Haderthauer bringt sich in Bedrängnis
Die Opposition will ihren Rücktritt, Ministerpräsident Horst Seehofer hält zu ihr. Keine einfachen Zeiten für Christine Haderthauer. Dabei ist es an ihr, reinen Tisch zu machen.
Zu den politikhandwerklichen Weisheiten, über die CSU-Chef Horst Seehofer gerne ausgiebig in kleiner Runde doziert, gehört auch folgende Erkenntnis: Die meisten Spitzenpolitiker stürzen nicht über eine Verfehlung im Amt oder einen privaten Fehltritt. Meist ist es ein „Sekundärfehler“, der ihnen am Ende das politische Genick bricht – also ein völlig aus dem Ruder laufendes Krisenmanagement, das aus einem eher kleinen Problem erst eine große Tragödie macht.
Die jüngsten Schlagzeilen um Seehofers Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) sind ein gutes Beispiel dafür, dass der Ministerpräsident mit seiner These recht haben könnte. Denn auch Haderthauer hat erst durch schlechtes Krisenmanagement aus einer politisch durchaus beherrschbaren privaten Geschichte selbst ein skandalumwittertes Thema gemacht. Nun ist sie mit ernsthaften Rücktrittsforderungen konfrontiert – und der Ministerpräsident sieht sich zu öffentlichen Ehrenerklärungen gezwungen.
Dabei ist der Kern der Geschichte für Haderthauer zwar persönlich unangenehm, aber auf Basis bislang bekannter Fakten für ihre politische Karriere nicht wirklich gefährlich: Die Rechtsanwältin Haderthauer war wie berichtet vor ihrer Zeit im Landtag bis Ende 2003 Mitgesellschafterin einer Firma, über die ihr Ehemann Hubert Modellautos vertrieb, die psychisch kranke Straftäter im Maßregelvollzug hergestellt hatten.
Haderthauer macht keinen reinen Tisch, sondern reagiert patzig
Man mag über die moralische Dimension dieses Geschäftes denken, wie man will – unangenehmen rechtlichen Fragen muss sich bislang nur Hubert Haderthauer stellen: Offenbar prüft die Landesanwaltschaft seit einem guten Jahr, ob der Vertrieb der hochwertigen Modellautos mit dessen Funktion als Landgerichtsarzt rechtlich vereinbar war.
Christine Haderthauer war dagegen politisch korrekt mit dem Wechsel in den Landtag aus der Firma ausgestiegen. Rechtliche Verfehlungen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für die Firma, die ihre Eignung für ein Ministeramt infrage stellen könnten, sind bis heute ebenfalls nicht bekannt geworden.
Keine schlechte Ausgangslage, um die Sache unbeschadet zu überstehen. Doch statt reinen Tisch zu machen, reagierte die Ministerin auf Landtags- oder Presseanfragen von Anfang an empfindlich bis patzig. „Unbelehrbar“ sei Haderthauer, findet deshalb die Grüne Ulrike Gote. Eine Landtagsanfrage habe die CSU-Politikerin jüngst erneut nur „äußerst bruchstückhaft, unwillig und mit der von ihr inzwischen gewohnten Herablassung“ beantwortet.
Für einen Rücktritt von Haderthauer reichen die Vorwürfe wohl nicht
Vor diesem Hintergrund ist wohl auch die Eskalation der letzten Wochen zu verstehen: Auslöser waren mehrere Landtagsinitiativen der Opposition. Nach einer Sitzung des Rechtsausschusses zum Thema bekamen dann mehrere Medien nach eigener Darstellung Post von Hubert Haderthauers Anwalt – mit der Behauptung, eine Berichterstattung über den Minister-Gatten sei „nicht zulässig“.
Ob dies gleich Belege für eine „Einschüchterung der Presse“ sind, wie die Landtagsopposition etwas hysterisch behauptet, kann man bezweifeln – die Drohung mit Rechtsmitteln gegen unliebsame Berichterstattung gehört jedenfalls zum täglichen Brot aller Medien. Und der Vorwurf, Haderthauer habe Ressourcen der Staatskanzlei für private Zwecke missbraucht, ist nicht frei von Scheinheiligkeit: Schließlich wurde die Ministerin zuvor ja auch ganz gezielt nach Privatem gefragt.
Für einen Rücktritt reichen diese Vorwürfe wohl nicht. Politisch ungeschickt sind Haderthauers „Sekundärfehler“ aber allemal: Private E-Mails vom Dienstrechner oder anwaltliche Drohgebärden wecken nämlich erst ein mediales Interesse, das sonst längst eingeschlafen wäre. Die „Modellauto-Affäre“ wird jedenfalls von nun an immer an ihrer politischen Karriere haften bleiben.
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