Kammerlander nach tödlichem Alkoholunfall: "Riesenfehler"
Nach einem Alkoholunfall mit einem Toten steht der Extrembergsteiger Hans Kammerlander wieder in der Öffentlichkeit. Beleidigungen haben ihn verletzt, aber er weiß auch um seinen Fehler.
Hans Kammerlander, 57, betritt auf Krücken den Saal des Gemeindezentrums Sankt Nikolaus in Pfronten (Ostallgäu). Zum ersten Mal nach seinem schweren Unfall hält der Südtiroler Spitzenbergsteiger wieder einen Vortrag. Dass „der Hans“, wie ihn hier viele nennen, einen Unfall hatte, wissen die meisten der rund 180 Zuhörer. Weniger bekannt sind die genauen Umstände. Hans Kammerlander habe eine „schwere Zeit“ hinter sich, sagt Bergführer Toni Freudig bei der Begrüßung, ohne auf Einzelheiten einzugehen.
Es war am Abend des 26. Novembers 2013: Auf einer Landstraße bei Bruneck kommt es zu einem schweren Verkehrsunfall, in den neben Kammerlander mehrere andere Pkw-Lenker verwickelt sind. Ein 21-jähriger Südtiroler stirbt kurz nach der Karambolage, mehrere Personen werden verletzt. Kammerlander kommt ins Krankenhaus, wird am rechten Bein operiert.
Die Schuldfrage ist nicht geklärt
Erst vor wenigen Tagen ist ihm der Gips abgenommen worden. 1,48 Promille Alkohol soll der Alpinist zum Unfallzeitpunkt im Blut gehabt haben. Seit dies bekannt wurde, sind zumindest in manchen Internetforen auch wütende Postings zu lesen. Jahrelang war der Bergsteiger von einer Welle der Sympathie getragen worden. Jetzt ist die Stimmung umgeschlagen. Dabei ist die Schuldfrage noch völlig offen.
In seinem Vortrag in Pfronten geht der nach Reinhold Messner wohl erfolgreichste Expeditionsbergsteiger nicht weiter auf den Unfall ein. Er spricht vom „tragischen Autounfall“, den er gehabt habe und sagt augenzwinkernd: „Aber erzählen kann ich auch mit einem verletzten Fuß.“
Dann berichtet er von seinem „Seven-Second-Summits-Projekt“, von der Besteigung der zweithöchsten Gipfel aller sieben Kontinente. Die sind zumeist technisch wesentlich schwieriger und anspruchsvoller als die höchsten Berge der sieben Kontinente. Und Kammerlander hat – wenn möglich – versucht, vom Gipfel mit Skiern abzufahren.
„Ich habe einen Riesenfehler gemacht.“
Die Ermittlungen nach dem Autounfall würden wohl noch einen Monat dauern, berichtet Kammerlander auf Nachfrage in der Vortragspause. Erinnern könne er sich noch an den heftigen Aufprall. Im Hinblick auf die Alkoholfahrt sagt er ganz klar: „Ich habe einen Riesenfehler gemacht.“ Nun müsse er die Ermittlungen abwarten und dann die Konsequenzen tragen. „Ich habe schon viele Tiefschläge erlebt“, sagt der Alpinist, der 13 der 14 Achttausender bestiegen hat und in mancher Situation am Berg dem Tod näher als dem Leben war. Nun aber könnte es sein, dass ihm am Tod eines anderen Menschen zumindest eine Mitschuld gegeben wird. Beleidigungen und Vorverurteilungen aus der Anonymität des Internets heraus haben den 57-Jährigen verletzt. Dagegen wolle er sich – wenn möglich – juristisch zur Wehr setzen, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.
Bald will er wieder fit sein und die „Matterhörner der Erde“ besteigen – die Berge weltweit, die dem Matterhorn am ähnlichsten sehen. Schon bald wird er die Krücken in die Ecke stellen können. Doch der Unfall hat Folgen, die nicht heilen.
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