Helden der Integration
Seit März bildet der Verein Brücke in Augsburg acht Jugendliche zu „Heroes“ aus. Sie stammen aus „Ehrenkulturen“ und sollen sich für Gleichberechtigung einsetzen.
Augsburg Sefa und Karim machen seit März eine Ausbildung zum Helden. Die beiden Jungen gehören zur ersten Gruppe des Projekts „Heroes“ in Augsburg. Einmal in der Woche treffen sie sich mit ihren Betreuern und sechs Freunden aus sogenannten „Ehrenkulturen“ und lernen alles über Unterdrückung und Gleichberechtigung. Ihr Wissen sollen sie später an Jungen und Mädchen aus ihren Kulturkreisen weitergeben und ihnen die Integration in Deutschland erleichtern.
Sefa ist davon überzeugt, dass die meisten Immigrantenfamilien mit der Zeit lernen, sich selbst besser zu integrieren. Viele ihrer Kinder gehen wie Karim und er auf Gymnasien, machen Abitur, können besser Deutsch und helfen ihren Eltern, die deutsche Kultur leichter zu verstehen. Dem 17-Jährigen geht es aber nicht schnell genug.
Für ihn ist Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau etwas ganz Selbstverständliches. Seine Schwester und viele seiner Freundinnen dürfen alles, was er auch darf. „Aber in anderen Familien haben die Mädchen nicht immer die gleichen Rechte wie die Jungen“, sagt er.
In Ehrenkulturen ist es manchmal üblich, dass Mädchen nicht mal mit Freunden in eine Disco gehen dürfen. Dann gibt es Extremfälle wie der Mord an der Kurdin Arzu Ö. aus Detmold im vergangenen Jahr. Sie wurde von Verwandten umgebracht, weil sie sich nicht von ihrem deutschen Freund trennen wollte. Gegen solche negativen Ehrvorstellungen setzt sich „Heroes“ ein.
Deshalb hat sich Sefa angemeldet, als der Verein Brücke in Augsburg das Projekt vor einem halben Jahr an seiner Schule vorgestellt hat. Er geht dort freiwillig hin wie seine Mitstreiter. Die meisten „Heroes“ haben wie Sefa türkische Wurzeln, Karims Vater ist Ägypter und Jungs mit ukrainischer und vietnamesischer Herkunft sind auch dabei.
Seit dem Start im März sind die „Heroes“ Freunde geworden. Sie haben sich zusammen in die Themen Unterdrückung im Namen der Ehre und Gleichberechtigung eingearbeitet und gelernt, wie sie die Kultur ihrer Herkunftsländer mit den Werten der deutschen Gesellschaft vereinbaren können.
Nach der Ausbildung sollen sie ihr Wissen in Workshops an Schulen oder Jugendklubs auch an andere Jugendliche weitergeben. Ihre Betreuer Steve Malki und Muhterem Yilmaz stehen ihnen dann nur noch im Hintergrund bei, während die Jungs die Seminare halten.
Bislang kommen nur Jungen zum Zug
Obwohl die Gruppe sich für Gleichberechtigung einsetzt, bleibt „Heroes“ vorerst Jungensache. Bisher bildet die Brücke nur männliche Jugendliche aus, weil Ehrenkulturen von Männern dominiert werden. Sie sind es, die antiquierte Wertvorstellungen verändern können. „Wenn ein Mädchen einer Gruppe etwas über Gleichberechtigung erklären soll, denken manche Jungs nicht einmal darüber nach“, sagt Sefa.
Karim sieht seine Aufgabe auch darin, anderen Jugendlichen die Angst vor der Integration zu nehmen. Viele von ihnen zögerten, weil sie die Bindung zu ihrer Heimat nicht verlieren wollen. Der 16-Jährige findet nicht, dass Integration bedeutet, die Muttersprache zu verlernen oder die Lebensart der Heimat zu verleugnen: „Wenn ich mich integriere, dann gewinne ich eine neue Kultur dazu.“ "Kommentar
Die Diskussion ist geschlossen.