Lara Croft oder Schneewittchen?
Staatskanzleichefin Christine Haderthauer kämpft um ihren Ruf und um ihr Amt. Sie bittet CSU-Abgeordnete um Solidarität. Ob sie den Kampf gewinnt, ist noch unklar.
Zu den knalligen Zitaten, die von Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) überliefert sind, kam erst diesen Montag ein neues dazu. Auf ihrer Facebook-Seite zeigte sich die 51-jährige Ministerin aus Ingolstadt, die im Zusammenhang mit der Modellbau-Affäre ins Visier der Staatsanwaltschaft München II geraten ist, in Kampfeslaune: „Ich fand Lara Croft schon immer cooler als Schneewittchen.“
Die Powerfrau aus dem Computerspiel „Tomb Raider“, zu deren Spezialitäten es gehört, sich ihren Weg mit zwei Neun-Millimeter-Pistolen freizuschießen, entkommt aus eigener Kraft jeder Gefahr. Bei der Rettung des zarten Schneewittchens dagegen mussten bekanntlich ein verliebter Prinz, sieben Zwerge und der Zufall mithelfen.
Betrugsvorwürfe gegen Christine Haderthauer
Mittlerweile freilich steht fest: Auch Haderthauer braucht Hilfe, um in den politischen Wirren um die Modellbau-Affäre den Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. Längst geht es nicht mehr nur um die viele Jahre zurückliegenden Geschäfte mit Modellautos, die von psychisch kranken Straftätern gegen geringen Lohn gefertigt und von einer Firma des Landgerichtsarztes Hubert Haderthauer und seiner Frau angeblich gewinnbringend weiterverkauft wurden.
Es geht darum, ob Frau Haderthauer auch als Landtagsabgeordnete (ab 2003) oder gar als Sozialministerin (2008 bis 2013) in der Firma noch eine Rolle gespielt hat. Es stellt sich die Frage, ob Haderthauer diesbezügliche Fragen des Landtags wahrheitsgemäß beantwortet hat. Und die Staatsanwaltschaft München II will wissen, ob sich die Ministerin bei der Abfindung eines ehemaligen Geschäftspartners im Dezember 2011 möglicherweise sogar des Betrugs schuldig gemacht hat.
Haderthauer beklagt eine "Diffamierungskampagne“
In einem zweiseitigen Brief an die CSU-Landtagsabgeordneten bittet Haderthauer um die Solidarität ihrer Parteifreunde. „Eine solche Situation“, so schreibt sie, „ist in einer öffentlich exponierten Stellung bei der medialen Gemengelage, in der wir uns befinden, auch wenn man eine weiße Weste hat, alleine nicht zu bewältigen. Ich bin daher auch weiter auf eure Solidarität angewiesen.“ Haderthauer weist in dem Brief erneut alle Vorwürfe von sich, beklagt eine „Diffamierungskampagne“ und beteuert: „Ich werde euer Vertrauen rechtfertigen.“
In Regierungskreisen herrscht nach Informationen unserer Zeitung einige Zuversicht, dass Haderthauer zumindest die Staatsanwaltschaft in wenigen Tagen von ihrer Unschuld überzeugen kann. Die strafrechtlichen Anschuldigungen gegen sie seien „eine ganz dünne Suppe“, hieß es gestern. Wenn alles zutreffe, was Haderthauer bei der Krisensitzung am Dienstag in der Staatskanzlei vorgetragen habe, müsste die Sache eigentlich schnell vom Tisch sein. Doch nicht alle in der Regierung teilen diese Auffassung. Ein Kabinettsmitglied sagte: „Es wird sehr schwer werden, sie zu halten.“ Das Verfahren sei kompliziert und könne sich noch lange hinziehen.
Rechtsstreit zwischen Ponton und dem Ehepaar Haderthauer
Darauf deuten auch die anhaltenden Unstimmigkeiten im Rechtsstreit der Haderthauers mit ihrem früheren Geschäftspartner Roger Ponton hin. Der hatte nach dem nun angefochtenen Vergleich aus dem Jahr 2011 20.000 Euro für seinen Anteil an Sapor Modelltechnik erhalten. Nach Medienberichten gehen Ermittler im Moment davon aus, dass der wahre Wert von Pontons Anteil 2008, im Jahr des Verkaufs, bei 53.000 Euro gelegen haben könnte. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass in der Gewinnermittlung für die Jahre 2007 und 2008 rund 140.000 Euro aus dem Verkauf von Oldtimermodellen nicht erfasst worden sein könnten.
Der Nürnberger Anwalt Malte Magold, der Ponton inzwischen vertritt, sagte gestern, er habe nach seinen Recherchen einen Verkaufswert von rund 20.000 Euro pro Modell zugrunde gelegt. Magold sagt: „Das ist konservativ geschätzt.“ Nach seinen Informationen, die sich mit Recherchen unserer Zeitung aus dem vergangenen Jahr decken, geht es bei der Oldtimerproduktion insgesamt um etwa 125 Autos. Hubert Haderthauer hatte gegenüber unserer Zeitung vergangenes Jahr angegeben, mit Sapor Modelltechnik im Schnitt jährlich „nicht mehr als 7000 Euro Gewinn“ gemacht zu haben.
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