Obst aus dem Garten Eden
Kiwis, Bananen, Feigen – in einem Versuchgarten in Franken wachsen allerlei exotische Früchte. Warum der Freistaat Millionen in das Projekt steckt und wer davon profitiert
Thüngersheim 24 Pappschalen stehen auf dem Tisch im Pausenraum. In jeder liegen mehrere Dutzend kleine, grüne Früchte. Viele sehen aus wie große unreife Eicheln, aber es sind Kiwibeeren. Verena Trost nimmt sich eine Mini-Kiwi aus einer Schale, begutachtet sie und beißt rein. „Sehr lecker. Wie Kiwi, nur im Kleinformat“, sagt die 23-Jährige. Trost ist Versuchsingenieurin und eine von zahlreichen Mitarbeitern der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), die mitbestimmen können, welche Kiwibeeren-Sorte es vielleicht in den bayerischen Obsthandel schaffen wird. 70 verschiedene Sorten werden an der LWG in Thüngersheim (Landkreis Würzburg) angebaut. Damit gilt sie europaweit als die führende Versuchsanstalt in Sachen Kiwi-Anbau.
Doch das ist längst nicht alles. In dem elf Hektar großen Versuchsgarten in Thüngersheim kommen viele weitere Obstsorten sowie Rosen und Baumarten auf den Prüfstand. Äpfel, Birnen, Brombeeren, Kirschen, Zwetschgen, Holunder, Quitten, Himbeeren, Kletterrosen, Clematis – der Versuchsgarten hat einiges zu bieten und steht trotz der Trockenheit fast überall in sattem Grün. „Garten Eden“, nennen manche Mitarbeiter liebevoll das von Weinbergen umrahmte Gelände.
Die zwölf Mitarbeiter um Betriebsleiter Roman Döppler pflanzen, pflegen, vermessen und ernten Neuzüchtungen von Unternehmen und Hobbyzüchtern. Über mehrere Jahre wird alles genau dokumentiert. Wie viel Wasser braucht die Pflanze? Wie kommen die Sträucher über den Winter? Wie schmecken die Früchte? Wie groß werden sie? Wie kommen sie beim Verbraucher an? All diese Fragen gilt es zu beantworten. Zum Teil kommen die Experten zu niederschmetternden Ergebnissen. „Nur drei Prozent der von uns getesteten Neuzüchtungen schaffen es am Ende auch in den Handel“, sagt Döppler dazu.
Manchmal wagen sich die Versuchsingenieure auch an exotischere Früchte. Und so stehen im „Garten Eden“ seit fast zwei Jahren auch kleine Feigenbäume. Die können heuer erstmals geerntet werden. „Die sind überraschend gut im Geschmack. Sogar noch einen Tick besser als die, die ich zuletzt im Urlaub in Montenegro probiert habe“, sagt Gartenbauingenieur Alexander Zimmermann. Ebenfalls süß und saftig sind die knubbeligen Indianer-Bananen, die einige Reihen weiter angepflanzt wurden. Geplant sind zudem Versuche mit Oliven.
Der Versuchsgarten ist kein abgeschlossenes Testgelände. Im Gegenteil. Auch Besucher dürfen sich die neuesten, vielversprechenden Züchtungen anschauen und verkosten, bevor sie im Handel gekauft werden können. „Gerade Kleingärtner nutzen das gern. Die kommen auch busweise hier an“, sagt Zimmermann. Jährlich waren es zuletzt rund 6000 Menschen, die sich durch die Schatzkiste für Obst und Gehölze führen haben lassen. Damit ist aber nun erst mal Schluss. Der Versuchsbetrieb bekommt bis 2020 ein neues Wirtschafts- und Bürogebäude für etwa 5,5 Millionen Euro.
Obstbauer Karl Ludwig Rostock ist froh, dass der Freistaat in den Versuchsgarten der LWG investiert. Der Versuchsgarten sei eine enorm wichtige Vorstufe zum Anbau neuer Züchtungen. Gerade mit Blick auf die neuen klimatischen Herausforderungen, denen die Pflanzen und Bäume heutzutage gewachsen sein müssen. „Um da die passenden Pflanzen zu finden, die das vertragen, müssen wir Versuche machen. Und das kann ein Betrieb nicht leisten“, sagt Rostock. Die Ergebnisse der LWG seien deshalb „sehr wertvoll“.Versuchsingenieurin Trost hat mittlerweile alle 24 Mini-Kiwis verkostet. Nicht alle waren lecker, gibt sie zu. Von den kleinen Kiwis an sich ist die 23-Jährige überzeugt: „Das sind im Grunde Kiwi für die Faulen, die muss man nicht einmal schälen.“ (dpa)
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