Kinder an die Macht
Erstmals haben für einen Tag Zehnjährige aus allen sieben Bezirken Bayerns die Geschäfte im Maximilianeum übernommen
München Wer den Landtag, wenn erwachsene Abgeordnete sich dort kleinlich streiten, als „Kindergarten“ bezeichnet, der liegt definitiv falsch. 160 Kinder aus allen Teilen Bayerns demonstrierten gestern beim ersten Kinderparlament des Bayerischen Landtags, mit wie viel Leidenschaft und Disziplin Zehnjährige zu Werke gehen, wenn es um politische Fragen geht. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) und ihre fünf Mitstreiterinnen aus der Kinderkommission waren beeindruckt.
„So gefällt mir der Landtag, mit dem Gewusel hier“, sagt die schwäbische FDP-Abgeordnete Brigitte Meyer, als sie kurz vor elf Uhr in den Steinernen Saal kommt, wo sich die Kleinen nach der langen Anreise per Bus noch mit Brezen und Saft stärken. Und auch ihre SPD-Kollegin Simone Strohmayr freut sich. „Mal schauen, ob heute hier mehr rauskommt als sonst bei uns.“
Kurz darauf geht es los. Die Kinder eilen in den Plenarsaal, umringen die Politikerinnen fürs Foto und setzen sich dann brav auf die Stühle der Abgeordneten.
„So still, wie ihr seid, ist es hier nicht immer“, sagt die Präsidentin und übergibt für einen Tag das Hohe Haus an die Kleinen. „Das Parlament gehört euch heute.“
Nur zum Vergnügen sind die Kinder freilich nicht da. Sie haben ein Programm zu bewältigen, das von der „Forschungsgruppe Jugend und Europa“ am Centrum für angewandte Politikforschung (C.A.P.) der Münchner Uni entwickelt wurde.
In fünf Arbeitsgruppen müssen sie sich mit gar nicht so einfachen Themengebieten beschäftigen wie Gerechtigkeit, Schule, Umwelt, Gesundheit und Miteinander.
Ihre Antworten sind erstaunlich. Beispiel: Gerechtigkeit. Ganz spontan sagen die Kinder, was aus ihrer Sicht alles ungerecht ist: Bestechung im Fußball. Wenn Kinder arbeiten oder in den Krieg müssen. Wenn Lebensmittel in der Stadt mehr kosten als auf dem Land. Oder wenn in einer Schulklasse alle miteinander bestraft würden, obwohl nur einer etwas angestellt hat.
Zwischendurch gibt es belegte Brote, Obst und Getränke, eine Schnitzeljagd quer durchs Maximilianeum und es darf auch noch jeder Luftballons steigen lassen. Dann geht es zurück in die Arbeitsgruppen, wo schließlich auch die Vorschläge und Wünsche formuliert werden, die die Viertklässler den Landtagsabgeordneten hinterlassen.
Stephanie Maier, Lehrerin an der Grundschule Sonthofen-Rieden, führt die Delegation aus Schwaben an. Das Konzept sei „sehr gut“, sagt sie und fügt hinzu: „Für die Kinder ist das eine supertolle Erfahrung.“
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