Millionenschäden für die Landwirte
Nach Hochwasser und Wolkenbrüchen sind in der Region tausende Hektar Land beschädigt. Nach dem Spargel könnte es auch bei der Erdbeer-Ernte deutliche Einbußen geben.
Erhard Landes hat seine persönliche Schadensbilanz bereits gezogen. Drei Hektar Zuckerrüben: kaputt. Drei Hektar Mais: kaputt. Weitere drei Hektar geschädigt. Und noch einmal so viel Getreide, das unter Wasser steht. „Diese Flächen kann man abschreiben“, sagt der Landwirt aus dem Donauwörther Stadtteil Zirgesheim.
Auf den Äckern verrotten die Pflanzen
So wie Landes geht es vielen Bauern im Freistaat. Hochwasser und Wolkenbrüche haben die Felder überflutet und Teile der Ernte vernichtet. Auf den Äckern verrotten manche Pflanzen, weil ihnen der Sauerstoff fehlt. Vielerorts ist Grünland unbrauchbar geworden. Zu viel Schmutz und Schlamm liegt in den Wiesen, zu schlecht wäre damit die Futterqualität. Wie hoch die Verluste sind, können viele Landwirte noch gar nicht sagen.
Auf 115 Millionen Euro hat das bayerische Landwirtschaftsministerium zuletzt die Schäden für den Agrarsektor im Freistaat geschätzt. 30 000 Hektar Ackerland, 35 000 Hektar Grünland und 2500 Hektar Gartenbaukulturen sind von den Fluten betroffen. Mit Folgen: „Gerade bei den empfindlichen Kulturen wie Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben, bei Erdbeeren, Spargel und Feldgemüse sind erhebliche Verluste zu erwarten“, sagte Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) zuletzt.
Am größten sind die Flutschäden im Raum Deggendorf, wo die Landwirtschaft geschätzte 30 Millionen Euro Verlust erlitten hat. Doch auch für Schwaben geht Brunner von 8,4 Millionen Euro Schaden aus – die starken Regenfälle, die am Wochenanfang neue Fluten ausgelöst haben, noch gar nicht eingerechnet.
2000 Hektar überflutetes Land in der Region
In den Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg spricht man von 2000 Hektar überfluteter Fläche. Nach den jüngsten Starkregen werde eine weitere dreistellige Fläche hinzukommen, sagt Landwirtschaftsamtsleiter Wolfgang Sailer. Geschätzte 3000 Hektar Fläche sind im Kreis Neuburg-Schrobenhausen beschädigt, 80 Prozent davon Ackerland. „Da sind wir schnell bei Millionenbeträgen“, sagt Landwirtschaftsdirektor Josef Konrad.
Im Donaumoos, das als größtes zusammenhängendes Kartoffelanbaugebiet Bayerns gilt, fürchtet man nach dem nasskalten Mai und dem Dauerregen der letzten Wochen um die Ernte. „Die Kartoffeln haben nasse Füße bekommen“, sagt Konrad. Nun drohen die Früchte im Boden zu verfaulen. Hinzu kommt, dass, wo Äcker nicht befahrbar sind, auch kein Pflanzenschutz möglich ist. Auch das schwächt die Ernte. „Auf manchen Flächen werden wir einen Totalausfall haben“, sagt Konrad, der mit einem Minus von 15 Prozent rechnet. Manchen Landwirten rate man bereits, die Felder komplett umzupflügen. Die meisten aber müssten abwarten. „Was soll man auch tun, wenn die Kartoffeln abgesoffen sind?“
Viele Mais-Felder sind regelrecht abgesoffen
Dazu rät man auch beim Kartoffel Centrum Bayern in Rain am Lech. Sechs Prozent der Fläche, die das Unternehmen unter Vertrag hat, ist geschädigt – vor allem in Niederbayern, aber auch im Kreis Dillingen. Meldungen, wonach Kartoffeln und Pommes teurer werden könnten, hält Geschäftsführer Manfred Schott ohnehin für verfrüht. „Da muss man erst die Ernte abwarten.“
Diese Devise gilt auch für viele Mais-Bauern. Normalerweise, sagt Hermann Greif, müsste er jetzt durch 60 Zentimeter hohen Mais marschieren können. Was auf seinen Äckern wächst, ist gerade einmal zehn Zentimeter groß, sagt der Vorsitzende des Pflanzenbau-Ausschusses beim Bayerischen Bauernverband. „Das ist eine Katastrophe.“
Folgt auf die nassen Wochen ein warmer Sommer, könne der Mais die fehlende Entwicklung noch aufholen. „Der Mais braucht extrem viel Sonne und Wärme“, sagt Greif. Wo das Wasser tagelang nicht abfließen konnte, ist das unter Umständen schon zu spät. Gerste, Weizen und Raps haben die Wetterkapriolen dagegen am besten überstanden. „Da werden wir es noch hinkriegen, eine vernünftige Ernte zu produzieren“, sagt Greif. Beim Mais rechnet er mit Ertragseinbußen von bis zu 20 Prozent.
Spargelbauern beklagen Ernteausfall, Erdbeerfelder rechnen mit Einbußen
Auch die Spargelbauern mussten deutliche Abstriche verkraften. Von 30 bis 40 Prozent Ernteausfall spricht Josef Plöckl, Vorsitzender des Spargelerzeugerverbandes Südbayern. Der Bauernverband berichtet von bis zu 70 Prozent Ausfall. Die wochenlange Nässe hat die Spargelbauern empfindlich getroffen. „Der Spargel mag es gerne feucht, aber Staunässe ist gefährlich“, sagt Spargelbauer Plöckl aus Schrobenhausen. Die Saison geht am 24. Juni zu Ende. Viele haben ihre Erntehelfer bereits nach Hause geschickt, weil es nicht genug Spargel gab. Wer arbeiten konnte, kam zuletzt ohne Gummistiefel nicht aus.
Helmut Jäger aus Lindau kann das nachempfinden. In Gummistiefeln und Ölzeug stand seine Familie drei Wochen lang auf den Erdbeerfeldern am Bodensee, um die fauligen Früchte auszusortieren. „Die Nässe ist für die Pflanzen ein Wahnsinnsstress.“ Mittlerweile hat die Saison begonnen – drei Wochen später als sonst. Einbußen werde es wohl geben, sagt der Obstbauer. Auch der Branchenverband geht davon aus, dass in Bayern 40 Prozent weniger Erdbeeren geerntet werden.
Landes, der Bauer aus Donauwörth, hat seine Schäden dokumentiert. Nun will er abwarten. Die Rüben-Ernte hat der Landwirt, der dem Verband bayerischer Zuckerrübenanbauer vorsteht, noch nicht abgeschrieben. „Die Rübe hält mehr aus als der Mais.“ Und jammern dürfe man ohnehin nicht. „Wenn man nach Deggendorf schaut, müssen wir froh sein.“
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