Illegaler Handel mit Welpen: "Es gibt beklemmende Zahlen"
Immer wieder fliegen illegale Hundehändler auf. Krimi-Autorin Nicola Förg hat sich des Themas angenommen. Warum die Zahlen ansteigen und welche Gefahren den Käufern drohen.
Erst kürzlich hat die Polizei in Landsberg wieder Händler aus Ungarn festgenommen, der vier Hundewelpen verkaufen wollte. Bayern ist angesichts der Verkehrsrouten von Ost nach West bundesweit führend, was illegalen Welpenhandel betrifft. Ein Thema, dem sich auch die in Kempten geborene Krimi-Autorin Nicola Förg angenommen hat.
Was hat Sie auf die Idee gebracht, den illegalen Welpenhandel in Ihrem Krimi zu thematisieren?
Nicola Förg: Das Thema beschäftigt mich seit Jahren. Durch die Wiedereinführung der Grenzkontrollen im Spätsommer 2015 fliegen immer mehr solcher Transporte auf. Im Januar 2017 waren dies allein in Bayern über 20 Fälle. Ich bin der Meinung, dass Krimis immer schon Sozialkritik beinhalten durften, und wenn man so ein Thema in einen spannenden Krimi einbettet, dann erreicht man Menschen, die darüber noch gar nicht weiter nachgedacht haben.
Sie haben recht: Bei der Lektüre wird einem erst das ganze Ausmaß des Welpenschmuggels bewusst.
Förg: Es gibt beklemmende Zahlen. Der Verband des Haustierbedarfs errechnete über den Verkauf von Welpen-Erstausstattungen, Welpenfutter und Ähnlichem, dass mindestens 500.000 Welpen jedes Jahr allein in Deutschland verkauft werden. Der Verband Deutscher Hundezüchter wies für 2015 rund 77.000 Welpen aus. Nun gibt es sicher Hobbyzüchter ohne Verbandszugehörigkeit, es gibt Promenadenmischungen, es werden Hunde aus Tierheimen und von Tierschutzorganisationen vermittelt. Aber selbst wenn man da nochmals 50.000 Hunde annimmt – es bleibt eine unglaubliche Differenz. Und wo kommen diese Hunde her?
In Ihrem Roman kommen die Tiere aus Ungarn. Ist das Land so etwas wie ein Zentrum des Welpenhandels?
Förg: Ungarn und Polen sind Brennpunkte, aber auch Rumänien und Tschechien. Wir reden hier von internationalen Verflechtungen, „Erzeugerländer“ liegen im Osten, „Verteiler“ sitzen häufig in Belgien und den Niederlanden. Wir reden hier definitiv von einer Form des organisierten Verbrechens – wie Drogen- oder Waffenhandel.
In dem Buch erfährt Ihre Kommissarin Irmi Mangold, dass in Deutschland übers Internet geschmuggelte Hunde verkauft werden. Sie muss erkennen, dass nicht nur die Tiere leiden, sondern auch den Menschen Gefahr droht – etwa bei nicht entdeckter Tollwut.
Förg: Das Internet ist der Tatort. Wir leben in einer Welt, in der alles sofort verfügbar ist. Man kauft schnell und spontan – auch Tiere. Die Hundemafia hat dazugelernt: Die Internetanzeigen sind nicht mehr in schlechtem Deutsch verfasst und es werden „Strohverkäufer“ angeworben. Nette Ehepaare, nette Omas, die verkaufen – und doch sind es die gleichen kranken Hundebabys, die viel zu jung abgegeben werden, die nicht geimpft sind. Und natürlich haben die Tiere oft ansteckende Krankheiten. Aber jenseits der physischen Dimension – die psychische ist zermürbend. Ich kenne einige, die nun zeitlebens ein todkrankes Tier versorgen, das macht dich fertig.
Müsste da nicht auch der Gesetzgeber handeln?
Förg: Das ist die Krux. Ein Fortschritt ist schon, dass es 2015 einen Prozess in Seligenstadt gab, wo ein Hundehändlerpärchen erstmals 13 Monate Haft und zwei Jahren Berufsverbot bekam. Anfang diesen Jahres wurde in Kreuztal bei Siegen ein Händlerring gesprengt. Seither ist klar: Hundehandel ist organisierte Bandenkriminalität, die Polizei bildete erstmals eine Soko. Denn das Verlockende für Tierhändler ist ja, dass sie bei Entdeckung kaum mit Strafe rechnen müssen. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, das war’s. Die Politik ist gefragt, die Staatsanwaltschaften müssten konsequenter durchgreifen. Sie ziehen Tiere ein, die in Tierheimen landen. Und die bleiben auf den Kosten sitzen. Alle diesbezüglichen Landtagsanträge wurden in Bayern von der Mehrheitsfraktion abgelehnt.
