Krankenwagen kommen in Bayern oft zu spät
Eigentlich sollten bayerische Rettungskräfte nach zwölf Minuten beim Patienten sein. Doch immer häufiger dauert das länger. Besonders auf dem Land wird das Problem deutlich.
Im Notfall zählt jede Sekunde. Gefühlt können die zwölf Minuten, die ein Rettungswagen bis zum Einsatzort brauchen sollte, dann zu einer Ewigkeit werden. Wenn diese Zeit aber nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich überschritten wird, steht die Gesundheit der Patienten auf dem Spiel.
Bayerns Rettungskräfte kommen immer später an ihrem Einsatzort an. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Harry Scheuenstuhl hervor. Im Durchschnitt habe etwa jedes zehnte Einsatzfahrzeug von 2013 bis 2015 länger als die angestrebte Hilfsfrist von zwölf Minuten gebraucht. Insgesamt sank die Quote der Rettungskräfte, welche diese Hilfsfrist einhalten konnten, in beinahe allen 26 Bereichen des bayerischen Rettungsdienstes um bis zu 3,5 Prozentpunkte. Besonders in ländlichen Gebieten dauert es häufig zu lange, bis die Sanitäter vor Ort sind.
BRK: Verspätete Krankenwagen seien Ausnahmefälle in Bayern
Thomas Haugg ist Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) Augsburg Land. Größere Baustellen, verdeckte Verkehrsschilder, glatte Straßen – Haugg sieht viele Gründe dafür, dass die angestrebte Frist nicht immer eingehalten werden kann. Dennoch: „Das sind Ausnahmefälle“, betont er. „In der Regel halten wir die Hilfsfrist ein.“ Dass es besonders auf dem Land meist länger dauert, führt Haugg auch auf die längeren Wege zwischen Patient und Krankenhaus zurück. Längerfristig könne man dieses Problem nur mit mehr Rettungsfahrzeugen und mehr Personal lösen. An interessiertem Nachwuchs mangele es zwar grundsätzlich nicht, „der Beruf muss sich aber auch finanziell lohnen“, sagt Haugg.
Im Augsburger Stadtgebiet ist der Rettungswagen meist deutlich schneller zur Stelle als auf dem Land. „In 98 Prozent der Fälle sind wir vor der Frist am Einsatzort“, sagt Kreisgeschäftsführer Michael Gebler. Dennoch denke er auch an seine Kollegen in den ländlichen Gebieten, die oft weite Wege bis ins nächste Krankenhaus zurücklegen müssen. Es sei bekannt, dass die ersten zehn Minuten zwischen Unfall und Eintreffen des Notarztes die entscheidenden sind. „Es muss also immer unser Ziel sein, die Frist auch einzuhalten“, sagt Gebler.
In der Stadt ist der Rettungswagen schneller als auf dem Land
In Bayern ist das Innenministerium für den Rettungsdienst zuständig. Sprecher Oliver Platzer sagt: „Die zwölfminütige Hilfsfrist ist eine reine Planungsgröße.“ Gemessen werden dabei die Minuten zwischen Abfahrt und Ankunft des Rettungsdienstes. Die Zeit zwischen Alarmierung und Abfahrt fließt also nicht in die Statistik. Denn Platzer betont, dass im Durchschnitt lediglich acht Minuten vergehen, bis in Bayern Sanitäter vor Ort sind.
Dass die Zahl der Rettungskräfte, die zu spät am Einsatzort ankommen, steigt, bestreitet aber auch Platzer nicht: „Der Versorgungsgrad im bayerischen Gesamtbereich ist höchst unterschiedlich.“ Auch Platzer sieht das aktuelle Problem vor allem auf dem Land. Eine Ursache dafür, dass es dort länger dauert, seien die weiten Wege. Ein anderer Grund sei die Tatsache, dass die Dichte von Krankenhäusern in Bayern in den vergangenen Jahren ausgedünnt worden sei. Außerdem werde der Notarzt immer häufiger auch gerufen, wenn es eigentlich gar keinen Notfall gebe, sondern lediglich Husten, Schnupfen oder Fieber. „Ich habe das Gefühl, dass die Rettungskräfte oft auch wegen Kleinigkeiten ausrücken müssen“, sagt Platzer. mit dpa
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