Gift-Reiniger auch in Bayerns Ställen?
Auf „Bayern-Ei“ folgt Fipronil: Die Opposition im Landtag verlangt von der Umweltministerin eine schnelle Aufklärung und wirft ihr schlechtes Krisenmanagement vor.
Immer wieder Ärger mit verseuchten Eiern: Gerade erst hat die Opposition im Landtag einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, um den Skandal rund um die mit Salmonellen verseuchten Eier der Firma „Bayern-Ei“ aufzuklären. Schon gibt es jede Menge neue Fragen von SPD und Grünen – diesmal zur Aufarbeitung des jüngsten Eier-Skandals rund um das giftige Insektizid „Fipronil“ in einem belgischen Stall-Reinigungsmittel.
In den Verbraucherschutzbehörden verweist man auf einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden Skandalen: Während „Bayern-Ei“ ein bayerischer Großerzeuger war, bei dem die inzwischen reformierten Kontrollbehörden erhebliche Lücken offenbarten, handele es sich bei den Fipronil-Eiern vor allem um ein importiertes Problem. Denn durch ein Reinigungsmittel in den Niederlanden verseuchte Eier waren über zum Teil komplizierte Lieferketten auch nach Bayern gekommen. Als reiner Abnehmer seien bayerische Behörden deshalb auf Informationen aus dem Produktionsland oder aus anderen Bundesländern angewiesen gewesen, heißt es aus den zuständigen Behörden. Alle belasteten Import-Eier seien aus dem Verkehr gezogen.
So weit, so gut? Mitnichten, findet die Landtags-Opposition. Die zuständige Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) und ihr Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ließen nämlich auch über eine Woche nach Bekanntwerden des Skandals wichtige Fragen offen, schimpfen Grüne und Sozialdemokraten: Wurde zum Beispiel auch in bayerischen Hühnerställen mit einem mit dem Läusevernichter versetzten Öko-Reiniger „Dega-16“geputzt?
Eier-Skandal: Sitzt Bayern auf tickender Zeitbombe?
„Das Mittel galt in der Branche als sehr effektiv“, hat die Grünen-Verbraucherexpertin Rosi Steinberger recherchiert. „Sitzen wir in Bayern also auf einer tickenden Zeitbombe namens Fipronil?“, fragt die Niederbayerin deshalb. Von bayerischen Behörden gibt es dazu bislang keine Auskunft – anders, als in Niedersachsen, wo der Einsatz des kontaminierten Reinigers bereits vor Tagen aufgedeckt wurde und möglicherweise verseuchte Eier vorsorglich aus dem Verkehr gezogen wurden. Mehr als 300 Proben zu möglichen Belastungen in Ei-Produkten wie Nudeln oder Mayonnaise habe der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) zudem angeordnet, berichtet Steinberger: „Von unserer Umweltministerin hört man dagegen gar nichts.“
„Aufgeräumt wird in Bayern nur von den Handelsketten“, schimpft auch der SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn. Diese hätten die betroffenen Eier in Eigenregie aus den Regalen genommen. Scharf und das LGL übten sich dagegen in Verharmlosung und Intransparenz: „Wie bei Bayern-Ei wird schon wieder nur versucht, Nebelkerzen zu werfen“, schimpft von Brunn.
So habe das LGL am Dienstag vor einer Woche zunächst „Entwarnung“ verkündet. „Bayern ist nicht betroffen“, teilte das Amt in der Tat mit – um nur einen Tag später zurückrudern zu müssen. Von 268000 betroffenen Eier war dann zunächst die Rede. Mittlerweile wird von noch mehr gesprochen.
LGL-Chef Andreas Zapf hatte sich erst kürzlich im Landtag wortreich beschwert, weil er sich beim „Bayern-Ei“-Skandal ungerecht behandelt fühlte. Sein aktuelles Krisenmanagement zeige aber, „dass er eine Fehlbesetzung ist“, schimpft Steinberger: „Klarheit schaffen, statt verunsichern – das wäre seine Aufgabe.“ Letztendlich fehle es aber vor allem der CSU-Staatsregierung beim Verbraucherschutz am Aufklärungswillen, finden SPD und Grüne: „Dort hat man aus dem Bayern-Ei-Skandal offensichtlich nichts gelernt“, kritisiert von Brunn.
Ein Vorwurf, den Umweltministerin Scharf entschieden zurückweist: „Die Ermittlungen laufen bayernweit in alle Richtungen“, beteuert sie. Schlussfolgerungen könne man erst ziehen, wenn belastbare Erkenntnisse vorlägen.
EU hatte schon Anfang Juli Informationen zu Fipronil-Eiern
Am Mittwoch wurde bekannt, dass die EU-Kommission entgegen erster eigener Angaben schon Anfang Juli Informationen zu Fipronil-Eiern erhalten hat. Dies geht aus einem Bericht der belgischen Lebensmittelsicherheitsbehörde FASNK vor.
Eine Sprecherin der EU-Behörde hatte noch am Dienstag verneint, dass ihre Behörde Informationen zu den mit dem Insektengift Fipronil belasteten Eiern in Belgien vor dem 20. Juli hatte. Im dem Eier-Skandal erhob unterdessen der belgische Agrarminister schwere Vorwürfe gegen die Niederlande, die diese zurückwiesen. (mit dpa)
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