Gaskraftwerk Leipheim: Nur für den Papierkorb?
Auf dem ehemaligen Fliegerhorstgelände in Leipheim soll für 900 Millionen Euro ein Gaskraftwerk gebaut werden. Es rechnet sich derzeit nicht. Kritik in der CSU an Seehofer wächst.
Bei den Christsozialen im Landkreis Günzburg regt sich Unmut über CSU-Parteichef Horst Seehofer. Ehrenkreisvorsitzender Hans Berkmüller sieht durch den „neuesten Einfall“ des CSU-Vorsitzenden die Felle für das bei Leipheim geplante Gas- und Dampfturbinenkraftwerk davonschwimmen. Seehofer habe sich offensichtlich von seinem Standpunkt distanziert, den Atomausstieg in Bayern mit dem Bau von fünf Gaskraftwerken zu bewältigen. „Jetzt setzt er auf tausende Biogasanlagen mit Gülle und Mist“, schimpfte Berkmüller bei der Kreisvertreterversammlung der CSU.
Projekt könnte eine Million Haushalte versorgen
In einem Interview hat sich Seehofer in den vergangenen Tagen für ein landesweites Netz kleiner Biogasanlagen starkgemacht. Dort könnten Gülle und andere Reste aus der Landwirtschaft zu Strom werden. In diesem Fall, so hieß es, sinke die Zahl der geplanten Gaskraftwerke von fünf auf zwei. Im Landkreis Günzburg wird jetzt darüber spekuliert, ob das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk (GuD) in Leipheim damit aus dem Rennen sei.
Das Projekt ist gigantisch. Auf dem einstigen Fliegerhorstgelände in Leipheim wollen die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) etwa 900 Millionen Euro investieren. Mit einer Leistung von 1200 Megawatt könnte das GuD fast einen der beiden Blöcke des Gundremminger Kernkraftwerks (1344 Megawatt) ersetzen und eine Million Haushalte mit Strom versorgen.
Landrat Hubert Hafner (CSU) fordert klare Vorgaben für die Energiewende
Bei einem Bürgerentscheid in Bubesheim, auf dessen Gemarkung der Standort liegt, hatte es eine Mehrheit für den Kraftwerksbau gegeben. In einem Optionsvertrag haben sich die Stadtwerke inzwischen das 18 Hektar große Grundstück reserviert.
Der Zweckverband Interkommunales Gewerbegebiet Landkreis Günzburg vermarktet das ehemalige Militärgelände. Das Bebauungsplan-Verfahren läuft auf Hochtouren. Deshalb ist der Zweckverbandsvorsitzende und Günzburger Landrat Hubert Hafner über Seehofers neue Überlegungen nicht sonderlich amüsiert. Die Planung mache eine Menge Arbeit und koste viel Geld. „Unter Umständen ist das alles für den Papierkorb“, befürchtet Hafner. Er fordert klare Vorgaben für die Energiewende.
Als Reserve fest eingeplant
Klarheit brauchen auch die Stadtwerke Ulm, denn das Gaskraftwerk rechnet sich bei den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht. Der technische Geschäftsführer Jürgen Schäffner hatte zuletzt von „Schubladenplänen“ gesprochen. Damit sich die 900-Millionen-Euro-Investition rechnet, müsste das Kraftwerk etwa 4000 Stunden im Jahr in Betrieb sein. Die Energiewende sei aber so konzipiert, dass das GuD nur 2000 Stunden laufen soll. SWU-Sprecher Bernd Jünke bestätigt dies.
Weil immer mehr Strom aus Solar- und Windkraftanlagen ins Netz eingespeist werde, kämen die geplanten Gaskraftwerke auf immer weniger Betriebsstunden. Es sei aber wohl jedem klar, dass solche Kraftwerke nach dem Atomausstieg als Stand-by-Reserve benötigt würden. „Die Sonne scheint nicht immer dann, und der Wind weht nicht immer dann, wenn die Industrie Strom braucht“, sagt Jünke.
"Kapazitätsprämien" als Lösung?
Für den energiepolitischen Sprecher der CSU im Bundestag, Georg Nüßlein, ist klar, wohin die Reise gehen wird. Es werde gegenwärtig hitzig über „Kapazitätsprämien“ diskutiert. Kraftwerksbetreiber bekämen demnach Geld dafür, dass sie Kapazitäten für die Stromproduktion zur Verfügung stellen.
Nüßlein ist sich über den Ausgang der Debatte im Klaren: „Wir werden das am Ende machen müssen.“ Für das geplante Gaskraftwerk in Leipheim wäre das ein Hoffnungsschimmer.
Die Diskussion ist geschlossen.