IS plante Silvester angeblich Anschläge in ganz Europa - auch in München
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatte einem Medienbericht zufolge in der Silvesternacht Simultan-Anschläge in München und fünf weiteren europäischen Städten geplant.
Der türkische Geheimdienst habe die europäischen Partner rechtzeitig gewarnt, berichtete die englischsprachige "Hürriyet Daily News" am Donnerstag unter Berufung auf Regierungsvertreter. Nach Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes (BND) suche der IS den "direkten Kampf mit dem Westen", berichtete die "Süddeutsche Zeitung".
In München waren in der Silvesternacht nach Hinweisen eines "befreundeten Nachrichtendienstes" auf mutmaßliche Anschlagspläne der Hauptbahnhof und der Bahnhof Pasing für mehrere Stunden gesperrt worden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte den IS als mutmaßlichen Auftraggeber genannt. Allerdings konkretisierten sich die Verdachtsmomente bislang nicht, potenzielle Attentäter wurden nicht öffentlich identifiziert.
Die "Hürriyet Daily News" berichtete nun unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungsvertreter, der türkische Geheimdienst MIT sei nach der Festnahme von zwei mutmaßlichen IS-Mitgliedern in Ankara auf die Anschlagspläne gestoßen. Die beiden Verdächtigen sollen demnach zu Silvester Selbstmordanschläge in der türkischen Hauptstadt geplant haben. Zeitgleich hätten andere IS-Extremisten in München sowie in Belgien, Großbritannien, Frankreich und Österreich zuschlagen wollen. Deutsche Stellen hätten sich bei der Türkei für die Hinweise bedankt. Die türkische Regierung gab zu dem Bericht keine Stellungnahme ab.
Für Brüssel waren das Neujahrsfeuerwerk und andere öffentliche Feiern am Vorabend von Silvester abgesagt worden, die Stadt hatte von einer "ernstzunehmenden Bedrohungslage" gesprochen. Zwei Verdächtige - Mitglieder einer Motorradgang - sind in Untersuchungshaft. In Paris waren wegen einer "allgemeinen Drohung des IS" ein Feuerwerk abgesagt und die Feier auf den Champs-Elysées verkürzt worden. Zu der Anschlagsserie am 13. November in Paris, bei der 130 Menschen getötet worden waren, hatte sich der IS bekannt.
Der BND zeichnet einem gemeinsamen Bericht von "SZ", NDR und WDR zufolge ein düsteres Bild der Bedrohung durch Islamisten. Rechercheure der Medien konnten Geheimdienstanalysen einsehen, wonach die Lage der westlichen Staatengemeinschaft "heute ungleich gefährlicher als 2001" eingeschätzt wird. IS und Al-Kaida beherrschten "mehr Raum als jemals zuvor".
Zudem sei die "Zone der Instabilität vom Hindukusch in die unmittelbare Nachbarschaft Europas vorgerückt", heißt es laut "SZ" in den Analysen, die wenige Tage vor der Rückeroberung der Stadt Ramadi durch irakische Streitkräfte entstanden seien. Die Zahl der "Terrorfreiwilligen" aus dem Westen überschreite "alle bisher bekannten Dimensionen". Die meist über das Internet verbreiteten Verlautbarungen islamistischer Gruppierungen hätten inzwischen den Umfang einer "industriell anmutenden Propagandaproduktion" erreicht.
Der IS sei inzwischen in 30 Ländern "präsent", berichtete die Zeitung weiter. Er suche wie zuvor schon Al-Kaida nun den "direkten Kampf" mit dem Westen. Gezielt verfolge er mit Anschlägen das Ziel, "seine Gewalt in die Heimat der ihn bekämpfenden Streitkräfte" zu tragen - und somit ausländische Militärinterventionen in Syrien und im Irak zu provozieren. afp
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