Hin und her beim Bierpreis-Streit
Erst sagt der Wiesn-Chef ein Gespräch mit den Wirten ab, dann lädt er sie wieder ein. Was ist los in München?
Der Bierpreis auf dem Oktoberfest ist in München alljährlich ein Politikum. Doch dieses Jahr ist über den Preis für den Liter Gerstensaft ein Zank mit den Wirten ausgebrochen, der die ganze Stadt beschäftigt. Wiesn-Chef Josef Schmid will den Höchstpreis für die Maß für drei Jahre bei 10,70 Euro einfrieren, dem höchsten Preis des Vorjahres. Das bringt die Wirte zum Kochen – und hat zusätzlich die Stimmung zwischen SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter und seinem CSU-Vize abgekühlt.
Am Dienstag erreichte der Zwist eine neue Spitze. Schmid lud nach Angriffen von Wirte-Sprecher Toni Roiderer in der Münchner Abendzeitung die Wirte aus und sagte ein für Mittwoch geplantes Gespräch ab. Roiderer, der Schmid dem Artikel zufolge unter anderem „despotisch“ genannt hatte, entschuldigte sich schriftlich. Und der Wiesn-Chef lud die Wirte nun doch ein.
Er könne Schmids Verärgerung sehr gut nachvollziehen, schrieb Roiderer. Und er wolle sich von den Zitaten ausdrücklich distanzieren. „Es liegt mir absolut fern, Deine Person oder das Amt durch meine Äußerungen zu tangieren.“ Es bleibe das Anliegen aller Wirte, eine einvernehmliche Lösung mit der Stadt zu finden, schrieb Roiderer weiter. Schmid lenkte ein. „Ich gehe davon aus, dass ich nun meine Vorschläge für die notwendige Reform des Oktoberfestes im gebotenen sachlichen Rahmen erläutern kann.“ Vergangene Woche hatte OB Reiter seinen Stellvertreter dazu verdonnert, den Konflikt mit den Wiesn-Wirten rasch zu lösen.
Der Bierpreisdeckel ist Teil von Schmids Wiesn-Reform, die vor allem die Wirte trifft. Über eine Umsatzpacht will er ihnen tiefer in die Tasche greifen und die Millionen herausholen, die er für zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen wegen der Terrorgefahr braucht. Um zu verhindern, dass die Wirte die Pachtkosten an die Wiesn-Besucher weiterreichen, soll der Bierpreis eingefroren werden. Als Ausgleich für die Wirte will Schmid die Wiesn um einen Tag verlängern.
Schmids Bierpreisvorschlag stößt bei den Fans der Wiesn offenbar auf Wohlwollen, jedenfalls stimmten bei einer Online-Umfrage der Bild-Zeitung mit rund 3500 Teilnehmern 84 Prozent dafür. Doch er hat Tücken. Eine behördlich verordnete Preisgrenze habe nichts mit freier Marktwirtschaft zu tun, sondern sei Populismus, hatte Roiderer zu Beginn der Debatte den Vorschlag gegeißelt. Familien müssten womöglich tiefer in die Tasche greifen, weil Hendl und Brezen umso teurer werden könnten.
Wie die Ausgaben von geschätzten fünf Millionen Euro für die Sicherheit auf der Wiesn hereingeholt werden können, die 2016 vor allem durch zusätzliche Ordner entstanden, wird im Rathaus schon länger diskutiert. Eine Zeit lang kursierte ein Vorschlag, der genau gegenläufig zu Schmids Plan die Kosten mit einem Aufschlag aufs Bier finanzieren wollte. Inzwischen mag sich dazu niemand mehr äußern.
Im Mai will der Wirtschaftsausschuss über Schmids Vorschläge entscheiden. Eines hat der Wiesn-Chef mit ihnen auf jeden Fall geschafft: den Sprung auf den Nockherberg. Beim Starkbieranstich verglich Luise Kinseher als Mama Bavaria Schmid mit dem Volkshelden „Schmied von Kochel“. „Er hat gewagt, was sich in der Geschichte Bayerns noch nie jemand zu wagen getraut hat“, lobte sie. Allerdings sei die Idee der Bierpreisbremse nicht ausgereift, schließlich sei am zweiten Wiesn-Sonntag Bundestagswahl. Deshalb müsse es Freibier geben – „das wichtigste Element bayerischer Demokratie“. Sabine Dobel, dpa, AZ "Kommentar
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