Sie beschreiben die elenden Zustände in den ungarischen Zuchtstationen so drastisch, dass Tierfreunden die Haare zu Berge stehen müssten. Woher kommen Ihre Informationen?
Förg: Ich hatte engen Kontakt zu Birgitt Thiesmann von der Organisation „Vier Pfoten“, die seit 2009 gegen den Welpenhandel kämpfen. Ich war selbst bei der Räumung eines Hofes dabei, habe Bilder und Videos gesehen.
Wo bleibt der Aufschrei gegen illegalen Welpenhandel?
Förg: Den gibt es durchaus. Viele potenzielle Hundekäufer wissen theoretisch auch, dass man beim Welpenkauf die Hundemutter sehen sollte, dass man das Tierchen vor dem Kauf öfter besuchen sollte – aber wenn’s dann so weit ist, schnappt entweder die Geiz- oder die Mitleidsfalle zu.
Geiz ist also das Motiv für die Menschen, denen die Welpen von renommierten Züchtern zu teuer sind?
Förg: 2000 gab es fünf Millionen Hunde in Deutschland. 2017 sind es rund acht Millionen. Der Zuwachs besteht vor allem aus Kleinhunden, die im Idealfall nicht haaren, nicht bellen und immer dann die Seele von Herrchen und Frauchen streicheln, wenn’s denen passt.
Nicola Förg, 54, lebt im Kreis Weilheim-Schongau. Sie schreibt Regionalkrimis, ihr letzter trägt den Titel „Scharfe Hunde“.
Die Diskussion ist geschlossen.
In der AA werden auch regelmäßig Welpen zum Kauf angeboten.Wird dabei überprüft, ob die Anbeiter in Ordnung sind oder können da Interesenten auch an solch illegale Händler gelangen.
Wenn man erst mal wo hin gefahren ist für einen Hund, den man per Foto ins Herz geschlossen hat, ist es nicht mehr so leicht, vom Kauf abzusehen, wenn man einen schlechten Eindruck hat außerdem greift dann eben auch das Bedürfnis, den Hund aus diesen Verhältnissen retten zu wollen.
Besser solche Ganoven könnten auf seriösen Plattformen gar nicht anbieten.
Beratung ist das A und O wenn man sich Tiere anschaffen möchte. Ohne Vorkenntnisse kann man viel falsch machen. Ein Tier sollte auf alle Fälle für jeden Menschen mehr sein als ein Mittel gegen abendliche Langeweile.
Beratung gibt es nur im Tierheim - auch bei seriösen Züchtern. Da heißt es Fragen beantworten, sich mit dem zukünftigen Familienmitglied Hund vertraut machen. Aber das wollen viele Menschen einfach nicht mitmachen und kurbeln so den "Straßenhandel" an, vor allen Dingen das Elend der "Gebärmaschine" Hund.
So ungefähr verläuft eine Eigenauskunft im Gespräch mit der Tierheimleitung:
"Sie möchten sicher auch nach einem anstrengenden Arbeitstag zu Hause liebevoll begrüßt werden. Vor allem Singles sehnen sich in solchen Momenten häufig nach einem Haustier.
Es sind nicht alle Tiere gleich gut geeignet, um den ganzen Tag alleine zu sein und auf Frauchen oder Herrchen zu warten.
Hunde können das nur bedingt und sind daher keine gute Wahl für ganztags Berufstätige. Einen halben Tag allein wäre in Ordnung für einen erwachsenen Hund. Vor der Arbeit mindestens eine halbe Stunde Gassi gehen und gleich nach der Arbeit sich sehr mit dem Hund beschäftigen, so wäre der Hund auch zufrieden und die Beziehung zwischen Mensch und Hund würde funktionieren.
Ein Welpe braucht seinen Menschen den ganzen Tag. Wer schon einmal einen Junghund großgezogen hat, der weiß wieviel Anspruch so ein Hundekind an sein Frauchen oder Herrchen stellt."