Krähen-Problem: Jetzt verbreiten Falken Unruhe und Schrecken
Viele Bürger in Mindelheim, Meitingen und Gersthofen fühlen sich durch Saatkrähen belästigt. Nun sollen zwei Falken helfen. Sie verbreiten nämlich Unruhe und Schrecken
Der Sakerfalke hält den schwarzen Vogel fest in den Krallen. Mit dem Schnabel hackt er im Hof der Mindelburg in Mindelheim auf das Tier ein. Nach ein paar Minuten ist von der Rabenkrähe nur noch ein großer Haufen Federn übrig. Am Himmel bildet sich eine dunkle Wolke aus aufgeregt krächzenden Krähen. Der Falke Mongolia hat seine Beute aber nicht aus der Luft geholt. Vielmehr kommt die Rabenkrähe aus der Tasche des Falkners Leo Mandlsperger. „Die liegen bei uns in der Kühltruhe“, sagt er.
Die Aufgabe des braunen Falken ist es nicht, Krähen zu jagen, sondern sie zu verjagen – in der Falknersprache vergrämen genannt. Der Falkner Mandlsperger aus Odelzhausen (Kreis Dachau) ist im ganzen Freistaat unterwegs. Während seine Greifvögel in Oberbayern meist bei Tauben für Unruhe sorgen, haben die Gemeinden in Schwaben ein Problem mit Saatkrähen. Im Gegensatz zu Rabenkrähen sind die Vögel gesetzlich geschützt und dürfen nicht gejagt werden.
Die Anwohner fühlen sich durch Lärm und Kot belästigt
Viele Bürger in Mindelheim, Meitingen und Gersthofen (beide Kreis Augsburg) fühlen sich durch den Lärm und den Kot der Saatkrähen belästigt. Daher wurde Mandlsperger zu Hilfe gerufen.
In der Unterallgäuer Stadt nisten die Saatkrähen traditionell auf den Hängen rund um die Mindelburg. Allerdings breiten sie sich immer weiter aus. Inzwischen suchen sie sogar in den Bäumen beim Friedhof und beim Hallenbad nach neuen Nistplätzen. Die Nester haben Mitarbeiter der Stadt entfernt. Mandlsperger muss nun dafür sorgen, dass die Krähen keine neuen bauen. Dazu fährt er täglich alle drei Punkte ab. Die Hügel vor der Burg liegen noch hinter Häusern versteckt, aber das Krächzen ist bereits zu hören. Sobald die Krähen den silbernen Jeep sehen, machen sie sich noch lauter bemerkbar. „Krähen sind schlau. Die erkennen schon den Wagen.“ Hinten im Auto sitzen auch der Lannerfalke Sizilia und der amerikanische Wüstenbussard Tungdil. Die Falken haben die gleiche Aufgabe: Unruhe und Schrecken zu verbreiten. Mongolia fliegt mitten durch die Krähenkolonie, woraufhin die Vögel ihre Nester aufgeregt verlassen. Nach ein paar Runden ruft Mandlsperger seinen Falken, zieht die tote Rabenkrähe aus seinem Rucksack und wirft den Vogel in die Luft. Im Sturzflug schnappt sich Mongolia ihre Beute und fängt an, das Tier zu zerfetzen. „Auf diese Weise täuschen wir vor, dass Mongolia eine Krähe erlegt hat“, sagt Mandlsperger.
Tungdil hat eine andere Aufgabe. Mit ihm kann der Falkner den Krähen ganz genau signalisieren, auf welchen Bäumen sie sich nicht niederlassen dürfen. Schließlich sollen die Saatkrähen weiterhin rund um die Mindelburg nisten, sich aber nicht weiter ausbreiten. Der Bussard bringt nur halb so viel auf die Waage wie der ein Kilogramm schwere Falke Mongolia. „Er ist aber dafür ein kleiner Draufgänger“, sagt Mandlsperger. Nur knapp segelt er über den Kopf des Falkners hinweg. Bis zu zehn Stunden ist Mandlsperger mit seinen Greifvögeln am Tag unterwegs. „Wenn man das nicht macht, dann hat man verloren.“ Die Krähen merkten schnell, wenn kein Falke mehr vorbeischaut. Ende März ist Schluss mit der Vergrämung. Dann ist Brutzeit.
Dass seine Greifvögel die geschützten Vögel nicht töten, vermeidet der Falkner, indem er ihren Hunger zügelt. Dazu müssen die Falken und Bussarde ein bestimmtes Gewicht halten. Wiegen sie zu wenig, fangen sie an, die Krähen zu jagen. Zwischendrin gibt es für die Greifvögel zur Belohnung einen kleinen Imbiss – meist Rinderherz oder Taubenfleisch.
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