Landrat Sailer will Bezirkstagspräsident werden
Statt einer Karriere in München möchte der 47-jährige Landrat das Heimatbewusstsein in Schwaben stärken. Warum er die Nachfolge von Jürgen Reichert anpeilt.
Es gibt ein fast neun Jahre altes Bild: Es zeigt den Augsburger Landrat Martin Sailer, den damaligen Gesundheitsminister Markus Söder und Augsburgs OB Kurt Gribl mit Plänen für die inzwischen längst gebaute Kinderklinik. Titel und Einflussmöglichkeiten der Männer haben sich seitdem erweitert: Söder ist Bayerischer Ministerpräsident, OB Gribl zusätzlich Vorsitzender des Bayerischen Städtetages, Vize von Horst Seehofer in der CSU, beinahe Staatssekretär in Berlin – und Sailer?
Das Amt des Bezirkspräsidenten ist reizvoll für Sailer
Er schickt sich an, Präsident des schwäbischen Bezirkstags zu werden. Gestern bekannte sich der Neusässer gegenüber unserer Zeitung erstmals öffentlich zu seinen Ambitionen: Die Nachfolge für den Bobinger Jürgen Reichert, der schon im vergangenen Jahr seinen Rückzug angekündigt hatte, sei reizvoll: „Wenn ich gebeten werde, das Amt zu übernehmen, werde ich es wahrnehmen.“
„Bitten“ müsste den Politiker die Mehrheit des Bezirkstags, der im Herbst zusammen mit dem Landtag neu gewählt wird. Derzeit ist die CSU in dem 27-köpfigen Gremium mit 13 Sitzen stärkste Kraft und Sailer ist dort seit Mai 2016 Fraktionsvorsitzender. Traditionell wird der Bezirkstagspräsident von der stärksten Fraktion gestellt und an deren Chef dürfte kaum ein Vorbeikommen sein, wenn er Ansprüche stellt. Der in der Öffentlichkeit meist zurückhaltend auftretende Sailer, dessen Gefühl für den richtigen Zeitpunkt auch politische Gegner hervorheben, hat also vorgebaut. Er selbst sagt: „Ich mache nichts unüberlegt.“
Karriere in Augsburg statt München: Die schwäbische Identität stärken
Sailer war in heimischen Politik-Kreisen immer wieder als Kandidat für das Kabinett in München gehandelt worden und rühmt sich einer guten Beziehung zu Ministerpräsident Söder. Letztlich sei es aber bei Überlegungen geblieben, so der Landrat: „Für mich persönlich war das Thema nie so heiß, wie manche gemeint haben.“ Als Bezirkstagspräsident habe er – ähnlich wie als Landrat – große Gestaltungsmöglichkeiten.
Der Bezirk Schwaben hat einen Etat von 800 Millionen Euro und (einschließlich Krankenhäuser) 4800 Beschäftigte. Schwerpunkte der Arbeit sind Gesundheit und Soziales, wofür 96 Prozent der Ausgaben draufgehen, sowie Kultur. In Augsburg sitzt am Hafnerberg die zentrale Verwaltung. Daneben unterhält der Bezirk in seiner Hauptstadt eine von insgesamt acht seiner Kliniken in Schwaben. Auch das Gögginger Kurhaustheater gehört dem Bezirk. Im Landkreis Augsburg dürfte dessen bekannteste Einrichtung das Volkskundemuseum in Oberschönenfeld sein.
Sailer würde, so er denn gewählt wird, im kulturellen Bereich weitere Akzente setzen. In der heutigen Zeit sei es wichtig, das Heimatbewusstsein zu schärfen und die schwäbische Identität zu stärken. Ausgehend von den Museen des Bezirks in ganz Schwaben seien viele Aktivitäten denkbar. Auch der Erhalt denkmalgeschützter Gebäude sei eine Herausforderung. Sailer ist überzeugt: „Heimat ist etwas, das die Menschen sehr stark wahrnehmen.“
Landrat des drittgrößten bayerischen Landkreises will Sailer bleiben. Im Mai vor zehn Jahren trat der damals 38-Jährige nach einem Wahlerfolg seinen Dienst an, zuvor war er Landtagsabgeordneter gewesen. Er könne beide Aufgaben unter einen Hut bringen, versichert der Neusässer, der am Sonntag seinen 48. Geburtstag feiert. „Es wird in meiner Arbeit als Landrat keine Abstriche geben.“
Erinnerungen an den „Schwabenherzog“ werden wach
Der Bezirkstagspräsident ist ein kommunaler Ehrenbeamter. Der jetzige Amtsinhaber Reichert war vor seinem Ruhestand hauptberuflich Geschäftsführer der St.-Gregor-Jugendhilfe, dessen Vorgänger Georg Simnacher wiederum lange Jahre gleichzeitig Bezirkstagspräsident und Landrat von Günzburg. Als „Schwabenherzog“ wurde Simnacher halb spöttisch, halb bewundernd bezeichnet.
Als kleiner König oder Herzog sieht Sailer sich nicht, doch Simnacher habe „Großartiges geleistet“. „Denken Sie nur an die Übernahme von Oberschönenfeld. Das würde ohne den Bezirk wahrscheinlich verfallen.“ Simnachers Nachfolger Reichert wiederum komme das große Verdienst zu, die Finanzen konsolidiert zu haben. Dass Sailer jetzt Teilzeit-Chef am Augsburger Hafnerberg werden will, hängt auch mit der Übernahme des Klinikums durch den Freistaat zusammen. Ab 1. Januar 2019 führt der Freistaat endgültig die Regie in dem Großkrankenhaus und der bisherige Verwaltungsrat ist überflüssig. Als dessen stellvertretender Vorsitzender hat Sailer den hoch komplizierten Übergang an vorderster Stelle verhandelt. Nun fühlt er sich reif für neue Aufgaben."
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