Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: "Flüchtlinge sind nur Gäste auf Zeit"
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger kritisiert die Asylpolitik der Kanzlerin. Sie überfordere die bayerischen Kommunen. Und er sagt, warum auch Seehofer nicht genügend tut.
Herr Aiwanger, Sie kritisieren nicht nur die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin, sondern auch CSU-Chef Seehofer, der alles andere als auf Merkels Kurs ist. Was macht der falsch?
Aiwanger: Herr Seehofer schöpft beim Thema Flüchtlinge bei weitem nicht alle Möglichkeiten aus, die er in Bayern hat. So fällt es beispielsweise in die bayerische Zuständigkeit, für mehr Asylrichter zu sorgen. Auf Druck der Freien Wähler sind im Nachtragshaushalt immerhin 50 zusätzliche Richter genehmigt worden, um Rückführungen von nicht Asylberechtigten in sichere Herkunftsländer zu beschleunigen. Von diesen 50 Richtern ist allerdings noch keiner im Dienst…
Wo sollen die auf die Schnelle auch herkommen?
Aiwanger: Die kann man innerhalb von zwei Monaten aus dem vorhandenen Beamtenapparat heraus organisieren und für drei Jahre aus der Justiz oder der inneren Verwaltung umschichten. Dort muss man dann aber junge Juristen einstellen.
Warum geschieht das nicht?
Aiwanger: Weil Seehofer den Ernst der Lage lange Zeit nicht erkannt hat. Bis zum Sommer hieß es ja überwiegend: Wir brauchen Zuwanderung wegen der Wirtschaft und wegen der Bevölkerungsentwicklung. Doch jetzt stellen wir fest, dass die meisten Zuwanderer nicht genügend qualifiziert sind.
Also alle aussortieren, die keine Berufe haben, an denen es bei uns mangelt?
Aiwanger: Wir müssen unterscheiden zwischen dem humanitären Aspekt von Verfolgten und Bürgerkriegsflüchtlingen und Fachkräften für die Wirtschaft. Merkel hat den Menschen den Eindruck vermittelt, dass sie alle nach Deutschland kommen und bleiben können. Das ist falsch. Wir müssen ihnen sagen, dass Bürgerkriegsflüchtlinge Gäste auf Zeit sind und wir sie aus humanitären Gründen nur so lange aufnehmen, wie in ihrer Heimat Krieg ist. Es könnten dann einige wenige bleiben, die unsere Wirtschaft tatsächlich benötigt. Die anderen müssten zurückkehren, damit sie beim Wiederaufbau ihres Landes helfen – wie es ja auch nach dem Jugoslawienkrieg in den 90er Jahren war.
Was kann Bayern als das am meisten von den Flüchtlingsströmen betroffene Bundesland noch tun?
Aiwanger: Die Integrationsanstrengungen für diejenigen erhöhen, die bleiben werden und für eine schnellere Rückführung von Nicht-Asylberechtigten sorgen.
Für die Rückführungszentren, die die Staatsregierung in Manching und Bamberg eingerichtet hat, ist Seehofer heftig angegriffen worden…
Aiwanger: Die Rückführungszentren honoriere ich, da hat Bayern sehr viel mehr getan als andere Bundesländer. Allerdings sind die Rückführungszahlen zu gering und alles dauert zu lange. Noch immer belegen viele Menschen aus dem Balkan kommunale Aufnahmeeinrichtungen, die eigentlich für wirkliche Bürgerkriegsflüchtlinge gedacht sind.
Wie ist die Lage in den Kommunen?
Aiwanger: Allein der Beschluss der Staatsregierung, die Gemeinden auch per Zwangszuweisung zwingen zu können, dass sie Asylbewerber aufnehmen, ist völlig daneben. Das vergiftet die Stimmung in der Bevölkerung.
Was stört die Menschen am meisten?
Aiwanger: Die offensichtliche Ohnmacht der Regierung und die auf die Gemeinden zukommenden Kosten. Wenn die Asylbewerber anerkannt sind, müssen die Bürgermeister für ihre Unterbringung sorgen, falls diese keinen Arbeitsplatz finden. Die Bürger sehen, dass ihre Straße nicht repariert wird, die Gemeinde aber immer mehr Geld für die Folgen dieser Asylpolitik ausgeben muss. Wenn der Bund schon meint, diesen Kurs fahren zu müssen, muss er auch für die Kosten aufkommen. Ähnlich ist es bei unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen in Jugendhilfeeinrichtungen. Bis zu deren 18. Geburtstag zahlen Bund und Land, dann soll die Kommune einspringen. Das geht nicht. Die echten Herausforderungen für unsere Städte und Gemeinden in Bayern kommen erst noch, denn der Großteil der Flüchtlinge wird auf absehbare Zeit bleiben.
Was raten Sie Horst Seehofer?
Aiwanger: Den Druck auf die Kanzlerin weiter zu erhöhen, eine zaghafte Kurskorrektur Merkels ist immerhin spürbar. Bevor ein Bürgermeister in Bayern gezwungen ist, eine private Immobilie zu beschlagnahmen, muss Seehofer aus der Koalition austreten.
Die Diskussion ist geschlossen.