Franz Josef Strauß, der Klartext-Mann
Wenn er rhetorisch Fahrt aufnahm, machte Franz Josef Strauß vor niemandem Halt. Unser früherer Landtagskorrespondent hat das mehrfach erlebt.
Franz Josef Strauß war nicht nur Vorsitzender der CSU, sondern nach eigener Aussage auch führendes Mitglied des „Vereins für deutliche Aussprache“. Ein Anspruch, den der Klartext-Politiker in fast jeder Bierzeltrede regelmäßig unterstrich. Wobei er auch die CDU mit seinem Spott nicht verschonte. „Polit-Pygmäen“ nannte er die Kollegen aus der Bundestagfraktion. Auch mit Journalisten ging Strauß nicht zimperlich um. „Der war halt wieder mal besoffen, als er das geschrieben hat“, lautete sein Zeugnis über einen Korrespondenten, der in einem Strauß-Bericht kräftig ausgeteilt hatte.
In den zehn Jahren, in denen der begnadete Rhetoriker als bayerischer Ministerpräsident in der Staatskanzlei wirkte, und in mehr als 30 Jahren als CSU-Chef sammelten sich unzählige Strauß-Anekdoten und Zitate an, in denen der gebürtige Münchner politische Widersacher und Weggefährten mit ätzendem Spott, bissigen Kommentaren und beißendem Hohn überzog. Manches bitterböse Strauß-Zitat jener Jahre wurde zum geflügelten Wort, wie etwa seine Abrechnung mit Politikern, die sich ihren Wählern gern als gütiger Onkel empfahlen: „Wer Everybody’s Darling sein möchte, ist zuletzt Everybody’s Depp“, kritisierte er derartige Anbiederungspolitik.
Für seine Gegner war Franz Josef Strauß ein Albtraum
Für junge Gegner hatte der Einser-Abiturient in der Regel die Oberlehrerfrage parat: „Haben Sie überhaupt Abitur?“ Oder er warf lautstarken Protestlern vor, zwar einen Kehlkopf, aber keinen Kopf zu haben. Wenig zimperlich ging Strauß selbst mit CSU-Abgeordneten um. Bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten im Landtag holte der Ministerpräsident spätabends beim Bier zum Rundumschlag gegen die politischen Freunde im Freistaat aus. Auf die Frage, was er denn von den Volksvertretern seiner Partei im Lande halte, stellte der Chef ein grantiges Zeugnis aus: Die seien „fett, faul und nur auf Feuerwehrfesten“, polterte er.
Wie der Weltpolitiker Strauß über die kleine Arbeit im Landesparlament dachte, fasste er mal ziemlich spöttisch in folgendem Vers zusammen: „O’g’setzt, hi’g’setzt, abg’hetzt, umg’setzt, auseinanderg’setzt, g’schwätzt, nix g’sagt, Sitzung neu ang’setzt. Vui san zammakumma, nix is’ rauskumma, Sitzung umma.“
Wenn ihn die eigenen Parteifreunde ärgerten, konnte der Kollege FJS noch deutlicher werden: „Feind, Todfeind, Parteifreund“, lautete seine Steigerungsform.
Mit Helmut Schmidt focht Franz Josef Strauß besonders gern Wortgefechte aus
Zu sprachlichen Höchstleistungen lief Strauß stets dann auf, wenn er sich mit Sozialdemokraten duellieren konnte. SPD-Kanzler Helmut Schmidt lieferte er 1980 einen fulminanten, wenn letztlich doch verloren gegangenen Wahlkampf nach dem Motto: „Ich selbst liege zwar stets ungenau richtig, Schmidt aber immer exakt falsch.“ Dennoch musste Strauß als geschlagener Kandidat nach München zurückkehren.
Fern von Bonn konnte sich Strauß nun nach Belieben als Wortakrobat austoben. „Irren ist menschlich, aber immer irren sozialdemokratisch“, setzte er seinen Kampf gegen die Sozis fort.
„Ich bin immer dort, wo man mich nicht vermutet“, orakelte FJS mal. Am Wahlabend 1987 war er in der Münchner Olympiahalle. Die ersten Wahlergebnisse ließen darauf schließen, dass Union und FDP mit Helmut Kohl an der Spitze zwar weiterregieren könnten, aber eben sehr geschwächt. CDU und auch die CSU hatten kräftig Federn lassen müssen. So viele, dass Strauß sich verkniffen und ziemlich sauer mit CSU-Treuen und ein paar Flaschen Frankenwein in eine Ecke des Saales zurückzog. Am liebsten hätte er sich verkrochen. Doch der Kelch sollte nicht an ihm vorübergehen.
Einmal wurde Franz Josef Strauß wegen Trunkenheit aus einer Fernsehsendung genommen
Als am Fernsehschirm in Bonn die Forderung kam, auch Strauß solle doch an der Bonner Fernsehrunde teilnehmen, winkte der mürrisch ab. Doch er hatte nicht mit dem am gleichen Tisch sitzenden BR-Fernsehdirektor und CSU-Wähler Wolf Feller gerechnet. Der wollte Strauß partout am Schirm gegen die lasche CDU poltern lassen. Also zerrte Feller Strauß gegen dessen sichtbaren Unwillen mit aller Gewalt vor die Kameras. Mit dem durchschlagenden Erfolg, dass Franz Josef Strauß, der sich zuvor aus Frust einige Gläschen zu viel genehmigt hatte, die Moderatoren mit schwerer Zunge der Reihe nach beleidigte und ansonsten der Veranstaltung wenig abgewinnen wollte. Was prompt dazu führte, dass der Gast aus München vorsorglich aus der Sendung genommen wurde.
Feller (inzwischen gestorben) überstand seinen Fauxpas als Fernsehdirektor nur knapp. Natürlich auch Strauß. Schon bei der Wahlanalyse der Union im Bonner Adenauer-Haus, als sich die Granden von CDU und CSU gegenseitig die Schuld am Wahlausgang vorhielten, hatte er sich gefangen und konterte den damaligen CDU-Arbeitsminister Norbert Blüm abschätzig als „rheinischen Büttenredner“. Und CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, der sich gar rühmte, Kanzler Kohl im Wahlkampf tapfer verteidigt zu haben, bekam ebenfalls sein Fett ab. „So g’scheit ist der Geißler aber ned“, nuschelte Strauß giftend seinem Nachbarn zu. Strauß war und blieb eben in allen Lagen des politischen Lebens ein Mann der klaren Worte.
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