Kokain-Affäre im Allgäu: Was ist dran an der Mafia-Theorie?
Der Kokain-Skandal um den Leiter der Drogenfahndung hat die Polizei im Allgäu schwer erschüttert. Nun war der Vorfall Thema im Innenausschuss. Dabei ging es erneut auch um die Mafia.
Nach dem Drogenskandal bei der Kemptener Polizei hat die Landtags-Opposition schwere Vorwürfe gegen die Vorgesetzten erhoben. SPD, Freie Wähler und Grüne meldeten am Mittwoch auch Zweifel an, ob es wirklich keinen Zusammenhang zu Mafia oder organisierter Kriminalität im Allgäu gebe.
Der Leiter der Kemptener Drogenfahndung, Armin N., sitzt seit Anfang des Jahres wegen mehrerer schwerer Vorwürfe in Untersuchungshaft. In der vor Kurzem veröffentlichten Anklageschrift schildert die Staatsanwaltschaft genau, wie der Ermittler in einer Februarnacht seine Frau vergewaltigt und zu töten versucht habe. Und wie im Büro des Top-Polizisten dann 1,8 Kilogramm Kokain gefunden wurden.
Polizeipräsident: Drogenfahnder konsumierte seit Jahren Alkohol, Medikamente und Betäubungsmittel
Viele Fragen, die die Öffentlichkeit beschäftigen, seit unsere Zeitung die Affäre öffentlich gemacht hat, bleiben dagegen offen - etwa, ob weitere Allgäuer Polizisten in die Sache verwickelt sind. So wird gegen eine Kollegin und frühere Geliebte von Armin N. weiter ermittelt.
„Mindestens seit 2007“, heißt es in der Anklage, habe der oberste Allgäuer Drogenfahnder selbst Kokain konsumiert – „zur Belebung des Sexuallebens“, wie er angibt. Zudem ist die Rede von Medikamentenmissbrauch. Seit 2009 ist es zu mehrfachen, teils aktenkundig gewordenen Fällen von häuslicher Gewalt gekommen – für Armin N. ohne Konsequenzen.
Dass Armin N. bereits seit einigen Jahren Alkohol, Medikamente und Betäubungsmittel konsumierte, bestätigte bei der Sitzung im Innenausschuss auch Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer. Die Opposition sah sich in ihrer Kritik bestätigt. "Da sind schon ganz, ganz große Fehler begangen worden, dass es überhaupt so weit hat kommen können", sagte SPD-Polizeiexperte Peter Paul Gantzer. "Das ist das allergrößte Versäumnis, dass die Vorgesetzten im Wege der Kumpanei nicht richtig hingeschaut haben." Der Verdacht, dass der Beamte Beziehungen in die Mafiaszene gehabt haben könnte, sei nicht ausgeräumt.
Ermittler: Verbindungen in die Mafia-Szenen nur "Spekulation"
Schmidbauer betonte dagegen, nach umfangreichen Vernehmungen und Nachforschungen sei ein Zusammenhang mit Mafia oder organisierter Kriminalität nicht zu beweisen. Die Herkunft des Kokains bleibe unklar. Wahrscheinlich habe der Beamte es vor längerer Zeit dienstlich bekommen und privat behalten.
Auch die Staatsanwaltschaft teilt diese Annahme. Entsprechende Hinweise zweier Neu-Ulmer Polizisten, die im Zusammenhang mit einem Großverfahren gegen zahlreiche Kemptener Drogenhändler vom Dienst suspendiert worden waren, nennt der Ermittlungsbericht „Spekulation“. dpa, drs, bju
Die Diskussion ist geschlossen.