"Ölgesellschaften haben Trotz der Fahrer unterschätzt"
E10 bleibt ein Ladenhüter, denn Autofahrer tanken lieber Super und das teuere Super plus. Aber Super wird es nicht mehr lange geben, sagt der Geschäftsführer des Tankstellenverbands Süd-Ost.
E10 bleibt ein Ladenhüter, stattdessen tanken Autofahrer Super oder das teurere Super plus. Doch das hat erste Konsequenzen an den Tankstellen. Das Super und Super plus geht aus, während die Betreiber auf dem Biosprit sitzenbleiben.
Für André Zacharias, Geschäftsführer des Tankstellenverbands Süd-Ost e.V. (TVSO), liegt die Ursache für die Engpässe und Verunsicherung um E10 in dem Informationsdesaster. "Die Verbraucher wurden im Vornherein nicht ausreichend informiert. Sie denken, sie tanken etwas vollkommen Neues und haben Angst um ihre Autos."
Informationsdesaster: Ethanol im Benzin ist nichts Neues
Dabei sei E10 gar keine Neuheit. Das bewährte Super E5 enthielt vor Einführung des Biosprits am Anfang des Jahres bereits fünf Prozent Ethanol. "Bei Super hätte immer schon E5 stehen können." Doch nun sind die Verbraucher verunsichert. "Diese E10-Suppe" wirkt neu und verwirrt die Bürger.
Fakt sei, dass E10 nun weitere fünf Prozent Ethanol beigemischt werden, sagte Zacharias. Weil sieben bis zehn Prozent der Autos in Deutschland diese Erhöhung aber nicht vertragen, müsse E10 entsprechend gekennzeichnet werden. "Das wissen die Autofahrer aber nicht, weil die Mineralölkonzerne es versäumt haben, ausreichend über die Hintergründe der Umstellung zu informieren." Deswegen tanken viele nun weiterhin Super oder gar Super plus.
Problematisch wird dies aber, weil die Produktion von Super in Zukunft auslaufen wird. "Raffinerien werden Super nicht mehr neu produzieren und nur noch einzelne Läger werden Super herstellen", sagte Zacharias. Doch auch das Ausweichen auf Super plus führt zu Engpässen, weil es eher ein Nischenprodukt war, das nicht in so großen Mengen produziert werden kann, wie es die momentane Nachfrage verlangt. "Nur für 18 bis 20 Prozent der Gesamtnachfrage kann Super plus mit technischen Mitteln hergestellt werden. Dadurch kommt es zu einem Nachfrageüberhang", erklärte Zacharias.
Logistische Schwierigkeiten sorgen für Engpässe bei Super plus
Was erschwerend hinzu kommt, ist die Logistik. Weil Super plus für eine Nachfrage von fünf Prozent ausgerichtet ist, wird der Sprit in kleinen Tanks gelagert. "Die Tanks müssten nach dem jetzigen Verbrauch aber ständig nachgefüllt werden", sagte der Geschäftsführer des Tankstellenverbands Süd-Ost. Das ist logistisch schwierig. Deswegen kommt es an den Läger regelmäßig zu Staus, bei denen Tankwagen bis zu vier Stunden stehen müssen. Das kann sich auch auf die Dieselbelieferung auswirken, denn die Wagen werden durch Rückstaus aufgehalten.
Auch Dr. Karin Retzlaff vom Mineralölwirtschaftsverband weist auf mögliche Probleme bei der Tankstellenbelieferung hin. Während Super plus aufgrund der hohen Nachfrage mehrmals täglich nachgefüllt werden muss, könnte es am Wochenende zu Komplikationen kommen. "Am Wochenende dürfen die Tankwagen nicht fahren. Das Super plus könnte dann wieder knapp werden."
Alternativ ist Super plus auf dem Weltmarkt erwerbbar. "Dann gelten aber die Weltmarktpreise, die aufgrund der hohen Nachfrage steigen.", erklärte Dr. Retzlaff.
Nach Benzingipfel: Besser informieren an Tankstellen
Die Leidtragenden nach der Einführung des Biosprits sind nicht nur die Verbraucher. Die Tankstellenbetreiber, meist privat, haben finanzielle Probleme, weil sie auf dem E10 sitzen bleiben und ihnen das Super und Super plus ausgeht. "Hinzu kommt die Konkurrenz unter den Tankstellenbetreibern", weiß Zacharias, Geschäftsführer des TVSO. Entscheidend wird nun, wer noch das alte E5 hat und wer nicht.
Gegen die E10-Verdrossenheit der Verbraucher wollen Mineralölgesellschaften nun intensiv vorgehen. Das wurde auch auf dem Benzingipfel am Dienstag beschlossen. Dabei wird jede Gesellschaft anders handeln. Von "Esso" in Bayern weiß Zacharias, dass jeder Kunde, der Super oder Super plus tankt, aufgefordert wird, sich individuell über die Verträglichkeit seines Autos zu erkundigen. Auch ein Informationsflyer mit Servicenummern soll jedem Kunden in die Hand gegeben werden. "Doch nun sind auch die Kunden gefragt: Wichtig ist, dass sie sich auch beglücken lassen wollen", betonte Zacharias.
Dr. Retzlaff vom Mineralölwirtschaftsverband teilte mit, dass von den 8,5 Millionen Flyern bereits sieben Millionen in Tankstellen ausgelegt worden sind. Außerdem wurden weitere zwei Millionen Flyer nachbestellt. Darauf wird die Hotline der Automobilfunkhersteller angegeben. Auch die Deutsche Automobil Treuhandliste (DAT) mit einer Übersicht "E10-Verträglichkeit von Kraftfahrzeugen" der Fahrzeughersteller und -importeure liegt aus.
Mineralölgesellschaften: überrascht von Trotz der Verbraucher
Entgegen der generellen Preisbedachtheit der deutschen Verbraucher sind die Mineralölgesellschaften überrascht, dass die Kunden eher den teuren Sprit dem billigeren E10 vorziehen. "Diesen Trotz der Fahrer haben die Gesellschaften unterschätzt", sagte der Geschäftsführer des TVSO. "Es ist wichtig, dass die Verbraucher E10 wie E5 als ihren Standardsprit akzeptieren", erklärte Zacharias.
Winterproblem: Raffinerien könnten auf E10 sitzen bleiben
Die Benzin-Branche steht weiter unter Druck, weil die sogenannte E10-Winterware längstens bis Ende April verkauft werden darf. Deshalb könnte die Mineralölwirtschaft auf großen Restbeständen ihres Ladenhüters sitzen bleiben.
Hintergrund ist die DIN-Norm 51626-1, die regelt, dass E10-"Winterware" regulär zwischen dem 16. November und dem 15. März verkauft wird. Darauf folgt eine Übergangsfrist bis zum 30. April. Vom 1. Mai an darf die Branche nur noch die E10-"Sommerware" an den Autofahrer bringen - bis zum Herbst, wenn wieder auf Winterware umgestellt wird.
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