Hochwasser in Bayern: A3 bleibt noch tagelang komplett gesperrt
Allmählich wird das Ausmaß der Hochwasser-Katastrophe in Bayern sichtbar. Von der Autobahn 3 Nürnberg-Passau gibt es vorerst keine guten Nachrichten.
Die überflutete Autobahn 3 Nürnberg-Passau wird noch mindestens bis zum Wochenende komplett gesperrt bleiben. Das sagte eine Sprecherin des Deggendorfer Landratsamtes am Montag. "Die Autobahn steht noch immer unter Wasser", schilderte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern die Situation auf der Autobahn nahe Deggendorf.
Wenn das Wasser abgelaufen ist, muss zunächst untersucht werden, welche Schäden durch die Flut entstanden sind. Die Autobahn 92 Deggendorf-München ist schon seit einigen Tagen wieder auf je einer Spur befahrbar. Dennoch gebe es im Raum Deggendorf gerade im Berufsverkehr noch immer Staus, sagte der Polizeisprecher.
Lage in Hochwassergebieten entspannt sich
Die Lage in den bayerischen Hochwassergebieten hat sich am Wochenende weiter entspannt - aber von Normalität sind die betroffenen Regionen noch weit entfernt. Zwar sinken die Pegelstände, und vielerorts können die Menschen in ihre Häuser zurück. Doch die Schäden sind enorm.
Rund 500 Millionen Euro Schaden im Kreis Deggendorf
Allein in Passau werden sie knapp 100 Millionen Euro betragen - größere Unternehmen und kommunale Infrastruktur noch gar nicht eingerechnet. Im Landkreis Deggendorf dürfte das verheerende Hochwasser rund 500 Millionen Euro kosten. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) versprach, die Rücklagen für die Hochwasserhilfe um weitere 200 Millionen Euro aufzustocken.
"Mit 1500 Euro Soforthilfe ist jemanden, dessen ganzes Hab und Gut in den Fluten untergegangen ist, nicht geholfen", sagte Seehofer am Samstag in Nürnberg. Zugleich kündigte er einen "massiven Ausbau" des Hochwasserschutzes in Bayern an. Dämme sollen modernisiert und neue Rückhalteflächen geschaffen werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in München, man werde beim Wiederaufbau alles tun, was menschenmöglich sei. Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) forderte am Sonntag in Nürnberg auch von der EU konkrete Hilfe.
Riesige Folgekosten des Hochwassers
Die Folgekosten der Flut sind riesig. Allein in Passau wurden bislang 1200 Schadensfälle gemeldet, 800 davon bereits begutachtet. Bei den Schäden an Privathäusern und Kleinbetrieben "werden wir die 100 Millionen zumindest annähernd erreichen", sagte ein Sprecher der Stadt am Sonntag. Dazu kämen die Schäden bei großen Firmen und bei kommunalen Einrichtungen wie dem Stadttheater, dem Römermuseum, Kitas oder Straßen.
Immerhin: Der Pegel der Donau geht weiter zurück. Für Passau wurden bis Sonntagabend 7,20 Meter erwartet, fast sechs Meter unter dem Höchststand. Tagsüber ging das pausenlos Aufräumen weiter. Bis spätestens Dienstag sollten sämtliche Straßen weitgehend von Schlamm und Müll befreit sein. "Dass die Leute selbst in ihren Anwesen dann noch jede Menge Arbeit haben, ist davon unbetroffen. Das wird Wochen und Monate dauern", sagte der Stadtsprecher.
Noch immer unter Wasser
Die Stadt Straubing hob am Samstag den Katastrophenfall auf, nachdem die Evakuierungen im Landkreis Straubing-Bogen bereits am Freitagnachmittag beendet worden waren. Auch Deggendorf atmete am Wochenende auf - die Gefahr eines Deichbruchs besteht nicht mehr. Doch der Katastrophenfall wurde noch nicht aufgehoben. "Fischerdorf und Teile von Niederaltaich stehen noch immer unter Wasser", sagte der Sprecher des Landratsamts, Josef Ehrl, am Sonntag. Die Schäden im Landkreis schätzte er ganz grob auf 500 Millionen Euro.
In Niederaltaich fließt das Wasser von selbst ab, Fischerdorf ist problematischer. Mit Baggern wurde der Deich an einer Stelle geöffnet, damit die Brühe abfließen kann. Außerdem sind fünf Hochleistungspumpen im Einsatz, wie sie normalerweise in Schöpfwerken oder im Bergbau eingesetzt werden.
Öl, Gülle und Wasser
Fischerdorf wird laut Ehrl wohl erst am Dienstag wieder vollständig begehbar sein. Hinzu kommt, dass dort viele Betriebe angesiedelt sind. "Es ist eine stinkende Brühe", sagte ein Sprecher der Stadt. Rund 600 Häuser seien mit Öl- oder Gastanks ausgestattet. Das Öl vermische sich mit dem Wasser ebenso wie Gülle von Bauernhöfen. Auch Farbeimer und Lacktöpfe schwimmen herum, dazwischen viele Tierkadaver.
Die Hilfs- und Spendenbereitschaft ist weiterhin groß: Die Bundeswehr bot Bayern auch nach dem Aufheben des Katastrophenalarms Hochwasser-Hilfe an. Zahlreiche Freiwillige packen mit an oder bringen Sachspenden vorbei. Das Bistum Passau stellte 3,5 Millionen Euro Soforthilfe für die Flutopfer im Sprengel zur Verfügung. Der FC Augsburg plant in Straubing ein Benefizspiel. Das Modeunternehmen "s.Oliver" spendet Kleidung im Wert von 240 000 Euro.
Schäden in der Landwirtschaft bei 115 Millionen Euro
Nicht nur zahlreiche Häuser wurden zerstört - den bayerischen Landwirten ist durch das Hochwasser ein Schaden von rund 115 Millionen Euro entstanden. Es seien rund 30.000 Hektar Ackerland, 35.000 Hektar Grünland und knapp 2500 Hektar gartenbauliche Kulturen von Hochwasserschäden betroffen, teilte Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) am Montag in München mit. Der voraussichtliche Schaden für die bayerischen Bauern liegt damit deutlich höher als bisher angenommen, das Bundeslandwirtschaftsministerium ging noch am Freitag von Schäden von mindestens 74 Millionen Euro aus.
Wie Brunner mitteilte, sind zwei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Bayern vom Hochwasser betroffen. Rund die Hälfe des Gesamtschadens sei an Betriebsgebäuden, Maschinen sowie land- und forstwirtschaftlichen Wegen entstanden. Noch nicht mit einbezogen seien in den 115 Millionen die Schäden an den Privathäusern der Bauern.
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