende April 2013 eine große Durchsuchungsaktion im Örtchen Lichtenberg im äußersten Norden Bayerns startete, war die Aufregung groß. Dort ist 2001 das damals neunjährige Mädchen Peggy spurlos verschwunden. 2004 wurde Ulvi K., ein geistig behinderter Gastwirtssohn, als ihr Mörder verurteilt. Obwohl längst offiziell Recht gesprochen wurde, bleibt der Fall jedoch brisant. Mehr als ein Jahrzehnt später wird immer noch gesucht und ermittelt.
Bürgerinitiative meldet als Erste Zweifel an
Es war zunächst eine Bürgerinitiative, die lautstark Zweifel am Urteil anmeldete. Denn im Fall Peggy gibt es bis heute keine Leiche: dem geistig zurückgebliebenen Mann wäre also "das perfekte Verbrechen" gelungen. Nach der Tatversion des Gerichts hätte Ulvi an jenem Nachmittag im Mai das damals neun Jahre alte Mädchen rennend verfolgen und töten müssen. Ulvi K. ist allerdings ein schwergewichtiger junger Mann, der sich nur sehr langsam bewegt.
2012 startete die Staatsanwaltschaft Bayreuth eigene Ermittlungen in dem Fall. Für Michael Euler, den Anwalt von Ulvi K., ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Justiz auch nicht mehr an Ulvis Schuld glaubt. Der Anwalt hat Anfang April 2013 einen Wiederaufnahmeantrag gestellt. Euler hat zahlreiche Zeugen aufgeboten, die sagen, Peggy auch nach dem vom Gericht festgelegten Todeszeitpunkt noch gesehen zu haben. Er wirft den damaligen Ermittlern zahlreiche Pannen vor und hat die Aussage eines damaligen Belastungszeugen, der widerrufen hat. Euler ist daher überzeugt: "Ulvi war es nicht."
Die Staatsanwaltschaft hat im November erklärt, sie werde sich einer Wiederaufnahme nicht verschließen. Damit ist nun das Landgericht Bayreuth am Zug. Der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel weist allerdings regelmäßig darauf hin, dass Ulvi derzeit gar nicht die Gefängnisstrafe für den Mord absitzt: Er befinde sich vielmehr wegen des sexuellen Missbrauchs an Kindern in einer psychiatrischen Klinik.
Ein neuer Tatverdächtiger in Halle
Und dann ist da noch die Spur nach Halle in Sachsen-Anhalt. Ein enger Freund von Peggys Familie aus dieser Stadt stand schon 2001 im Visier der Ermittler, doch man konnte ihm offenkundig nichts nachweisen. Womöglich hat sich das nun geändert. Er gilt inzwischen als Tatverdächtiger, sein Elternhaus ist durchsucht worden. Weitere Details will Oberstaatsanwalt Potzel nicht nennen. Der Verdächtige sitzt derzeit wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes im Gefängnis.
Grabungsaktion bleibt erfolglos
Keinen Erfolg brachte eine groß angelegte Aktion in Lichtenberg selbst. Knapp eine Woche lang nahmen die Ermittler ein Anwesen am Marktplatz auseinander. Sie gruben sogar den Innenhof auf. Man habe Hinweise, dass dies der "Leichenablageort" sein könnte, sagte ein Polizeisprecher damals. Kurzzeitig wurde es spannend, als tatsächlich Knochenteile gefunden wurden. Aber die Staatsanwaltschaft schränkte ein: Das könnten auch die Überreste eines ehemaligen Friedhofs auf dem Gelände sein. Inzwischen weiß man: Die Knochen stammen nicht von Peggy. Das Rätselraten und die Spekulationen gehen somit weiter. (dpa)
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