Im Rollstuhl zur Schule: Familie kämpft für Sohn um Treppenlift
Der schwierige Kampf einer Familie aus Mering. Sie möchte nichts anderes, als ihren auf den Rollstuhl angewiesenen siebenjährigen Sohn in die Regelschule zu schicken.
Christine Schenk hat eigentlich allen Grund glücklich zu sein. Sie betreibt mit ihrem Mann Benno Mitschka erfolgreich das Papiertheater „Multum in Parvo“ und nach fünf Jahren in Mering haben sie sich mit ihren Zwillingssöhnen in der Marktgemeinde eingelebt. Dabei hat die Familie aufregende Zeiten hinter sich, denn die Zwillinge Benedikt und Maximilian kamen vor sieben Jahren als Frühchen in der 29. Woche zur Welt. Benedikt ist auf eine Gehhilfe angewiesen. Noch heute fährt Christine Schenk regelmäßig mit ihren Kindern zur Therapie nach München.
Die Brüder besuchen aber seit September die Luitpold-Grundschule. Dort sind die Zwillinge sehr glücklich und haben sich auch gut in die Klassengemeinschaft eingelebt. Alles schien bestens. Dass Benedikt im Rollstuhl sitzt, ist für niemanden ein Problem. Aber die Idylle trügt. Der Siebenjährige kann nur mit Mühe den Handarbeitsraum oder das Musikzimmer an der Schule erreichen. Sogar schon der Gang zur Toilette führt im Erdgeschoss der Schule über vier Stufen. Über die Treppenstufen wird er derzeit von der Schulbegleiterin getragen.
Das ist zum einen nicht nur für Benedikt kein besonders angenehmer Zustand, andererseits ist es auch aus versicherungstechnischen Gründen nicht zumutbar. Noch vor der Schuleinschreibung hatte sich Christine Schenk bei der Schulleitung informiert und man hatte ihr zugesichert, dass ein Treppenlift eingebaut werde. Bis jetzt ist das nicht geschehen und nun wurde ihr sogar vorgeschlagen, sie solle zumindest ihren auf den Rollstuhl angewiesenen Sohn doch in die barrierefreie Ambérieu-Grundschule in Mering umschulen.
Treppenlift könnte eingebaut werden
Konrektor Wolfgang Frank, der seit September 2015 die erkrankte Schulleiterin Hannelore Leitmeier vertritt, versichert, dass an der Luitpoldschule Inklusion, also die Integration von Kindern mit Behinderung, ausdrücklich befürwortet wird. „Ich sehe das als eine gegenseitige Bereicherung für die Kinder an“, sagt er. Zu etwaigen Versprechungen an die Familie Schenk, dass ein Treppenlift eingebaut werde, kann er sich nicht äußern. Doch auch er spricht sich dafür aus, dass Benedikt weiter an seiner Schule unterrichtet wird. „Der Treppenlift kommt zudem ja noch einem weiteren Mädchen im Rollstuhl, das derzeit die zweite Klasse besucht, zugute“, informiert Frank.
An der Schule waren bereits verschiedene Fachfirmen, um beurteilen zu können, ob ein Einbau technisch möglich sei und wie hoch die Kosten dafür seien. Auch die Behindertenbeauftragten der Marktgemeinde Mering und des Landkreises Aichach-Friedberg, Georg Schneider und Josef Koppold, waren gemeinsam mit Bürgermeister Hans-Dieter Kandler und Marktbau-meister Armin Lichtenstern vor Ort und nahmen sich der Problematik an.
„Wir haben wirklich alle Möglichkeiten untersucht, aber wir haben keine sinnvolle Lösung gefunden“, sagt Schneider. Denn mit einem einfachen Treppenlift sei es nicht getan. „Dieser Einbau ermöglicht zwar ein Überwinden der Stufen, aber es muss immer eine Begleitperson dabei sein“, sagt Schneider. Zudem seien die Treppenlifte sehr reparaturanfällig. Eine Aufzuganlage in dem in den 90er Jahren renovierten Schulgebäude sei nachträglich nicht mehr zu realisieren.
Josef Koppold, Fachberater des Landkreises, geht sogar noch weiter, in einem Schreiben an die Gemeinde, das auch an Christine Schenk und ihren Mann Benno Mitschka weitergeleitet wurde, heißt es wörtlich: Aus Sicht der Fachstelle des barrierefreien Bauens haben für betroffene Menschen Treppenlifte in öffentlich zugänglichen Bereich eine stigmatisierende Wirkung und werden von Betroffenen nicht angenommen.“ Für Christine Schenk und ihren Mann ist das „der blanke Hohn“. „Wichtig ist doch, dass sich unser Sohn an dieser Schule sehr wohlfühlt und er und sein Bruder nicht schon wieder aus der Gemeinschaft rausgerissen werden wollen“, sagt sie.
Bürgermeister Kandler spricht sich für Treppenlift aus
Bürgermeister Hans-Dieter Kandler spricht sich ausdrücklich für den Einbau eines Treppenlifts an der Grundschule I aus. Er hatte schon vor Jahren den Treppenlift in der damaligen Mittelschule, heute Interimsgebäude für das Gymnasium, erstritten. „Schon damals argumentierte Herr Koppold mit Brandschutz, ich konnte aber die Regierung von Schwaben überzeugen, dass auch ein schachtgeführter Lift im Brandfall nicht benutzt wird und so halt auch kein Treppenlift“, erklärt Kandler. Er sei für die Anlage an der Grundschule, stellt aber klar: „Ich will mich aber nicht vom Behindertenbeauftragten des Landkreises beschuldigen lassen, man würde Kinder im Rollstuhl mit dieser Vorrichtung diskriminieren.“ Er will ausdrücklich vom Behindertenbeauftragten eine Bestätigung, dass er niemanden mit dem Lift „stigmatisiere“. Josef Koppold betont in dem Schreiben an die Gemeinde, dass Plattformaufzüge im Treppenhaus aus brandschutztechnischen Gründen im öffentlichen Bereich „problematisch“ seien und verweist auf die Bayerische Bauordnung.
Nun scheint bei der Marktgemeinde Bewegung in die Sache zu kommen, denn für Bürgermeister Kandler ist eins klar: „Benedikt muss nicht an eine andere Schule, notfalls machen wir das mit dem Lift auch ohne das Okay des Behindertenbeauftragen des Landkreises.“
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